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Brennstoffspiegel versteht Peak Oil nicht

Im Oktober veröffentlichte der selbsternannte Weltenergierat/World Energy Council eine Studie, die zu der Erkenntnis kam, dass noch eine große Menge flüssige Kohlenwasserstoffe - also: Erdöl - in der Erdkruste lagern. Daraus schlußfolgerten sowohl der Bericht wie auch der Chef der Agentur, Christoph Frei, dass "Peak Oil in eine ferne Zukunft verlegt sei".

Diesen Bericht hat 3 Monate später das Branchenmagazin Brennstoffspiegel wieder ausgegraben, und titelt: "Aktuelle Studien verstärken Zweifel an "Peak Oil"-Theorie". Die Autoren stellen die Frage, "wie lange die Ölreserven noch reichen" und beantworten sie mit einem Verweis auf die oben genannte Studie und auf die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Sie stellen fest, dass der Anstieg der weltweiten Ölreserven auf 216 Milliarden der Peak-Oil-Theorie widersprechen würde.

Dabei gilt: Die Peak-Oil-Theorie macht gar keine Aussagen über die Menge an Ölreserven, sondern befasst sich mit der Fördergeschwindigkeit von Öl. Die Mengen im Boden lagernder Ölreserven sagen nichts darüber, wie schnell das Öl gefördert und damit genutzt werden kann. Doch ist genau dies der kritische Punkt: Nicht die Menge des Öls im Boden sondern die Geschwindigkeit mit das Öl zur Nutzung und Verarbeitung bereitgestellt wird, ist für Wirtschaft und Gesellschaft überhaupt relevant. Damit ergeht an die Kollegen vom Brennstoffspiegel dieselbe Erinnerung wie an den Kollegen vom World Energy Council:

"Eine unkritische bzw. undifferenzierte Darstellung und Nutzung der Statischen Reichweite führt zwangsläufig zu Missverständnissen. Die Statische Reichweite ist nur bedingt dazu geeignet, belastbare Aussagen über die künftige weltweite Versorgung mit Energierohstoffen zu treffen."

Dies sagt die von den Autoren ebenfalls benannte Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und warnt damit all jene, die einfach so die Ölreserven durch die heutige Ölförderung dividieren und mit der entstehenden Jahreszahl zeigen wollen, "wie lange das Öl noch reicht". Ölförderung ist nicht linear. Die BGR warnt zudem:

"Ein globales Maximum der Erdölproduktion, auch bekannt als „Peak Oil“, rückt näher. Nicht schon morgen, doch in einem auch für die heutigen Gesellschaften relevanten Zeitraum. Entweder weil die physische Erschöpfung der natürlichen Vorkommen keine wirtschaftliche Steigerung der Förderung zulässt oder weil der Bedarf dank alternativer Energiebereitstellung auf andere Weise gedeckt werden kann. Je nachdem zu welchem Szenario man tendiert und wie nahe der Zeitpunkt des Erreichens vermutet wird, kann man sich dem Lager der Pessimisten oder Optimisten zurechnen. In jedem Fall sind gravierende Änderungen in den Energiesystemen mit der Abkehr vom Erdöl verbunden."

Eine Steigerung der Ölförderung ist aus geologisch-technischen Blickwinkel laut BGR nur bis maximal 2036 möglich.

Fazit: Einseitig undifferenzierte Berichterstattung, die Äpfel mit Birnen vergleicht und damit schamlos Werbung für Ölheizungshersteller macht.

Weiteres:

22 Kommentare to “Brennstoffspiegel versteht Peak Oil nicht”

  1. Florian Hoppe sagt:

    @Autoartikel: Mal sehen ob Lars Thompson recht behalten wird. *Zwinker*

    @Transition: Der Futur Zwei Almanach von Welzer war imo. sehr interessant, kan ihn jedem nur weiterempfehlen.

  2. Ert sagt:

    Danke Norbert,

    auf diesen Zusammenhang kann man nicht genug hinweisen. Die ganze PO Szene hat dieses nicht als zentrale Aussage positioniert und bei jeder Gelegenheit wiederholt! Auch ich habe erst hier diesen Zusammenhang wirklich kapiert – weil Du ihn kontinuierlich und zu recht “einmassierst”! :-)

    Gail Tverberg ergänzt im Telefoninterview bei Martenson (Podcast): http://www.peakprosperity.com/podcast/83994/gail-tverberg-shale-oil-boom-more-mirage-miracle nicht, das es nicht nur bloß um Energie sondern um:

    “The right kind of energy” geht!

