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Debatte: Energieausbeute bei Erneuerbaren

In der deutschsprachigen Internetszenerie läuft derzeit eine Debatte um die Zukunftsfähigkeit der erneuerbaren Energien. Diese Debatte kommt offenbar nicht aus der Lobby der fossilen Energieträgerverwerter, sondern aus der kritischen Avantgarde, die das Thema seit Jahren begleitet. Im Kern steht der "Energy Return on Energy Invested" (EROEI) zur Diskussion: Das Verhältnis zwischen investierter und nutzbarer Energie. Diese Kennzahl wird in der Diskussion um den Peak Oil immer wieder betont, hat es jedoch bislang noch nicht angemessen in die Öffentlichkeit geschafft. Denn es gilt auch bei der Ölförderung: Als man begann, Erdöl zu fördern, waren die Reservoirs noch leicht erreichbar und der Energieaufwand überschaubar, den man investieren mußte. Heute verfügen wir über neue Explorations- und Fördertechniken, aber deren Energieaufwand ist weitaus höher! Das zeigt bereits der Fakt, dass wir heute kilometertief ins Erdinnere müssen, wofür Bohrer und Rohrleitungen geschaffen werden müssen, deren Material gefördert, transportiert, geschmolzen und geformt werden muss. Jede menschengemachte Energie-Erzeugungsanlage benötigt zuerst Energie, um sie zu produzieren, erst dann kann sie Energie abwerfen. Doch während das Verhältnis zum Höhepunkt der Ölförderung durchaus bei 1:100 lag (Energie von 1 Fass Erdöl investieren, um 100 Fass Erdöl zu ernten) sinkt das Verhältnis inzwischen drastisch (1:14 in den USA). Windkraftanlagen und Photovoltaik-Anlagen arbeiten mit einer weitaus weniger energiedichten Quelle: Dem Sonnenlicht und dem Wind. Zwar besitzen wir heute die Technologie, daraus für uns nutzbare Energie zu zapfen, aber es ist fraglich, ob wir mit Erneuerbaren jemals dieselben Energiemengen ernten können, wie sie uns heute durch Öl, Gas und Kohle gebracht werden. Einfach ein paar PV-Anlagen auf die Dächer krachen ist kein Garant für das "über den Berg kommen".

Deshalb dokumentieren wir hier einen Beitrag von Saral Sarkar:

Noch einmal über "grüne Energie"

Ich verfolge die Debatte seit den frühen 1990er Jahren und bin immer noch nicht klüger geworden. In meinem Buch "Die nachhaltige Gesellschaft" (2001) (Kapitel 4) habe ich gezeigt, wie unterschiedlich die Schätzungen der verschiedenen Forscher über die "Energierücklaufzeit" (auch "energetische Amortisationszeit" genannt) der Fotovoltaik-Technologie in den 1990er Jahren gewesen sind. Die Zahlenangaben stiegen stetig: von 1,2 Jahre (1991) bis 10 Jahre (1995), trotz aller technologischen Entwicklungen. Schwer zu erklären. Das heißt, es ist sehr schwierig, diesen Wert zu errechnen.

1996 schätzte der amerikanische Forscher Howard D. Odum (zitiert in Heinberg, 2004), die EROEI (energy return on energy invested, auf Deutsch: Verhältnis von gewonnener zu investierter Energie) von Windkraftanlagen sei 2. Das heißt für eine Einheit investierter Energie erntet man 2 Einheiten Energie. Das heißt, Nettoenergiegewinn in diesem Fall sei 1 Einheit. Jetzt höre ich von Georg Löser (in Greenhouse Infopool): "Die energetischen Amortisationszeiten [von Windkraftanlagen auf Land] liegen zwischen gut drei und sechs Monaten. Es ergeben sich daraus bei einer kalkulatorisch angesetzten Lebensdauer von 20 Jahren Erntefaktoren [EROEI] von etwa 70 für die große Anlage beziehungsweise 40 für die kleine."

Die Diskrepanzen sind so groß, dass man Zweifel haben muss. Offensichtlich gibt es keine Einigung unter Forschern über die Kalkulationsmethoden. Energiekosten (anders als Geldkosten) einer Energietechnologie von der Wiege bis zur Bahre zu errechnen, ist auch sehr schwierig. Die Kalkulation muss auf zu vielen unsicheren Annahmen beruhen. Die Gefahr ist nicht gering, dass der Forscher solche Annahmen macht, die das gewünschte Ergebnis produzieren. Oder er macht schlicht Fehler.

