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Unkonventionelles Öl – die Lösung für Peak Oil? Teil 3: Gas to Liquid

Nachdem wir uns im ersten Teil der Artikelserie mit „Tight Oil“ aus dichten Schiefern in North Dakota und im zweiten Teil mit der künftigen Ölgewinnung aus den Ölschiefern der Green River Formation beschäftigt haben, wird es nun um Prozesse gehen, mit denen man aus verschiedenen Ausgangsstoffen mit Hilfe physiko-chemischer Prozesse flüssige Treibstoffe herstellen kann. Als erstes schauen wir uns den sogenannten "Gas to Liquid"-Prozess (GtL) an.

Gas to Liquid - die Fischer-Tropsch-Synthese

Beim Gas-to-Liquid-Verfahren wird Erdgas, durch Zufuhr von Wasserdampf und Sauerstoff in ein sogenanntes Synthesegas umgewandelt. Dieses Synthesegas ist dann das Ausgangsprodukt für das berühmte Fischer-Tropsch-Verfahren, bei dem Kohlendioxid (CO2), Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff  über einen katalytischen Prozess in flüssige Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden. Dieses, nach seinen Entdeckern Franz Fischer und Hans Tropsch benannte Verfahren, wurde bereits 1925 entdeckt.

Schema des Gas to Liquids Prozesses Quelle: wiki commons

Der Prozess kam erstmals im größeren Maßstab während des 2. Weltkriegs in Deutschland zum Einsatz, damals vor allem deshalb, weil das rohstoffarme Deutschland Treibstoffe aus Kohle gewinnen wollte, um überhaupt Krieg führen zu können. (mehr …)

Unkonventionelles Öl – die Lösung für Peak Oil? Teil 2: Ölschiefer

Öl ohne Ende? Die Ölschiefer der Green River Formation

Unkonventionelles Erdöl kann aus den verschiedensten Quellen kommen, wobei diese alle eine Gemeinsamkeit haben: Die Ölgewinnung ist technisch hochkomplex, energieintensiv, kostspielig, umweltschädlich und relativ langsam! In den Medien werden diese Ressourcen gerne als das Öl der Zukunft dargestellt, wobei suggeriert wird, dass eine weltweite Versorgung durch die Ausbeutung von unkonventionellem Erdöl auf Jahrzehnte hinaus gesichert ist. In dieser Artikelserie werde ich alle unkonventionellen Erdölarten einzeln hinsichtlich ihrer Fähigkeit untersuchen, einen nennenswerten Beitrag zur weltweiten Ölversorgung zu liefern. Dabei werde ich auch auf die "Nebenwirkungen" dieser Art der Ölproduktion eingehen.

Im letzten Artikel haben wir uns ausführlich die aktuelle Entwicklung in den Bakken Shales in North Dakota und Montana angeschaut. Dieses dank "hydraulic fracturing" (fracking) aus dichten Schiefern gewonnene "Tight Oil" steuert aus rund 4.000 Bohrlöchern aktuell etwa rund 850.000 Fass/Tag zur amerikanischen Ölversorgung bei. Das entspricht pro Bohrung rund 0,4 Liter/Sekunde. Das „Wunder“ der Bakken Shales, dass sich auf die Staaten North Dakota und Wyoming zurzeit wie ein neuer Goldrausch auswirkt, verblasst aber gegen die Legenden um die größte unkonventionelle Kohlenwasserstoffressource der USA – die Ölschiefer der Green River Formation. Dieses Thema spielt speziell im aktuellen amerikanischen Wahlkampf eine große Rolle, wobei konservative Kräfte gerne auf die riesigen Ölressourcen in Form von Ölschiefer anspielen. Wie die Ölproduktion aus den Ölschiefern der Green River Formation aussehen soll, werden wir uns im Folgenden etwas genauer anschauen. (mehr …)

Von Staats wegen

Politik oder Geopolitik ohne Blick auf die Energiefrage verstehen zu wollen, ist wie Wirtschaft verstehen zu wollen, ohne die Geldfrage zu klären.