    Öl kann eben nicht so einfach ersetzt werden. Viele Raffinerien sind auf bestimmte Ölsorten ausgelegt. Steinkohle Kraftwerke mögen keine Braunkohle. Erdgas muss bestimmter Qualität sein – genau wie Benzin und Diesel. Etc. pp! Auch diese Versorungsdynamik muss beachtet werden.

  3. Ert sagt:

    Noch ein interessanter Artikel, der die aktuelle Methanfreisetung (und Ihr Verhältnis zur Vergangenheit) in der Arktis mit Grafiken sehr gut ‘rüber bringt’: http://arctic-news.blogspot.de/2014/01/high-methane-levels-over-arctic-ocean-continue-in-2014.html

  4. Marcus Kracht sagt:

    Norbert,

    vielen Dank für das Link zu der Energiestudie. Ich hatte das Glück, dass Steffen Bukold beim Postfossil-Institut den WEO 2013 zusammengefasst hat. Bei der Gelegenheit hatte er auch davon erzählt, dass sich die Peak Oil Gemeinde leider einen sehr unproduktiven Disput geleistet hat. Campbell und Laherrere hatten ja einen recht früher Termin vorhergesagt, sind aber nicht bereit, angesichts der aktuellen Zahlen ihre Position zu revidieren sondern sagen dann zB, dass es ja um Rohöl ging und nicht um Flüssigtreibstoff (“All liquids”). Als ob das irgendwen interessieren würde.

    Ich denke, ähnliches gilt für die Förderraten. Mir leuchtet nicht ein, dass man die Förderraten nicht in die Höhe treiben kann. Man pumpt einfach, was das Zeug hält.

    MaW, das Problem besteht darin, dass keine Aussage unangreifbar ist. Das funktioniert eben nur, wenn man das Gesamtbild anschaut, worauf sich aber viele nicht einlassen. Wer mehr pumpen will, muss mehr investieren. Und wer an ein Wachstum der Förderraten setzt, muss immer größere Risiken in Kauf nehmen. Aber derart kompliziert mag eigentlich niemand zu denken, das scheitert einfach an der mangelnden Bereitschaft, sich mit den Argumenten auseinaderzusetzen. Man kann einfach nur ständig die Botschaft ausstreuen, bis sie sich verfängt.

    Ich habe mal spaßeshalber eine kleine Einführung in “Wunschlogik” (wie ich das nennen) geschrieben:

    http://www.domokos-kracht.eu/marcus/wunschlogik.html

    Viel Spaß,

    Marcus

    • Norbert Rost sagt:

      @Marcus: “Man pumpt was das Zeug hält” läßt zwei Dinge außer acht. Die Geologie definiert einerseits Limits, mit denen die Erdkruste das Zeug hergeben kann. (Da können die Geologen unter uns vielleicht noch was sagen?) Das andere ist der Faktor Zeit. Du kannst ja beschließen, zu Pumpen was das Zeug hält. Aber dann musst du erstmal die Infrastruktur auf-/ausbauen, die dich pumpen läßt.

      Beides kauft Geld nicht vollständig weg.

      Aber das mag zum Schluss nur eine Detaildiskussion sein. Das Problem wird in jedem Fall dadurch verstärkt, dass zu wenige versuchen, sich ein Gesamtbild zu machen oder ihre Schlüsse unverhandelbar sind.