Einem interessierten Laien wie mir bleibt also nichts anderes übrig, als eine andere logische Denke anzuwenden: Wegen immer schwieriger werdender geographischer und geologischer Verhältnisse steigen die energetischen Extraktionskosten der meisten Rohstoffe – von Öl, Kohle, Gas und Uran, über die bekannten Industriemetalle bis zu den seltenen Erden (das ist einer der wichtigsten Gründe dafür, dass ihre Geldpreise sehr stark gestiegen sind und weiter steigen werden.) Mithilfe eben solcher Rohstoffe werden auch Fotovoltaik-Module und Windkraftanlagen gebaut. Das bedeutet, dass der notwendige Energieinput für deren Bau stetig steigt. Der durchschnittliche Energiegehalt von Sonnenschein und Wind bleibt aber unverändert. Unter diesen Bedingungen kann der Nettoenergiegewinn der genannten erneuerbaren Energietechnologien nicht sprunghaft steigen. Wahrscheinlicher ist, dass er eher sinkt. Es sei denn, dass Wunder geschieht, was eigentlich nie geschieht, obwohl kleine Fortschritte nicht auszuschließen sind.

James Lovelock, Vater der Gaia-Theorie, arbeitete an einem Projekt, das auf die Frage antworten wollte, ob es auf dem Mars leben gibt. Er dachte: es ist sehr schwierig, auf dem Mars zu landen und ein paar tausend Bodenproben zu sammeln. So stellte er sich die Frage, wie wäre die Marsatmosphäre, die leichter zu untersuchen ist, chemisch, wenn es da Leben gäbe. In ähnlicher Weise frage ich mich, wie wäre die finanzielle "Atmosphäre" der erneuerbaren Energietechnologien, wenn ihre Erntefaktoren tatsächlich ungefähr 40 bis70 wären. Sie hätten längst alle konventionellen Energietechnologien vom Markt vertrieben. Denn nach Odum/Heinberg beträgt der Erntefaktor vom Öl aus dem Mittleren Osten nur 8,4, der von Kohle aus Wyoming 10,5, und der von terrestrischem Gas 10,3.

Statt den Markt rapide zu erobern, verlangen die erneuerbaren immer noch Subventionen in verschiedenen Formen. Wie soll man das überhaupt verstehen? Und warum gerät die Fotovoltaikindustrie in Panik, wenn die Regierung die Förderung etwas kürzen will? Und warum sind in den letzten Monaten drei große Solarenergiefirmen trotz aller Subventionen pleite gegangen (2 in Deutschland, eine in den USA)? Der Fakt, dass die erneuerbaren Subventionen brauchen, ist ein Indiz dafür, dass sie zwar machbar, aber allein nicht lebensfähig sind – in dem Sinne, dass der Nettoenergiegewinn, wenn es den überhaupt gibt, zu gering ist, um damit die zweite Generation der Solar- und Windkraftwerke zu bauen, nachdem die Lebensdauer der ersten Generation ausgelaufen ist. Dann nutzt es nichts, dass sie beim Betrieb kein CO2 ausstoßen.

Man muss verstehen, woher die Subventionen kommen. Sie kommen vom Gesamtertrag der ganzen Wirtschaft, die bekanntlich größtenteils von den konventionellen Energien, hauptsächlich von fossilen Brennstoffen, getrieben wird. Wie können erneuerbare Energietechnologien die Energietechnologien ersetzen, von denen sie leben? Sie sind Parasiten, die sterben würden, sobald der Wirt stirbt.

Eine andere Frage, die man aufwerfen muss, ist, warum das sonnen- und windreiche Indien, immer noch neue Kohle- und Atomkraftwerke bauen will. Für indische Ingenieure wäre es doch keine schwierige Aufgabe, jedes Jahr ein paar tausend Windkraftanlagen und kleine und große Solarkraftwerke zu bauen. Und warum exportieren die Chinesen lieber ihre Fotovoltaikmodule nach Europa und Amerika, statt mit ihnen ihr CO2-Ausstoß zu reduzieren?