Ägyptische Energieversorger haben das Gas-Lieferabkommen mit Israel gekündigt. Damit drohen Israel nach Regierungsangaben im Sommer Energieengpässe bis hin zu Stromausfällen, denn der Gasbezug aus dem Nachbarland Ägypten macht rund 40 Prozent des israelischen Bedarfs aus.
schreibt die FAZ

Auf die Pipelines von Ägypten ins jüdisch dominierte Nachbarland gab es seit dem politischen Umbruch 14 Anschläge, die laut FAZ dem extremistischen islamischen Milieu zuzuordnen sind. Energie als Achillesferse, Energie als Kampfplatz, Energie als Waffe - die Abhängigkeiten von den globalen Lieferstrukturen sind für jedes Land gefährlich. Israelische Verantwortliche hoffen, es handele sich mit der Vertragskündigung letztlich "nur" um eine ökonomische Diskussion, in deren Rahmen man beispielsweise zu neuen Preisfestsetzungen kommt. Befürchtet wird, dass die den Lieferungen innewohnende wirtschaftliche Komponente zugunsten politischer Fragen in den Hintergrund tritt und sich Konflikte um die Gaslieferungen entzünden. Da Energierohstoffe essentiell für eine "ordentliche" Kriegsführung sind, würde Gasmangel möglicherweise auch die Einsatzfähigkeit der israelischen Armee beeinträchtigen. (mehr …)

Unkonventionelles Öl – die Lösung für Peak Oil? Teil 1: Tight Oil

Ein Gastbeitrag von Christoph Senz

Die hiermit beginnende Artikelserie wird sich mit den verschiedenen Arten von sog. unkonventionellem Erdöl auseinandersetzen. In den vergangenen Wochen sind einige Artikel und Studien erschienen, die in der Ölgewinnung aus diesen Ressourcen die Lösung des Peak Oil Problems sehen. Die Thematik ist recht komplex und bei den riesigen Zahlen, mit denen argumentiert wird, kann man recht schnell den Überblick verlieren. Dies führt dann sehr oft dazu, dass "Äpfel mit Birnen" verglichen werden. Die folgende Artikelserie versucht ein wenig Klarheit in den Begriffsdschungel zu bringen. Beginnen wir mit dem sog. "Tight Oil". Ein Begriff, für den es nach meinem Kenntnisstand keine deutsche Übersetzung gibt, der aber meist als "Schieferöl" durch die deutschen Medien geistert.

Ausgelöst ist die diese Diskussion durch die derzeit steigende US-Ölproduktion. Dieser Umstand ist in der Tat beachtlich, da dadurch ein mehr als 30 jähriger Trend gebrochen wurde.

US Crude Oil Produktion Quelle: Ourfiniteworld.com

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Galaktischer Energieverbrauch

Ein Artikel von Prof. Tom Murphy von Do the Math, übersetzt von Tom Schülke. Im Original heißt er Galactic-Scale Energy und gehört zu den meistgelesenen des Blogs.

Seit dem Beginn der industriellen Revolution haben wir ein beeindruckendes, sehr stabiles Wachstums des Energieverbrauchs der menschlichen Zivilisation erlebt. Anhand von Daten der us-amerikanischen "Energy Information Agency", zeigt der US-Energieverbrauch seit 1650 (1635-1945, 1949-2009, inklusive Holz, Biomasse, fossiler Treibstoffe, Wasserkraft, Nuklearenergie u.s.w. ), einen bemerkenswert gleichmäßigen Wachstumswert, der durch ein jährliches Wachstum von 2,9% gekennzeichnet ist. (siehe Abbildung 1) Es ist wichtig die zukünftige Entwicklung unseres Energieverbrauchs zu verstehen, weil Regierungen und Organisationen überall Annahmen machen, die auf der Erwartung aufbauen, dass der historische Wachstumstrend der vergangenen Jahrhunderte weiter anhalten wird. Ein Blick auf die Grafik 1 zeigt, dass dieses eine absolut verständliche Annahme ist.

Abbildung 1: Gesamt-US-Energieverbrauch seit 1650. Die senkrechte Achse ist logarithmisch skaliert, so dass eine exponentielle Wachstumskurve als perfekte Gerade dargestellt wird. Die rote Linie korrespondiert mit einer jährlichen Wachstumsrate von exakt 2,9%. Datenquelle: EIA.

Wachstum ist so sehr zu einer Hauptstütze unserer Gesellschaft geworden dass wir anhaltendes Wachstum als normale Gegebenheit empfinden. Wachstum bringt viele positive Vorteile mit sich. Autos, Fernsehen, Luftverkehr, und Dinge wie iPhones. Die Lebensqualität erhöht sich, die Gesundheitsvorsorge wird besser und das Leben wird im Laufe der Zeit komfortabler. Wachstum trägt in sich eine Erwartung an die Zukunft: Das Versprechen, dass Investitionen in die Zukunft positive Kapitalerträge bringen werden. Wachstum ist die Basis für Zinsen, Kredite und für die Finanzindustrie. (mehr …)

Rekord-Förderrückgang in Großbritannien

Die ASPO weist auf den Bericht "Energy Trends" von Dezember 2011 des britischen "Department of Energy and Climate Change" hin. Demnach fiel die Ölproduktion des ehemaligen Netto-Ölexporteurs Großbritannien binnen 12 Monaten um 22,5%. Das ist der größte Rückgang seit Überschreiten des britischen Peaks anno 1995. Entsprechend stark sank der Export, so dass Großbritannien nun Netto-Importeur von Mineralöl ist und damit als zusätzlicher Nachfrager auf dem globalen Ölmarkt auftritt - mit entsprechenden Wirkungen auf die Ölpreise.