      • Marcus Kracht sagt:

        @Norbert

        Gewiss, aus einer einzigen Quelle mag man nicht sofort alles herausholen können. Aber stell Dir vor, alle die neuen Frack-Bohrungen würden zugleich niedergebracht, alle bekannten Quellen sofort angezapft etc. Das geht nicht deswegen nicht, weil die Geologie nicht will, sondern weil die Unternehmen nicht so viel Apparatur haben und nicht so viel Personal. Die technische Infrastruktur muss halt mitwachsen. Das ist meines Verständnisses nach ein Aspekt der Hubbert-Kurve. Am Anfang wird exploriert und gleichzeitig auch die Technik entwickelt, mit der man ausbeuten kann. Die steht nicht sofort bereit und wird auch nie so weit ausgereizt, dass man sofort alles auf den Markt werfen kann. Und deswegen ist am anderen Ende auch sehr viel mehr drin als ein symmetrischer Verlauf, wie Ugo Bardi betont (“Seneca-Effekt”). Weil die Schrumpfung der Ausbeutung auf diverse Weise verzögert werden kann. Dann sieht alles zwar gut aus, aber der Preis steigt, den man später zahlt. Diese Situation haben wir momentan. Die Hubbert-Kurve ist nicht einfach nur Geologie, und deswegen ist ihr Verlauf nicht so einfach vorherzusagen.

  5. Roderik sagt:

    Ich habe die statische Reichweite immer als eine statistischen Beruhigungspille empfunden, bei der Fördermengen, die weit jenseits der Reichweite liegen, virtuell in Richtung Gegenwart verschoben werden.

    Wie man hier sehen kann: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/fehlkalkulation-der-energieunternehmen-fracking-lohnt-sich-nicht-1.1859579

    gilt diese Diskussion auch für das Fracking. Hier glaubt der Herr Professor, dass es nicht zu einem zeitnahen Preissprung kommen könne, denn “zwar sei die Produktion 2013 nicht mehr so stark gestiegen wie im Vorjahr, insgesamt verfügten die USA jedoch über beachtliche Ressourcen für beide Energieträger, Gas und Öl.” Als sei für die Preisbildung heute die Förderung in 100 Jahren relevant.

    Überdies verkennt er, dass der Fracking-Boom sehr stark von der Investitionstätigkeit abhängt, anders als die konventionelle Erdölindustrie.

    • Florian Hoppe sagt:

      Also der Artikel ist imo. wirklich gut, endlich mal eine kritischere Berichterstattung.

      Was die EIA betrifft haben Ron Patterson und Co. ja in jüngster Zeit die verstärkten Budgetkürzungen bei der Behörde bemängelt, welcher in einer zu merkbaren Verschlechterung der Berichte resultierte. (bzw. daß die Berichte über ein halbes Jahr hinterherhinken…)

      Die Investionstätigkeiten der Unternehmen deckt sich auch mit aktuellen Berichten von Gail Tverberg und Co., welche wir erst jüngst diskutiert haben…

    • Stephan sagt:

      Aus einem von dort verlinkten Artikel über Fracking-Vorhaben in Polen (in einem Kommentar):
      “Die Polen müssen froh seien, dass der Freihandel Vertrag mit den USA noch nicht gilt. Wie gemunkelt wird ( die EU hält Fakten geheim) können bei einer solchen Behinderung von US Konzernen Milliarden Forderungen gegen das entsprechende Land durchgesetzt werden.”
      http://www.sueddeutsche.de/politik/fracking-in-polen-kleines-dorf-gegen-grosse-firma-1.1854350

      • Ert sagt:

        Der Kapitalismus bzw. das “Wirtschaftssystem, in dem verschuldete Privateigentümer versuchen, dem permanent auf ihnen liegenden Liquiditätsdruck zu entkommen” will weiter wachsen und manipuliert sich die Welt zurecht.

        Einsicht Fehlanzeige und mit voller Pulle gegen die Wand.

        • Florian Hoppe sagt:

          Ihr redet gerade von TAFTA, wie ich sehe.

          http://www.monde-diplomatique.de/pm/2013/11/08/a0003.text

          @Polen: Chevron ist glaub ich noch der einzige Konzern, der dort noch bohrt. Die anderen sind, nachdem sich herausstellte, daß die angeblichen Gasreserven total überzogen waren, wieder abgehauen…

        • Frank Bell sagt:

          @ Ert

          Ja, nur weiss niemand, wann wir mit voller Pulle an der Wand ankommen.

          Zur Zeit sieht es ja wieder besser aus, und die Wand begegnet uns erst in 50 oder 100 Jahren.

          Prognosen in die Zukunft sind fast unmöglich – und jedesmal hat die Menschheit eine neue Möglichkeit gefunden, die man nicht erwartete.

