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Zum Tode des Total-Chef Christophe de Margerie

Die Spekulationen werden mal wieder ins Kraut schießen: Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass ein Privatjet einen Schneepflug in dichtem Nebel rammt und der einzige Passagier (neben der Crew) der Chef eines Ölkonzerns ist. So passierte es gestern auf dem Moskauer Flughafen Wnukowo, als der Chef des französischen Total-Konzerns Christophe de Margerie starb. Der Fahrer des Schneepflugs war alkoholisiert, blieb aber offenbar unverletzt.

De Margerie gehörte zu den wenigen Managern im Ölgeschäft, die offen über das Ölfördermaximum sprachen. Auch wenn er nach dem Fracking-Boom in den USA seine Meinung zu einem nahenden Peak Oil relativierte, thematisierte er jedoch regelmäßig die Grenzen des Ölfördervolumens. 2012 positionierte er sich für Total mit der Aussage, maximal 98 Millionen Barrel Tagesförderung seien förderbar. Ein lang anhaltendes Förderplateau würde folgen.

In Russland ist Total stark investiert. Die Investitionen waren wohl auch Gesprächsinhalt seines Besuchs in Moskau. Im Mai wurde ein Joint Venture mit Lukoil gegründet, das die Tight-Oil-Förderung im Bazhenov-Gebiet in Westsibirien zum Ziel hat. Seitdem die Firma ihr eigenes Ölfördermaximum im Jahr 2004 mit 2,75 Millionen Barrel Tagesproduktion erreichte, ist Total wie alle anderen privat organisierten Ölkonzerne von dem Dilemma steigender Förderkosten bei rückläufigen Fördermengen betroffen. Man trennte sich von alten Feldern und begann die Investitionen (eben auch in Russland) hochzufahren. Die Sanktionen gegen Russland bezeichnete er als Irrweg. Totals Umsatz-Peak war bislang im Jahr 2012, das Gewinn-Maximum im Jahr 2011. Wie andere Ölfirmen auch investierte auch Total unter De Margerie in erneuerbare Energiequellen.

Die Grafik zeigt die entsprechenden Fördermengen seit 2000. Damals förderten die fünf Firmen zusammen knapp über 10 Millionen Barrel pro Tag (Mb/d) . Bis 2004 stieg die Förderung auf etwa 10,5 Mb/d, fiel dann bis 2008 auf unter 10 Mb/d, hielt sich auf diesem Niveau bis 2010, stürzte dann 2011 auf knapp über 8 Mb/d ab und rutschte in den zwei folgenden Jahren auf unter 8 Mb/d. Die deutlichsten Verluste erlitt dabei BP zwischen 2010 und 2011.

Im Herbst 2012 warnte De Margerie vor den Umweltrisiken der Ölförderung in der Arktis. 2013 wurden Aussagen von ihm durch Pressevertreter stark verzerrt interpretiert, die seine Aussage es würde noch 100 Jahe Öl geben als eine Streichung jeglichen Fördermaximums interpretierten.

Zuletzt machte Christophe de Margerie auf sich aufmerksam, als er im Sommer anmerkte, dass der Ölhandel zwar in Dollar bepreist, aber durchaus auch in Euro abgerechnet werden könnte. Der Euro solle eine größere Rolle im Ölhandel spielen. Im Zusammenhang mit der Diskussion zwischen französischen Politikern, den Euro stärker in internationalen Handelsgeschäften einzusetzen sagte er:

Es gibt keinen Grund, Öl in Dollar zu bezahlen.

Kapazitätsmaximum: Total-Chef Christophe de Margerie um Neusprech bemüht

Informationen aus dritter Hand sind immer mit Vorsicht zu betrachten. Mit der Süddeutschen Zeitung hat der Chef des französischen Ölkonzerns Total, Christophe de Margerie, gesprochen und Teile seiner Worte liest man nun im FOCUS oder bei der pressetext-Agentur oder im Industriemagazin. Tenor: Peak Oil ist out, Öl reicht noch 100 Jahre, bitte weiterfeiern.