Auch die Gasförderung sinkt im Rekord. Sie lag binnen 12 Monaten um fast 30% niedriger und ließ die Gas-Importe um über ein Drittel ansteigen. Die Kohleproduktion sank um 10% und die Kohle-Importe stiegen um 42%. Der Energieverbrauch sank im selben Zeitraum um nur 2%, wobei der Verbrauch im Transportbereich um 3% sank, im Industriebereich um ein halbes Prozent, jedoch der Haushalts-Verbrauch sogar um ein halbes Prozent anstieg. Die installierte Kapazität von Photovoltaik-Anlagen verdopppelte sich allein vom 3. zum 4. Quartal 2011 auf etwa 260 Megawatt.

Der Abfall der Förderraten sowohl bei Öl wie auch bei Gas und Kohle ist sehr viel größer als der Abfall der Verbrauchsrate. Dadurch ist Großbritannien gezwungen, verstärkt Energie und Energierohstoffe zu importieren. Um die Energieversorgung krisenfester zu bekommen müßte im Grunde die Verbrauchsrate in derselben Geschwindigkeit sinken, wie die Förderraten. So lange das nicht passiert wird das Land seine Nachfrage auf den internationen Märkten weiter ausbauen und seine zusätzliche Nachfrage wird die Preise für Öl, Gas und Kohle entsprechend treiben sowie die globale Verbrauchsgeschwindigkeit erhöhen. Die Importabhängigkeit stieg im Betrachtungszeitraum um fast 16% auf ein neues Rekordhoch von 42,2%. Großbritannien ist eines der wenigen Länder, die "Energie- und Treibstoffarmut" statistisch untersuchen. Laut jüngstem Bericht galten 2009 4 Millionen britische Haushalte als "treibstoffarm".

Vom 2. zum 3. Quartal 2011 gab es einen starken Sprung in den Such- und Entwicklungs-Aktivitäten der Öl- und Gasförderer an Land, während die Entwicklung bekannter Quellen im Meer stark zurückging. Seit Ende 2008 importiert Großbritannien steigende Mengen von Flüssiggasen, insbesondere aus Katar. Ende 2011 machte diese Quelle etwa die Hälfte des Import-Gases aus und fast ein Drittel des Gasverbrauchs. Da Flüssiggas üblicherweise in entsprechenden Tankern transportiert wird, sollte Großbritannien ein starkes Interesse daran haben, dass die Seestraße von Hormuz offenbleibt. Ein Konflikt würde Großbritannien frieren lassen, aber auch die zu fast 50% auf Gas basierende Stromversorgung gefährden. Aus diesem Blickwinkel dürfte es interessant sein, die britische Haltung zum Iran-Konflikt zu beobachten.

Es bleibt zu hoffen, dass sich die (deutschsprachige) Medienlandschaft in ihrer Benzinpreisanalyse auch solche Fundamental-Entwicklungen anschaut.

Ölschwemme, Reservenfreigabe und Benzinpreisbremse: Politik und Analysten üben Preissenken

Bei der Onlineausgabe der englischsprachigen Financial Times sind die hohen Ölpreise heute Titelstory. Allerdings nur für registrierte Nutzer lesbar. SPIEGEL ONLINE zitiert mit Verweis auf die FT Marktanalysten, die einen niedrigeren Ölpreis in der Zukunft vorhersagen, dass künftig die Ölpreise ordentlich sinken werden, ja sogar eine "Ölschwemme" erwartet wird. Ihre Quelle: Die Future-Preise beim Öl, die beispielsweise für die Lieferung eines Barrels im Dezember 2018 nur 95 US$ ausweisen. Wer also heute ein Fass Erdöl zur Lieferung im Dezember 2018 über diese Future-Märkte kauft, erhält dieses zu eben jenem Preis (vorausgesetzt der Lieferant existiert dann noch). Übersehen haben die Marktanalysten möglicherweise die Selbstkritik der EZB, die an neuen Projektionswerkzeugen arbeitet, denn: Mit Blick auf eben diese Future-Preise hat die Europäische Zentralbank die Ölpreise der Zukunft regelmäßig unterschätzt und prüft deshalb derzeit die eigenen Methoden. Wichtig ist der künftige Ölpreis für die Prognose der Inflationsraten, die ihrerseits auf die Geldpolitik der EZB und die Auswahl der richtigen (!) Handlungen Auswirkungen hat. Die offizielle Teuerung bei Kraftstoffen zwischen Januar 2002 (Einführung des Euro) bis Dezember 2011 liegt in Sachsen übrigens bei 58,2%, bei Heizöl sogar bei 164,3% (Quelle: Statistisches Landesamt). (mehr …)