      • Stephan sagt:

        Das mit diesem TAFTA bzw. TTIP ist sogar noch viel schlimmer als ich dachte:
        Es wird dann nicht nur Fracking, d.h. die Grundwasserverseuchung, oder der Verkauf von Genprodukten gegen jeden Widerstand der Menschen in Europa durchgedrückt werden können, es wird sogar JEGLICHE(!) Aktivität, die die Investition einer Firma oder besser eines Konzerns in Europa beeinträchtigen könnte VERBOTEN (wg. der Investoren-Schutzklausel)! D.h. an Demos teilnehmen, zu Demos aufrufen, Informationen gegen eine Firma verbreiten, Arbeiter eines Konzerns durch Streicks oder Blockaden behindern etc., das alles wird verboten werden. Wir, die Bürger Europas(!), werden VÖLLIG RECHTLOS dastehen!

        Dazu zwei Artikel bei den Netzfrauen und ein Artikel aus den USA über hunderte von Beschwerden wegen Wasserverschmutzung durch Fracking-Bohrungen (damit die Artikel gleich zu sehen sind, habe ich zwei unverlinkbar eingestellt):

        20. September 2013
        Die Schattenseite des Freihandelsabkommens – Monsanto, Fracking „Investoren-Schutzklausel“…
        http://netzfrauen.org/2013/09/20/die-schattenseite-des-freihandelsabkommens/

        7. Januar 2014
        Wasserverschmutzung durch Fracking
        netzfrauen.org/2014/01/07/wasserverschmutzung-durch-fracking/

        Some states confirm water pollution from drilling By KEVIN BEGOS
        Jn. 5, 2014
        bigstory.ap.org/article/some-states-confirm-water-pollution-drilling

        Diese Infos sollte man so weit und so schnell wie möglich im Internet verbreiten, aber auch bei seinen Nachbarn, Freunden und Bekannten, d.h. die drei Artikel ausdrucken (den letzten am Besten übersetzen, das mache ich gleich) und in die Briefkästen schmeissen.

        • Stephan sagt:

          In einem Artikel von Alexandra Bader (Ceiberweiber) ist mir klar geworden, dass “wir” in Deutschland und in Europa nicht nur Opfer solcher Praktiken sind, sondern wir sind gegenüber anderen, schwächeren Staaten auch Täter:

          EU, USA, Wirtschaft und Spionage
          (14.11.2013)

          Unternehmen der USA und der EU bekämpfen derzeit die Anhebung ägyptischer Mindestlöhne und ein Gesetz zur Kontrolle toxischer Emissionen in Peru. In Gefahr sind Lebensmittelkennzeichnung, ökologische Landwirtschaft, medizinische Standards, Arzneimittelpreise und das Recht auf Privatsphäre im Internet, sagt Attac und empfiehlt den Bericht A Brave New Transatlantic Partnership, den das internationale Netzwerk “Seattle to Brussels” erstellt hat.
          http://ceiberweiber.at/index.php?type=review&area=1&p=articles&id=2835&koobi=907db127c23e29bd85f1b4f99dc6211a

          Es gibt ja auch z.B. die Praktiken des Exports von subventionierten europäischen Agrarprodukten nach Afrika oder die strikte Reglementierung von Importen aus anderen Ländern nach Europa. Dabei wird dies aber anscheinend jeweils zu Gunsten von Konzernen ausgelegt wie man am Beispiel der enormen Anhebung des Glyphosat-Grenzwertes (Bestandteil des Total-Herbizids “Roundup-Ready”) z.B. bei importieren Soja (hauptsächlich Futtermittel für die Massentierhaltung) feststellen kann. Der Grenzwert wurde in den letzten ca. 15 Jahren um etwa das 200fache angehoben.

          In diesem Sinne ist eine Bewegung weg von den Konzeren (am Besten auch weg vom Auto ;-) ), z.B. durch bewusstes Einkaufen, wirklich das Beste, um wieder für mehr Gerechtigkeit und Frieden auf dieser Welt zu sorgen.