Zugegeben, das sind alle Indizien, indirekte Argumente, keine Beweise. Aber ich muss diese Denkart anwenden, weil die Zahlen der Forscher unzuverlässig sind. Ich denke, der Disput wird in den nächsten zehn Jahren entschieden sein.

Text: Saral Sarkar. Erstmalig erschienen beim Arbeitskreis Ökopolitik

 

(PS: In seinem Beitrag zur ASPO/USA-Konferenz benennt Guy Dauncey mit einem Verweis auf das US-Energieministerium einen EROEI für PV-Anlagen von 8 (multikristallin) bis 10 (Dünnschicht), künftig von 13 bis 27. Welchen Anteil der Wertschöpfungskette berücksichtigen diese Zahlen?)

8 Kommentare to “Debatte: Energieausbeute bei Erneuerbaren”

  1. Tom Schülke sagt:

    Ich halte die Analyse Saral Sarkars für zu kurz gesprungen. Wie würde sich Solar und Windenergie schlagen, wenn die Weltweite Infrastruktur nicht auf Verbrennungsmotoren, sondern verstromtem fossilen Energien beruhen würden ? Dann wären die EE sicher jetzt schon über den Berg. Dieses verhindert sicher nicht die Notwendigkeit eines deutlich positiven EROEI oder Nettoenergiegewinns. Doch liegen die Hürden eher in einer über Jahrzehnte gewachsenen Infrastruktur, deren Umbau mit den EE zusammen gedacht werden muß.

    Zudem reicht auch der EROEI zur Beburteilung einer Energieform nicht alleine aus.

    Ebenfals wichtig sind die verschiedenen Faktoren (Post Carbon Institut Californien-Studie “Searching for a Miracle”), wie
    -stetigkeit der nergiequelle
    -Energiedichte pro volumen
    -qualität der Energieform
    (wo kann man zb. nur strom
    einsetzen)
    -Wie viele Resourcen benötigt der Aufbau der EE
    usw.

    ich meine eine eher statistische Abschätzung der verschiedenen Studien ist hier hilfreich, und da scheint ein EROEI von 1:10 bis 1:20 nicht unwahrscheinlich

  2. Tom Schülke sagt:

    Eine Weitere Hürde die den EE entgegensteht sind natürlich massive Interessen der Energieindustrie, die zum einen einen hohen Gewinn einfahren wenn sich Ihre Anlagen länger am Markt behaupten, und zum zweiten besteht gerade für die Fossilen Energieanbieter die Gefahr, dass die EE durch Dezentralisierung Ihre Vormachtstellung unterlaufen. Auch dieses macht es den EE besonders schwehr den Point Break Even zu durchlaufen.

  3. >Was in den 90er Jahren (,025 MW-Anlagen)für Windkraft galt, ist nicht mit heute vergleichbar (3 bis 6 MW-Anlagen)

    > zu “Einfach ein paar PV-Anlagen auf die Dächer krachen ist kein Garant für das “über den Berg kommen””
    Natütlich nur der Mix aus allen Renewables NACHHALTIG genutzt und gepaart mit Effizienzmaßnahmen ist die Antwort – mittlerweile eine Binsenweisheit in der Branche.

    > “von der Wiege bis zur Bahre”: Welche Bahre möchten wir ökonomisch für Atomstrom ansetzen?

    > weltweit jährliche Subventionen laut OECD: über 400 Mrd. für Fossil (ohne Atom!)
    unter 70 Mrd. für Renewables

    FAZIT:
    Das fossil-atomare System ist mit dem effizient-erneuerbare inkompatibel.
    Ökonomisch folgert daraus, dass e-e eigenständig gerechnet und f-a gegenübersgestellt werden muss. Ja, und dann zeigt sich unschwer, dass e-e ÖKONOMISCH eindeutig das sinnvollere System zur Energieversorgung ist.
    ABER der HAuptgrund, warum wir mit dem Systemwechsel nicht schon viel weiter sind, als wir sein könnten, begründe ich mit den von mir geprägten Wort “Energiemonopolitik”.

