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Internationale Energieagentur warnt vor Ölkrise ab 2015

Die Internationale Energieagentur hat ihren Jahresbericht vorgelegt, der mehr Anstrengungen zum Klimawandel fordert, die PKW-Zahlen bis 2035 auf 1,7 Milliarden wachsen sieht und vor einer Ölkrise ab 2015 warnt:

Diese Krise kann entstehen, wenn nicht genügend Invesitionen im Nahen Osten und Nordafrika getätigt werden. Gemäß der IEA ist der Höhepunkt der Förderung von konventionellem Öl erreicht, seine Förderung soll weiterhin stagnieren und bis 2030 sogar auf 68 mb/d (Millionen Barrel pro Tag) leicht sinken. Um dieses leichte Sinken zu ermöglichen (und um es nicht noch größer werden zu lassen), werden jedoch zusätzliche Förderkapazitäten benötigt: Demnach sind "Brutto-Kapazitätserweiterungen im Umfang von 47 mb/d erforderlich, was dem Doppelten der derzeitigen Förderung aller OPEC‑Länder im Nahen Osten zusammen entspricht." Den Ausgleich des Förderabfalls beim konventionellen Öl sollen insbesondere Erdgaskondensate (Flüssiggas, NGL) und unkonventionelle Öle (Ölschiefer, Ölsande) ausmachen - das eine ist Brennstoff niedriger Energiedichte, das andere braucht zur Förderung selbst hohe Energiemengen. Bis 2035 müssen insgesamt 38 Billionen Dollar in die Energieinfrastrukturen gesteckt werden, davon allein 20 Billionen in den Bereich Öl und Gas. Die Länder, in denen die Ölförderung am stärksten wachsen soll und in die konsequenterweise die meisten Investitionen fließen müssen, sind Irak, gefolgt von Saudi-Arabien, Brasilien, Kanada und Kasachstan.

Werden jedoch beispielsweise ein Drittel weniger als 100 Milliarden jährlich in den Nahen Osten und Nordafrika gesteckt, droht der Ölpreis ab 2015 zumindest kurzfristig (inflationsbereinigt) auf 150 US$ zu springen - sagt die IEA. Risiken, wieso die Investitionen nicht in dieser Größe fließen könnten, sieht die IEA insbesondere hierin:

  • durch höher eingeschätzte Investitionsrisiken
  • gezielte staatliche Maßnahmen zur Begrenzung des Wachstums der Förderkapazitäten
  • unzureichende einheimische Haushaltsmittel infolge einer Verschiebung der Prioritäten zugunsten anderer öffentlicher Ausgabenprogramme.

Da man in Saudi Arabien bereits darüber nachgedacht hat, die Rohstoffe für spätere Generationen im Boden zu lassen, dürfte einige Überzeugungsarbeit nötig sein, dass es dort nicht zu eben diesen "gezielten staatlichen Maßnahmen" kommt. Ähnliches dürfte auf andere Förderländer zutreffen, die die hohe Abhängigkeit der Welt von Ölimporten ausnutzt ("Ressourcennationalismus", "political peaking"). Die zunehmende Abhängigkeit thematisiert der WEO ebenfalls:

Die steigende Abhängigkeit von Ölexporten in anderen Teilen der Welt führt jedoch zu wachsender Besorgnis über Bezugskosten und Versorgungssicherheit. Vier Fünftel des Ölverbrauchs der asiatischen Nicht-OECD-Länder werden 2035 durch Importe gedeckt, gegenüber knapp über der Hälfte im Jahr 2010. Weltweit wächst die Abhängigkeit von einer relativ kleinen Zahl von Produzenten, hauptsächlich aus dem Nahen Osten und Nordafrika, und das Öl von dort muss auf anfälligen Seewegen transportiert werden. Die Zunahme der Produktion in dieser Region entspricht insgesamt über 90% des erforderlichen Wachstums der weltweiten Ölförderung, womit der Anteil der OPEC-Länder an der weltweiten Ölproduktion auf über 50% im Jahr 2035 steigt.