        • Stephan sagt:

          Die Übersetzung des Artikels “Some states confirm water pollution from drilling” von bigstory.ap.org erstellt nach bestem Wissen und Gewissen und so gut und so schnell wie möglich. Es werden natürlich trotzdem einige Fehler drin sein, weil ich keine Übung habe und kein Fachübersetzer bin. ;-)

          Einige Bundesstaaten bestätigen die Wasserverunreinigung durch das Bohren
          von Kevin BEGOS
          5. Januar 2014

          Pittsburgh (AP) In mindestens vier Bundesstaaten, die den nationalen Energieboom gefördert haben, wurden wegen der Verunreinigung von Brunnenwasser durch die Öl- und Gasbohrindustrie, hunderte Anklagen erhoben und eine Verschmutzung wurde, laut einem Bericht, der Zweifel an Behauptungen der Industrie aufkommen ließ, dass solche Probleme nur selten auftreten würden, bei einer ganzen Anzahl von von ihnen offiziell festgestellt.

          Die Associated Press beantragte in Pennsylvania, Ohio, West Virginia und Texas Daten zu Anklagen in Zusammenhang mit Fracking-Bohrungen und fand heraus, dass größere Differenzen in der Art und Weise bestanden, in der Bundesstaaten solche Probleme öffentlich machen. Texas veröffentlichte die meisten Angaben, während die anderen Staaten dies nur in groben Umrissen taten. Und während die offiziell festgestellten Probleme nur einen Bruchteil der tausenden von Öl- und Gasbohrungen darstellten, die pro Jahr in den USA durchgeführt werden, können die unzureichend gemachten Angaben in einigen Berichten der Bundesstaaten dazu führen, dass die Verwirrung und das Misstrauen der Bevölkerung verstärkt werden.

          Die AP fand heraus, dass in Pennsylvania 398 Klagen im Jahr 2013 eingingen, die die Schuld bei den Öl- und Gasbohrungen sahen, die die privaten Brunnen verunreinigten oder sonstwie beeinträchtigten, verglichen mit 499 Klagen im Jahr 2012. Die Klagen in Pennsylvania können Klagen wegen der kurzfristigen Unterbrechung des Wasserstroms beinhalten, aber auch welche wegen der Verunreinigung durch umherfliessende Gase oder anderer Substanzen. Mehr als 100 Fälle von Verschmutzung wurden während der letzten fünf Jahre bestätigt.

          Allein die Gesamtzahl an Klagen schockierte Heather McMicken, eine Hausbesitzerin aus dem östlichen Pennsylvania, die wegen ihrer Brunnenverunreinigung, die vom Bundesstaat endlich bestätigt wurde, klagte.

          “Wau, ich bin sehr überrascht,” sagte McMicken, während sie daran dachte, dass sie und ihr Mann bisher nicht wussten wieviel andere Leute ähnliche Klagen einreichten, weil die einzige Hauptquelle für Informationen bisher nur Gerüchte waren.

          Die MckMickens sind eine von drei Familien, die endlich eine 1,6 Millionen Dollar Vereinbarung mit einer Bohrgesellschaft abschlossen. Heather McMicken sagte, dass ihr Staat mehr Informationen herausrücken sollte.

          Während der letzten 10 Jahre hat das hydraulische Brechen oder Fracking im ganzen Land zu einem Boom in der Öl- und Gasförderung geführt. Er hat die Importe reduziert und zu hunderten Milliarden Dollar an Einnamen für die Unternehmen und Landbesitzer geführt, aber auch genauso die Angst vor Verschmutzungen erzeugt.

          Das Herausholen von Energierohstoffen aus Schiefergesteinen macht es erforderlich eine bzw. mehr als eine Million Liter an Wasser, Sand und Chemikalien in die Erde zu pumpen, um das Gestein auszeinanderzubrechen und das Gas freizusetzen. Einiges von dem Wasser, zusammen mit großen Mengen an vorhandenem Grundwasser, kommt zurück an die Oberfläche und dieses kann jede Menge an Salz, Bohrchemikalien, Schwermetallen und Materialien mit natürlich vorkommender schwacher Strahlung enthalten.

          Aber es werden auch weiterhin einige normale Öl- und Gasbohrungen durchgeführt, so dass die Klagen wegen Wasserverunreinigungen auch von diesen stammen können. Fachleute sagen, dass die häufigste Art von Verschmutzung mit Methan (Anm.: der wichtigste Erdgasbestandteil) zusammenhängt, nicht mit den Chemikalien, die vom Bohrprozess stammen.