    Sonnige Grüße

  4. smiths74 sagt:

    Die EROEI Diskussion geht in weiten Teilen an der an der Peak Oil Problematik vorbei. Denn ohne die Möglichkeit Strom in nennenswertem Umfang zu speichern, wird durch Wind und Sonne so gut wie kein Öl eingespart. Öl ist ein perfekter Energiespeicher, dessen Energie immer dann genutzt werden kann, wenn Sie benötigt wird. Seine flüssige Form macht die Handhabung sehr einfach. Würde es nicht schon existieren, müsste man es erfinden! Insofern sind EROEI Vergleiche zwischen Strom erzeugenden Systemen und Erdöl kaum sinnvoll. Öl ist verantwortlich für 90% der globalen Mobilität und selbst wenn wir bezahlbare Akkus heute hätten, würde es mindestens 20 Jahre dauern, bis man den Anteil von E-Mobilität als signifikant bezeichnen könnte.
    Interessante Untersuchungen bzgl. EROEI, vom Erst-Erforscher Charles S. Hall gibt es hier:
    http://www.mdpi.com/search/?s_journal=sustainability&s_special_issue=1410

    http://web.mac.com/biophysicalecon/iWeb/Site/Downloads.html

    Viele Grüße

    smiths74

    • Tom Schülke sagt:

      Hallo smiths74,

      Natürlich sehe ich auch dass der EROEI nicht alles ist.

      Alle anderen Parameter müssen ebenfals ausreichen. Eine sehr umfangreiche Lister der anderen wichtigen Parameter habe ich in der Studie “Searching for a Miracle” gelesen.

      Hier der Link..

      http://www.postcarbon.org/report/44377-searching-for-a-miracle

      ab seite 15:

      Nine Key Criteria: Comparing Energy Systems, and their Limits 15
      1) Direct Monetary Cost
      2) Dependence on Additional Resources
      3) Environmental Impacts
      4) Renewability
      5) Potential Size or Scale of Contribution
      6) Location of the Resource
      7) Reliability
      8) Energy Density
      a)Weight (or Gravimetric) Density
      b)Volume (or Volumetric) Density
      c) Area Density
      9) Transportability

      Three: The Tenth Criterion:“Net Energy” (EROEI)

      die bisher umfassendste liste aller wichtigen Parameter

  5. Norbert Rost sagt:

    Ich freue mich sehr, dass die Debatte hier fortgeführt wird.

    @smith74: Ich sehe es auch so, dass die Speicherung den aktuellen Flaschenhals darstellt. Aus systemischer Sicht ist es aber dennoch sinnvoll, sich Einzelteile des Systems anzuschauen, um deren Beitrag zum Gesamtsystem zu beleuchten. Speicherung ist eines, Energieernte ein anderes. Deine Aussage sagt ja im Grunde: Steckt den Kopf in den Sand, es ist eh nichts zu machen, da wir Strom nicht in den Tank kriegen. Sie berücksichtigt aber nicht, dass wir zur Stromspeicherung auch Strom benötigen! Und da finde ich es schon sinnvoll, den EROEI der modernen Stromerzeuger zu untersuchen.

    Die Diskussion geht insbesondere auf der Greenhouse Infopool-Mailingliste weiter:
    http://www.jpberlin.de/greenhouse/about.html

  6. Roland Schmidt sagt:

    Die Japaner wären heilfroh, wenn sie viele Wind- und Sonnenkraftwerke hätten- denn dann hätten sie wenigstens ab und zu genug Strom. Von ihren 54 Atomreaktoren sind nicht nur die 6 in Fukushima vom Netz, inzwischen sind auch 45 weitere wegen Sicherheitsbedenken abgeschaltet worden, und nur drei laufen zur Zeit. Der Strommangel hat erhebliche Auswirkungen auf den Alltag der Japaner sowie auf ihre Wirtschaft und Industrie. Atomenergie ist offensichtlich auch aus Sicht der Versorgungssicherheit keine sichere Energiequelle!

  7. Roderik sagt:

    Ich empfinde diesen Text als einseitig und manipulativ.

    So weit mir bekannt, wurde das EROEI-Konzept, das auf physikalischen Einheiten beruht, entwickelt, weil man die ökonomische Gewinnrechnung, die auf monetären Einheiten beruht, für fragwürdig hielt. Systematische Preisverzerrungen durch Subventionen, Dumping, Externen Kosten etc. können falsche Preise erzeugen, die monetäre Gewinne ermöglichen, die mit der Realität nichts zu tun haben.