Allgemein ist mit höheren Kosten bei der Förderung zu rechen (Upstream-Kosten), was sich konsequenterweise auch auf die Ölpreise niederschlagen wird. Die IEA progostiziert in ihrem Szenario einen Ölpreis von 210 US$ in 2035, das inflationsbereinigt 120 US$ von heute entspricht - im Grunde prognostiziert die IEA damit nahezu eine Konstanz des Ölpreisniveaus für die nächsten 24 Jahre, geht aber von kurzfristigen Schwankungen aus.

Kernfrage ist, ob die Annahmen des Szenarios der neuen energiepolitischen Rahmenbedingungen passend sind und ob die notwendigen Investitionen rechtzeitig fließen. 100 Milliarden US$ pro Jahr ist nicht wenig, zumal die Stabilität in Nordafrika und dem Nahen Osten derzeit fraglich ist. Die Ölversorgung der Welt hängt also extrem vom arabischen Raum und dessen politischer und wirtschaftlicher Stabilität ab. Wird diese Stabilität erschüttert, erschüttert sie sowohl die Investitionsmöglichkeiten als auch die physische Infrastruktur. Angesichts der politischen Spannungen, die es innerstaatlich (die Revolutionen in Ägypten, Libyen und die Unruhen in Syrien sind Beispiele) als auch zwischenstaatlich gibt (Israel-Palästina, Iran) ist ein ruhiger Ölmarkt eher unwahrscheinlich. Die Warnungen, die mit Peak Oil einhergehen, sind also nicht aus der Welt, vielmehr klärt der WEO den Blick und zeigt zugleich, wie angespannt die Situation ist. Es bleibt, weiterhin auf die Worte des IEA-Chefökonomen Fatih Birol hinzuweisen: "Wir sollten das Öl verlassen, bevor es uns verläßt."

5 Kommentare to “Internationale Energieagentur warnt vor Ölkrise ab 2015”

  1. Hierzi sagt:

    “…im Grunde prognostiziert die IEA damit nahezu eine Konstanz des Ölpreisniveaus für die nächsten 24 Jahre”

    Diese Prognose halte ich für überaus unwahrscheinlich. Wenn sich die IEA schon Gedanken macht, sollten die Alarmglocken anschlagen. Meiner Meinung nach wird es bereits in den nächsten 5 Jahren einen gravierenden Mangel an Erdöl geben, weil die produzierenden Länder immer mehr Öl selbst benötigen, weil es immer mehr Menschen und Autos gibt und weil sich die Produktion eben nicht mehr steigern lässt. Außerdem wird immer mehr Energie benötigt, um das Öl zu fördern. Dies wird preistreibend zu einer starken Verteuerung dieses schwarzen Goldes führen.

  2. Martin sagt:

    Ich frage mich schon lange warum die Erdöl exportierenden Länder ihr Erdöl “JETZT” expoortieren.

    Sie müßten einfach nur ein paar Jahre ihre Ressourcen für sich behalten.
    Mit jedem Jahr wir doch das Erdöl mehr wert!!

    Hat da jemand eine Antwort darauf??

    • mo sagt:

      naja, zumindest für die golfstaaten – und mit abstrichen bspw. auch venezuela – würde ich sagen, dass sie sich mit einem teil der erlöse bis jetzt (!) noch so etwas wie “soziale und innere (pseudo)stabilität” buchstäblich kaufen – saudi-arabien ist dafür nur das prominenteste beispiel.

      dazu kommt noch, dass ihre kunden, allen voran die usa, einem zurückhalten des öls nicht lange passiv zuschauen würden, schon gar nicht in der derzeitigen ökonomischen lage. kurz gesagt: die kriegsgefahr würde sofort steigen.

  3. trockenpflaume sagt:

    Alles halb so schlimm…

Diesen Eintrag kommentieren: Norbert Rost

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