          Einige Leute, die vom Brunnenwasser in der Nähe von Bohrstellen abhängen, haben wegen Verschmutzung geklagt, aber es gibt erhebliche Verwirrung darüber wie weit verteilt diese Probleme sind. Zum Beispiel ging die Behörde für Umweltschutz in Pennsylvannia aggresiv gegen AP und andere Nachrichtenunternehmen vor, die versuchten Informationen zu Klagen zu bekommen, die mit dem Bohren zusammenhingen. Die Behörde gab vor Gericht an, dass sie nicht gezählt hätte wieviel Briefe mit offizieller “Verunreinigungs Feststellung” sie verschickt hätte oder ob diese in ihren Akten aufbewahrt würden.

          Steve Forde, ein Sprecher der Marcellus Schiefer Vereinigung, der führende Industrieverband in Pennsylvania, sagte, dass “Transparenz und die Zurverfügungstellung von Daten an die Bevölkerung das Entscheidende sei, um diese einmalige Chance entsprechend zu nutzen und das Vertrauen der Bevölkerung zu erhalten”.

          Wenn die staatliche Umweltbehörde herausfindet, dass die Freisetzung von Erdgas Probleme verursacht, sagte Forde, “dann arbeiten unsere Mitgliedsfirmen gemeinsam mit dem Hausbesitzer und dem Behördenmitarbeiter zusammen, um eine schnelle Lösung zu finden.”

          Was AP alles herausgefunden hat:

          – Pennsylvania hat mindestens 106 Fälle von Brunnenverunreinigungen seit 2005 festgestellt, bei 5.000 neuen Bohrungen. Es gab fünf bestätigte Fälle von Brunnenverunreinigungen in den ersten neun Monaten im Jahr 2012, 18 im gesamten Jahr 2018 und 29 im Jahr 2010. Die Umweltbehörde sagt, dass es in einigen Monaten ausführlichere Daten geben kann.

          – Ohio hatte 37 Klagen im Jahr 2010 und keine bestätigte Verunreinigung von Wasserversorgungen; 54 Klagen in 2011 und zwei bestätigte Fälle von Verunreinigung; 59 Klagen in 2012 und zwei bestätigte Verunreinigungen; und 40 Klagen in den ersten elf Monaten in 2013, mit zwei bestätigten Verunreinigungen und 14, die noch immer untersucht werden, gab der Sprecher der Behörde für natürliche Ressourcen Mark Bruce in einer E-Mail bekannt. Keine der sechs bestätigten Verunreinigungen hatten mit Fracking zu tun, sagte Bruce.

          – West Virginia hatte in den letzten vier Jahren etwa 122 Klagen, dass das Bohren Brunnen verunreinigte hätte, und in vier Fällen waren laut offiziellen Aussagen die Anzeichen deutlich genug, dass die Bohrfirma zusagte eine Beseitigung der Schäden durchzuführen.

          – Eine tabellarische Übersicht aus Texas enthält mehr als 2.000 Klagen und 62 davon geben an, dass möglicherweise Öl- und Gasbohraktivitäten die Brunnen verunreinigt hätten, sagt Ramony Nye, eine Sprecherin der Eisenbahnkommission in Texas, die für das Bohren zuständig ist. Behördenmitarbeiter haben in den letzten zehn Jahren nicht einen einzigen Fall von Brunnenverunreinigung durch Bohraktivitäten festgestellt, sagte sie.

          In Pennsylvania sank die Zahl der bestätigten Fälle von Wasserverschmutzung im östlichen Teil des Bundesstaates “sehr stark” verglichen mit vorherigen Jahren, gab die Sprecherin der Umweltschutzbehörde Lisa Kasianowitz in einer Email bekannt. Zwei Fälle von Beinträchtigungen von Brunnen durch Bohrungen wurden letztes Jahr bestätigt, sagte sie und eine endgültige Entscheidung in drei anderen Fällen steht noch aus. Aber sie konnte nicht sagen wieviele der anderen Klagen im gesamten Bundesstaat erledigt wurden oder durch andere Gründe verursacht wurden.