    Man stellt also der ökonomischen Buchhaltung eine physikalische Buchhaltung an die Seite und sieht, ob unterm Strich wirklich was rauskommt. So konnte anhand einer Überprüfung der Bioenergie gezeigt werden, dass bestimmte Pflanzen unter bestimmten Bedingungen in bestimmten Ländern angebaut keinen wirklichen Energieertrag erbringen. Es funktioniert einfach nicht. Dieses Beispiel wird von Sarkal nicht zitiert. Warum nicht?

    Statt dessen weckt er gezielt Zweifel an der Berechnung für den EROEI oder die energetische Amortisationszeit der Erneuerbaren Energien. Zitat: “Die Zahlenangaben stiegen stetig: von 1,2 Jahre (1991) bis 10 Jahre (1995), trotz aller technologischen Entwicklungen. Schwer zu erklären. Das heißt, es ist sehr schwierig, diesen Wert zu errechnen.” Und: “Die Diskrepanzen sind so groß, dass man Zweifel haben muss. Offensichtlich gibt es keine Einigung unter Forschern über die Kalkulationsmethoden. Energiekosten (anders als Geldkosten) einer Energietechnologie von der Wiege bis zur Bahre zu errechnen, ist auch sehr schwierig. Die Kalkulation muss auf zu vielen unsicheren Annahmen beruhen. Die Gefahr ist nicht gering, dass der Forscher solche Annahmen macht, die das gewünschte Ergebnis produzieren. Oder er macht schlicht Fehler.”

    Dies suggeriert, die physikalische Berechnung bei erneuerbaren Energien funktioniere nicht und erweckt den Verdacht, Erneuerbare Energien seien irgendwie unseriös. Ganz anders bei den konventionellen Energien – die sind berechenbar bis hinters Komma! (“Denn nach Odum/Heinberg beträgt der Erntefaktor vom Öl aus dem Mittleren Osten nur 8,4, der von Kohle aus Wyoming 10,5, und der von terrestrischem Gas 10,3.”)
    Ist das so? Oder sind die Abweichungen das Ergebnis dessen – wie er selbst schreibt – dass “keine Einigung unter Forschern über die Kalkulationsmethoden” bestehen?

    Er schreibt: “Mithilfe eben solcher Rohstoffe werden auch Fotovoltaik-Module und Windkraftanlagen gebaut. Das bedeutet, dass der notwendige Energieinput für deren Bau stetig steigt. Der durchschnittliche Energiegehalt von Sonnenschein und Wind bleibt aber unverändert. Unter diesen Bedingungen kann der Nettoenergiegewinn der genannten erneuerbaren Energietechnologien nicht sprunghaft steigen.”
    Diese Überlegung ist eindeutig falsch, weil sowohl bei der Förderung der Rohstoffe, als auch bei ihrer Verarbeitung als auch bei der Produktion der Endprodukte neue Verfahren angewendet werden können, die den Materialeinsatz erheblich verringern. Dies ist gerade in der Fotovoltaik geschehen und der Grund für die massiven Preissenkungen der jüngsten Vergangenheit. Wenn man aus einem Block Rohsilizium mittels einer neuen Sägetechnologie viel dünnere Scheiben herausholt hat das nicht mit Wundern zu tun.

    Weiter schreibt er: “In ähnlicher Weise frage ich mich, wie wäre die finanzielle “Atmosphäre” der erneuerbaren Energietechnologien, wenn ihre Erntefaktoren tatsächlich ungefähr 40 bis70 wären. Sie hätten längst alle konventionellen Energietechnologien vom Markt vertrieben.”
    Warum jetzt plötzlich dieser Rückgriff auf die ökonomische Methode? Signalisieren etwa die monetären Preise doch die wahren Preise? Spiegeln die monetären Preise den EROEI? Falls ja, würde ich gerne wissen, warum über Jahrzehnte ein Barrel Mineralwasser teurer war als ein Barrel Rohöl? Oder warum in den 1990er Jahren ein Barrel Rohöl 15 Dollar kostete und jetzt 110 Dollar?