Elgin: Neuer Höhepunkt des fossilen Zeitalters

Das fossile Zeitalter hat möglicherweise einen neuen Höhe- oder besser Tiefpunkt erreicht: Die Bohrinsel Elgin in der schottischen Nordsee wurde evakuiert, weil große Mengen Erdgas ausgetreten sind. Die entstehende Wolke ist explosiv und enthält hochgiftiges Schwefelwasserstoff - das Gas, nach dem auch faule Eier riechen. Neben Elgin wurden auch zwei benachbarte Plattformen evakuiert, eine Zwei-Meilen-Sperrzone für Schiffe und eine Drei-Meilen-Sperrzone für Flugzeuge eingerichtet. Es ist schwer vorstellbar, dass Probleme auf der Plattform direkt dort behoben werden können. Deshalb denkt man nun offenbar über eine Entlastungsbohrung nach, deren Installation offenbar mehrere Monate dauern kann.

Mangels Strom liefert die Plattform keine aktuellen Daten. Ferndiagnose ist demnach schwierig. Die Fördermengen der Plattform entsprechen 3% der britischen Gas- und 5,5% der britischen Ölfördermengen. Die sowieso seit der Jahrtausendwende sinkende Öl- und Gasförderung Großbritanniens wird der Unfall nicht verbessern:

Was an Umweltschäden dazukommt dürfte die Kernfrage in den kommenden Wochen sein. Das Ereignis erinnert nicht nur fatal an die Katastrophe im Golf von Mexiko, es erinnert auch an Szenen aus dem Thriller "Der Schwarm" von Frank Schätzing. Dort spielt Methanhydrat eine große Rolle und auf dem Meer aufsteigende Gasblasen versenken so manches Schiff.

Die neuerliche Katastrophe läßt erahnen, was im Peak-Oil-Umfeld für großes Stirnrunzeln sorgt: Die Risiken der Förderung nehmen immer weiter zu. Nachdem die einfach zu erreichenden Lagerstätten längst erschlossen und in vielen Fällen ihre lokalen Peaks längst hinter sich gebracht haben, werden immer häufiger Lagerstätten erschlossen, deren Ausbeutung risikoreich und teuer sind - mit erhöhten Wahrscheinlichkeiten, auch Umweltkatastrophen mit sich zu bringen. Insbesondere die Tiefseeförderung ist schwierig. Von schwimmenden Plattformen werden mehrere hundert Meter durch Meerwasser und dann mehrere hundert Meter durch den Meeresboden gebohrt, um das dann geförderte Öl oder Gas in hunderte Kilometer langen, auf dem Meeresboden liegenden Pipelines an Land zu transportieren. Unwettern und Erosion sind die Teile dieser komplexen Struktur ausgesetzt und ihr Aufbau ist kosten- und energieintensiv. Es ist nur mit massiver maschineller Unterstützung möglich, überhaupt "Hand" an die Bauteile dieser Förderstrukturen zu legen. Ohne Maschinen wird nie ein Mensch jenen Punkt anfassen, an dem die Bohrung in den Meeresboden geht - ein direkter menschlicher Eingriff ist also, im Gegensatz zu Bohrungen an Land, unmöglich. Die Hoffnungen, weitere Ölvorräte in den Ozeanen zu finden, muss mit dem Bewusstsein einhergehen, dass die Aufrechterhaltung unseres heutigen Verbrauchs durch zusätzliche Risiken für jene Umwelt erkauft wird, die unsere Lebensgrundlage darstellt. Gerade heute wurde auch über Schäden berichtet, die die Deepwater Horizon-Katastrophe an Korallen im Golf von Mexiko hinterließ.

Zwar sind noch sehr große Mengen Öl und Gas unterirdisch verfügbar, aber Kosten und Risiken steigen. "Peak Oil" wird deshalb immer wieder auch übersetzt mit der Ansage: "Das Ende des billigen Öls".

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