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Bayer verkauft Kunststoffsparte MaterialScience

Die folgenden Überlegungen sind vollständig spekulativ.

Der deutsche Chemiekonzern Bayer verkauft seine Kunststoffsparte MaterialScience. Über die Börse soll das Unternehmen den Besitzer wechseln, wird gemeldet. Geht man davon aus, dass in großen Unternehmen nicht nur rein kurzsichtig agierende Menschen arbeiten, sondern große Entscheidungen auch vor strategischen Hintergründen getroffen werden, könnte man mal annehmen, dass den Entscheidern Peak-Oil-Gesichtspunkte bekannt sind. Für diese Annahme spricht, dass auf der Webseite der Firma unter dem Punkt "Strategie" gesagt wird:

Bayer MaterialScience will mit hochwertigen Polymer-Werkstoffen und Anwendungslösungen dazu beitragen, globale Herausforderungen wie die Verknappung fossiler Ressourcen, den Klimawandel, die zunehmende Mobilität und das Wachstum der Städte zu bewältigen.

Die Verknappung fossiler Ressourcen will das Unternehmen also helfen, zu bewältigen. Das ist insofern bedeutsam, weil das Kunststoffgeschäft rohstoffseitig fast vollständig von fossilen Rohstoffen abhängt. Von 18,5 Millionen Tonnen Rohstoffeinsatz in der chemischen Industrie in Deutschland, sind nur 2,7 Millionen Tonnen nachwachsende Rohstoffe - und das ist nicht nennenswert steigerbar, wie die Leopoldina-Studie zu diesem Thema warnt. Kohle geht mit 0,2 Millionen Tonnen, Erdgas mit 3 Millionen Tonnen und Erdöl mit 15,3 Mio Tonnen in diese Industrie ein. Erdöl macht also 83% des Kohlenwasserstoff-Inputs in die Chemieindustrie aus. 90% des fossilen Inputs stammt aus dem Import. Diese Zahlen stammen aus dem Chemie Report Spezial des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) von 2012 und zeigen auf, dass wie stark die gesamte Branche auf fossilen Rohstoffen allgemein und auf Erdöl im Speziellen gebaut ist. Die vorausschauenden Unternehmensführer innerhalb dieser Branche dürften daher über den Rohstoffmarkt informiert sein.

Bayer MaterialScience ist also ein Unternehmen, dessen Geschäftsmodell hochgradig von fossilen Energieträgern auf der Rohstoffseite abhängt. Doch auch auf der Abnehmerseite scheint das Unternehmen hochgradig abhängig, denn es listet bei den Abnehmern zuerst die Automobilindustrie, dann den Bau und als Drittes die Elektronikindustrie auf. Steigende Ölpreise würden das Geschäft also von zwei Seiten in die Zange nehmen: Die Kosten für die verwendeten Rohstoffe würden steigen, während zugleich die weiterhin Verbrennungsmotorprodukte verkaufende Kundschaft von Absatzrisiken bedroht ist. Angesichts dessen, dass die Sparte eine sehr anständige Umsatzrendite von 9,5% erwirtschaftet, muss die Frage erlaubt sein: Welchen Einfluss hat die globale Rohstoffsituation auf die Verkaufsentscheidung zu Bayer MaterialScience?

Es ist anzunehmen, dass solch großen Ausgliederungen aus einem Unternehmen immer vor dem strategischen Hintergrund überlegt werden, wohin ein Unternehmen weiterentwickelt werden soll. Solch große Abspaltungen wie die Kunststoffsparte von Bayer bedeuten für eine Firma eine Entscheidung von großer Tragweite. Zweifellos ist die Konzentration auf weniger Geschäftsfelder ein wichtiges Argument in Zeiten globaler Spezialisierung, aber man trennt sich eher selten von Unternehmensbestandteilen, die gutes Geld abwerfen und deren Geschäftsaussichten grandios sind - aber genau das vermittelt natürlich die Webseite.

Anleger sollten bei einer Investition in diese Aktie das Risiko bedenken, was aus einer Unternehmensbeteiligung allgemein einhergeht und wegen der Rohstoffrisiken im Speziellen. Die emissionsausführenden Banken und Berater werden das fossile Problem in der Prospekterstellung sicherlich berücksichtigen...

Input-Throughput-Output-Risiken