    Dann schreibt er: “Statt den Markt rapide zu erobern, verlangen die erneuerbaren immer noch Subventionen in verschiedenen Formen. Wie soll man das überhaupt verstehen? Und warum gerät die Fotovoltaikindustrie in Panik, wenn die Regierung die Förderung etwas kürzen will? Und warum sind in den letzten Monaten drei große Solarenergiefirmen trotz aller Subventionen pleite gegangen (2 in Deutschland, eine in den USA)?”
    Dieser Gedankengang ist für mich völlig unverständlich. Jede Erfindung, jede neue Technologie verlangt nach Investitionen in F+E, Maschinen, Personal, Rohstoffen und verursacht mithin Anlaufkosten. Diese Kosten müssen von irgendwem gezahlt werden. In diesem Fall werden diese Kosten, weil sie von der Politik gewollt sind, über Marktanreizprogramme getragen. Das ist nicht nur bei Erneuerbaren Energien so, das gleiche gilt für Medikamente, IT-Technolgie, Atomenergie etc. Vielleicht sollte mal die Frage gestellt werden, warum Atomtechnologie und Fossile Energie (Kohleförderung!!, Erdöl und Erdgas) immer noch – bis auf den heutigen Tag – staatlich subventioniert werden.
    Die Frage nach den pleite gegangenen deutschen und amerikanischen Solarfirmen verstehe ich rein rhetorisch. Er könnte sie auch gleich beantworten. Weiter unten im Text sagt er es ja. Es sind chinesische Firmen, die in grossem Umfang Fotovoltaik nach Deutschland und in die USA exportieren und so von der Förderung dort profitieren und die einheimischen Firmen dank niedriger Arbeits- und Transportkosten vom Markt konkurrieren.

    Weiter: “Der Fakt, dass die erneuerbaren Subventionen brauchen, ist ein Indiz dafür, dass sie zwar machbar, aber allein nicht lebensfähig sind – in dem Sinne, dass der Nettoenergiegewinn, wenn es den überhaupt gibt, zu gering ist, um damit die zweite Generation der Solar- und Windkraftwerke zu bauen, nachdem die Lebensdauer der ersten Generation ausgelaufen ist. Dann nutzt es nichts, dass sie beim Betrieb kein CO2 ausstoßen.”
    Hier werden lustig ökonomische und physikalische Methoden durcheinander geworfen und anschliessend mit einem Sahnehäubchen Mutmassungen gekrönt. Das Ganze mündet in einer zwar logisch richtigen, aber nicht im Kontext stehenden Schlussfolgerung.

    Und weiter: “Man muss verstehen, woher die Subventionen kommen. Sie kommen vom Gesamtertrag der ganzen Wirtschaft, die bekanntlich größtenteils von den konventionellen Energien, hauptsächlich von fossilen Brennstoffen, getrieben wird. Wie können erneuerbare Energietechnologien die Energietechnologien ersetzen, von denen sie leben? Sie sind Parasiten, die sterben würden, sobald der Wirt stirbt.”
    Das ist nun das Totschlagargument schlechthin. Die Subventionen sind immer monetär. In dem fossilen System stammen sie zwangsläufig immer hauptsächlich von den Fossilen Energien. Das gilt aber nicht nur für die Erneuerbaren Energien, das gilt z.B. auch für unsere industrielle Landwirtschaft, die angeblich so effizient ist, in Wahrheit aber nur mit einem zappendusteren EROEI fossile Energie in Nahrungsenergie umwandelt. Wir leben alle auf grossem Fuss in unseren Häusern – im Winter wie im Sommer – unseren SUVs oder auf unseren Fernreisen dank der fossilen Energien. Wie leben als “Parasiten” von den fossilen Energien. Unsere gesamte moderne Ökonomie beruht doch auf den Transferleistungen, die die 130 Milliarden Energiesklaven, die uns das fossile Energiemanagemnt zur Verfügung stellt, zur Verfügung stellt. Richtig?
    Würden die Erneuerbaren Energien keinen oder nur einen kleinen EROEI haben, könnten sie die fossilen Energien selbstredend nicht ersetzen – dies hat Herr Sarkal aber keineswegs bewiesen, bis zu diesem Satz ist alles Suggestion.

    Zum Schluss: “Eine andere Frage, die man aufwerfen muss, ist, warum das sonnen- und windreiche Indien, immer noch neue Kohle- und Atomkraftwerke bauen will. Für indische Ingenieure wäre es doch keine schwierige Aufgabe, jedes Jahr ein paar tausend Windkraftanlagen und kleine und große Solarkraftwerke zu bauen. Und warum exportieren die Chinesen lieber ihre Fotovoltaikmodule nach Europa und Amerika, statt mit ihnen ihr CO2-Ausstoß zu reduzieren?”