          Die Herausgabe von umfassenden Informationen zu Problemen bei Gasbohrungen ist wichtig weil sich die Diskussion nicht mehr länger um Wissenschaft, sondern um Vertrauen dreht, sagt Irina Feygina, eine Sozial-Psychologin, die Umweltpolitik-Themen untersucht. Das Verlieren des Vertrauens der Bevölkerung ist “eine todsichere Sache” um das Ansehen jedes Unternehmens zu beschädigen, sagt Feygina.

          Fachleute und Behördenmitarbeiter stimmen darin überein, dass die Untersuchung von Klagen bei Brunnenverunreinigungen besonders schwierig ist, teilweise weil in einigen Gebieten auch eine natürliche Verunreinigung mit Methangas vorkommt oder es sonstige Probleme gib, die nichts mit dem Bohren zu tun haben. Eine Studie des Staates Pennsylvania in Jahr 2011 fand heraus, dass 40 Prozent der Brunnen, die vor den Bohraktivitäten getestet wurden in mindestens einem Punkt nicht der nationalen Norm für Trinkwasser entsprachen.

          Andere Fachleute aber sagen, dass Leute, die die Vorzüge und Nachteile des Bohrbooms verstehen wollen, umfassende Informationen über die Klagen benötigen, selbst wenn diese auf natürliche Ursachen zurückgehen.

          In Pennsylvania sagt einem die reine Anzahl an Klagen “überhaupt nichts”, sagt Rob Jackson, ein Wissenschaftler der Duke Universität, der sich mit den Problemen von Gasbohrungen und Wasserverunreinigungen beschäftigt hat. Jackson sagt er denke nicht, dass die Bereitstellung von mehr Informationen zu viel verlangt ist.

          “Egal ob richtig oder falsch, viele Leute haben das Gefühl dass die DEP (Umweltschutzbehörde) diese Untersuchungen abschottet”, sagte Jackson zu der Situation in Pennsylvania.

          Im Gegensatz zu den spärlichen Informationen, die von Pennsylvania zur Verfügung gestellt werden, haben die Behörden in Texas praktisch sofort eine detaillierte 94seitige tabellarische Übersicht bereitgestellt, die alle Arten von Klagen auflistet, die mit Öl und Gas in den letzten zwei Jahren zu tun hatten. Die Daten aus Texas enthalten das Datum der Klage, den Besitzer des Landes, das Bohrunternehmen und eine kurze Zusammenfassung des Problems. Viele Klagen drehen sich um andere Dinge wie Gerüche oder zurückgelassenes Material.

          Scott Anderson, ein Fachmann des Umweltverteidigungs-Fonds, eine nationale gemeinnützige Organisation aus Austin, stellt fest, dass die Behördenmitarbeiter in Texas im Jahr 1980 angefangen hätten, mehr Daten zu Klagen aufzunehmen. Er sagte, dass eine neue Gesetzgebung in den Jahren 2011 und 2013 zu detaillierteren Berichten führte und Mittel für ein neues Informationssystem bereit stellte.

          Anderson stimmt darin überein, dass ein Fehlen an Transparenz das Misstrauen schürt.

          “Wenn die Industrie nichts zu verbergen hat, dann sollte sie bereit sein die Fakten für sich selbst sprechen zu lassen”, sagte er. “Das gleiche gilt für Behörden”.

  6. Ert sagt:

    Bezüglich des “Wort zum Sonntages” möchte ich auf einen SR2 “Fragen an den Author” Klassiker hinweise.

    E.U. v. Weizäcker zu seinem Buch “Faktor 5” bei SR2: http://pcast.sr-online.de/play/sr2-fragen-klassiker/2012-02-22_weizsaecker_3_10_2010_faktor_fuenf.mp3

    Schönes Hören,
    Ert

  7. ab.er sagt:

    Hallo Allerseits,

    in der Zeit 2/2014 hat ein gewisser Daniel Yergin (war das nicht immer der mit den 100%ig genauen Vorhersagen?) versucht eine Lanze für das Fracken in Europa zu brechen.
    http://www.zeit.de/2014/02/energiewende-erdgas

    Wenn mir jemand versuchen würde, irgendetwas mit so einem Text zu verkaufen, dann würde ich sehr vorsichtig werden. Der Text ist einfach zu positiv ;-)

Diesen Eintrag kommentieren: Stephan

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