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CO2-Konzentration erstmals über 400 ppm

In den vergangenen Tagen wurde das erste Mal in der Menschheitsgeschichte eine Kohlendioxid-Konzentration von 400 ppm gemessen. "ppm" steht für "parts per million", also "Teilchen pro Million". Das bedeutet, dass von 1 Million Luft-Teilchen inzwischen 400 Teilchen Kohlendioxid sind. Dieses entsteht bei der Verbrennung von Kohlenwasserstoffen, wie wir es tagtäglich bei der Fütterung von Kohle- oder Gaskraftwerken oder beim Betrieb von Verbrennungsmotoren tun.

Eine steigende Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre sorgt für eine stärkere Absorption von langwelliger Strahlung. Die eher kurzwellige Einstrahlungsenergie, die die Erde von der Sonne aus erreicht, wird bei der Reflektion auf der Erdoberfläche in langwelligere Strahlung umgewandelt. Steigt die Konzentration von Gasen, die solche Strahlung eher absorbieren als durchlassen, erhöht sich das Energieniveau der Atmosphäre - es wird wärmer. Das erhöhte Energieniveau sucht nach einem Ausgleich und findet ihn voraussichtlich in verstärkten Wetterphänomenen: Stärkere Verdunstung von Wasser und daher stärkere Regenfälle, stärkere Wind-Dynamiken, daher Stürme, stärkere Schmelze von Gletschern, daher veränderte Landschaften und steigender Meeresspiegel und viele weitere Wechselwirkungen.

Manche meinen, eine Konzentration von 400 Teilchen auf 1 Million Teilchen Luft sei zu wenig, um in diesem Sinne überhaupt wirksam zu sein. Auf die CO2-Konzentration brauche man demnach keine Rücksicht zu nehmen. Aus systemischer Sicht ist diese Position fragwürdig, denn komplexe Systeme reagieren immer auf Parameterveränderungen, selbst auf kleinste; die Frage ist: Wie stark?

Dass 400 ppm nicht in jedem Fall "unwirksam" sind, zeigt ein Verweis auf Geruchsschwellen anderer Gase. Ammoniak, der klassische Pisse-Geruch, wird bereits ab einer Konzentration von 0,037 ppm für unsere Nase wahrnehmbar. Man kann also nicht behaupten, dass niedrige ppm-Zahlen in jedem Fall "unwirksam" wären. Höhere Konzentrationen dieser Substanz in der Luft sorgen sehr leicht für starke Veränderungen des "Systems Mensch", bis hin zu Gesichtsverzerrungen oder großen Bögen, die um die Ammoniak-Quelle gemacht wird. Die Geruchsschwelle von Chlor, das jeder aus Schwimmbadbesuchen kennt, liegt bei nur 0,01 ppm. Wasserstoffsulfid ist der Stoff, der nach faulen Eiern riecht. Er ist bereits ab 0,00047 ppm geruchswirksam. Ozon wirkt reizend auf den menschlichen Organismus ab 2 ppm. Eine Gas-Konzentration von 400 ppm grundsätzlich als "unwirksam" anzusehen, kann daher leicht in die Irre führen.

Global gesehen gibt es derzeit nur marginale Tendenzen, die die Kohlendioxid-Konzentration limitieren. Die Freude beispielsweise im Focus, dass die Welt künftig dank Schieferöl und Fracking weiter im Öl schwimmen wird, ist insofern zwiespältig: Zwar verhindert der neuartige Technologieeinsatz einen sofortigen Öl-Entzug unserer Gesellschaft, der angesichts des Überschreitens des konventionellen Öl-Fördermaximums angesagt wäre, er sorgt jedoch dafür, dass weitere Kohlenwasserstoffe verbrannt und die Abfallprodukte in die Atmosphäre entsorgt werden. In Deutschland soll nicht nur nach Gas gefrackt werden, auch neue Braunkohle-Tagebaue sollen eröffnet werden. Dafür streitet insbesondere die Gewerkschaft der Bergleute, in deren Kampagne "Laut für die Lausitz" Kohlendioxid-Konzentrationen natürlich keine Rolle spielt. Eine Begrenzung der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre setzt voraus, dass kohlenstoffhaltige Verbindungen in der Erdkruste verbleiben. Dafür gibt es bislang jedoch keine Anzeichen. Welche Wirkungen und Wechsel-Wirkungen das Gas letztlich zeigt, werden wir erleben.

Linktip: Telepolis: Klimawandel: Überzeuge Wissenschaftler, verunsicherte Öffentlichkeit?

9 Kommentare to “CO2-Konzentration erstmals über 400 ppm”

  1. thomas sagt:

    Ugo Bardi’s neuestes Projekt: der Frosch der aus dem Topf springt:

    [img]http://2.bp.blogspot.com/-fSCfFlHAYnU/UZR84rpwzkI/AAAAAAAAABM/VCJ1VC44OAE/s640/Arctic_400ppm_1.png[/img]

  2. Norbert Rost sagt:

    @thomas: Ich nehme an, du spielst auf sein neues Projekt an:
    http://thefrogthatjumpedout.blogspot.it/

  3. Ert sagt:

    Das scheint die USA wenig zu interessieren… jetzt soll doch das Frckinggas, das demnächst nicht mehr ist ab 2017 exportiert werden – ein erster Hafen/Anlage wird dafür umgerüstet und ist ab 2017 bereit:

    – Gas das unter hohem fossilem Aufwand gefördert wird
    – Gas das dann auf -164 Grad gekühlt wird (Fossil?)
    – Gas das dann mit Öl und Schiff transportiert wird
    – Gas das dann verbrannt wird

    zu exportieren. Ein energetischer Größenwahnsinn.

    Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/export-von-erdgas-obama-genehmigt-zweites-lng-terminal-a-900655.html

  4. Florian Hoppe sagt:

    @Flin: Jo, hab die 5 Punkte gesehen und mußte herzlich lachen.

  5. Florian Hoppe sagt:

    @Flin: Was erwartest du wenn ein bekennender Neoliberaler wie Günther Oettinger Energiekommissar ist?

    http://www.cduwatch.de/2012/oettinger-schmaht-energiewendebefurworter-als-gutmenschen/

Diesen Eintrag kommentieren: Norbert Rost

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