    Gegenfragen:
    – Kann es sein, dass die Chinesen ihre Fotovoltaikmodule aus dem gleichen Grund lieber nach Europa und Amerika exportieren, aus dem amerikanische und europäische Firmen lieber in China als in ihrer Heimat produzieren lassen? Kann es sein das dies mit EROEI nichts aber viel mit den “terms of trade” zu tun hat? (Not long ago, Apple boasted that its products were made in America. Today, few are. Almost all of the 70 million iPhones, 30 million iPads and 59 million other products Apple sold last year were manufactured overseas (http://www.nytimes.com/2012/01/22/business/apple-america-and-a-squeezed-middle-class.html?_r=2)
    Und wenn indische Firmen lieber fossile Grosskraftwerke bauen, hat das möglicherweise etwas mit dem Geschäftsmodel grosser Versorger zu tun, das darin besteht, in grossen Einheiten Zentral Energie zu “erzeugen” und diese dann an die Endverbraucher zu verkaufen?

    – Und warum pickt sich der Autor die Fotovoltaik heraus? Für die Windenergie gilt seine Überlegung wohl nicht wie dieses Zitat beweist: “Genaue Weltmarktzahlen gibt es noch nicht, aber es sieht danach aus, dass weltweit wohl etwas über 40.000 MW hinzugekommen sind, wobei rund die Hälfte auf China entfiel.(http://www.heise.de/tp/blogs/2/151306) Selbiges gilt offenbar auch für die Solarthermie wie dieses Zitat beweist: The vast majority of glazed and unglazed water and air collectors in operation are installed in China (101.5 GWth),
    Europe (32.5 GWth), and the United States and Canada (15.0 GWth), which together account for 86.4% of total in-
    stalled. The remaining installed capacity is shared between Australia and New Zealand (5.2 GWth), Cen-
    tral and South America (4.7 GWth), the Asian countries of India, South Korea, Taiwan and Thailand (4.6 GWth), Japan
    (4.3 GWth), the Middle East represented by Israel and Jordan (3.5 GWth) and some African countries (1.1 GWth),
    namely Namibia, South Africa, Tunisia and Zimbabwe. (http://www.aee-intec.at/0uploads/dateien757.pdf)

    oder dieses:
    “Weltweit entwickeln sich dabei die nationalen Märkte sehr unterschiedlich. In einigen europäischen Ländern wie Deutschland, Italien, Spanien oder Österreich ging in den vergangenen zwei Jahren die Nachfrage zurück. Andererseits boomen viele Schlüsselländer außerhalb Europas wie China, Brasilien und Indien. (http://www.solarwirtschaft.de/presse-mediathek/branchennews/branchenmeldungen-im-detail/?tx_ttnews%5Byear%5D=2011&tx_ttnews%5Bmonth%5D=05&tx_ttnews%5Bday%5D=26&tx_ttnews%5Btt_news%5D=13846&cHash=0bcd0b63a42a787b7f47ea0864fd685a)

    Ich finde den Text wenig überzeugend und halte es lieber mit Aussagen wie diesen:

    “Klar ist lediglich, dass der Nettoenergieertrag des gesellschaftlichen Energiesystems abnehmen und der Kapitalismus an seine Grenzen kommen wird. Soll sein.”

    oder

    “Dabei ist die Annahme unterlegt, dass es bereits die Einschätzung der Ölreserven erlaubt, ein korrektes Bild der Wirklichkeit zu zeichnen. Die technische Problematik von Peak Oil, in im steigenden Energieaufwand liegt, um nach dem Höhepunkt der Förderung dieselbe Energiemenge zu erhalten, wird ausgeblendet”

    oder

    ” Weder die Einsparungen von Energie noch ein alternatives Energieangebot reichen aus, um den Produktionsabfall bei Erdöl zu kompensieren, geschweige denn immer mehr Energie zur Verfügung zu stellen, wo dass die Weltökonomie langsam aber dauerhaft kontrahiert.”

    Alle Zitate aus: Kämpfe um Land: Gutes Leben im post-fossilen Zeitalter. 2011

Diesen Eintrag kommentieren: Tom Schülke

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