Was Margerie offensichtlich tut ist, sich vom Begriff "Peak Oil" zu distanzieren, den er Anfang 2011 noch als Bedrohung empfand. Statt "Peak Oil" solle man nun vom "Kapazitätsmaximum" sprechen. "Die Produktion sei nur wegen der Kosten, der Zeit, der Geopolitik und des Risikos limitiert" heißt es im Focus. "Nur"? (mehr …)

Total-Chef Christophe de Margerie warnt vor Ölförderung in der Arktis

"Dank" einer rasanten Erwärmung der Erdatmosphäre schmelzen die Eispanzer am Nord- und Südpol. Ein gutes Viertel weniger Eisvolumen führt die Arktis heute im Vergleich von vor 10 Jahren. Das Abschmelzen der Pole ruft Hoffnungen hervor, dort Rohstoffe zu fördern. Laut USGS könnten im bislang unzugänglichen Norden des Planeten ein Fünftel der noch unentdeckten nutzbaren Öl- und Gasreserven liegen. Ihre Ausbeutung könnte Peak Oil in die Zukunft verschieben und ein kleines bißchen Weiter-So erlauben.

Vor der Ausbeutung dieser Ressourcen hat nun der Chef des französischen Ölkonzerns Total Christophe de Margerie gewarnt. Die Risiken seien zu hoch, insbesondere was die Gefährdung der sensiblen Umweltbedingungen im Norden betrifft aber auch, was das Image jenes Konzerns betrifft, der es zu einer Ölkatastrophe kommen läßt. Dass die Tiefsee-Förderung hohen Risiken ausgesetzt ist, zeigte 2010 die Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko. Im Norden herrschen teils noch krassere Umweltbedingungen als im warmen mexikanischen Golf! Zwar wärmt sich die Atmosphäre auf, das bedeutet aber nicht, dass man im Norden Sommertemperaturen erwartet. Frost und Eis werden weiter da sein und vor allem: Dunkelheit. Nur weil die Atmosphäre sich erwärmt bedeutet dies keine Neigung der Erdachse: Die Sonne geht im Sommer nicht unter und im Winter gar nicht erst auf. Psychisch extrem belastende Bedingungen für dort arbeitende Menschen. Und auf das Risiko der Tiefseebohrungen - ala Deepwater Horizon - kommt in der Arktis Eis und Kälte noch hinzu.

De Margerie thematisierte Peak Oil im Dezember 2011 beim World Petroleum Congress in Doha (Katar). Nachdem er zuvor öffentlich davon sprach, Peak Oil stünde quasi vor der Tür, war die damalige Rede für Kjell Aleklett, Präsident der ASPO International, eine Enttäuschung. Technologie werde das Problem lösen, so argumentierte De Margerie branchentypisch. Was Peak Oil bedeutet weiß der Total-Chef aus eigener Anschauung: Der Förderpeak der Firma Total war 2004 mit 2,75 Millionen Barrel Tagesproduktion erreicht, die bis 2009 auf 2,5 Millionen und bis 2011 auf 2,35 Millionen Barrel absank. Derzeit bemüht sich Total offenbar um eine radikale Umstrukturierung: Der Konzern will sich laut Manager Magazin vor allem von Raffinerien und ausgereizten Öl- und Gasfeldern trennen und in den kommenden 2 Jahren Unternehmenswerte von 20 Milliarden Dollar verkaufen. Dieses Geld soll in die Ausweitung der Ölförderung gesteckt werden. Das 5-Jahres-Ziel: Die Fördermenge auf 3 Millionen Fass pro Tag zu steigern. Man könnte interpretieren: Total erwartet höhere Gewinne bei der Förderung von Öl als mit dessen Verarbeitung. Das sagt vermutlich einiges über den kommenden Ölpreis aber auch, dass De Margerie das Grundprinzip des Peak Oil in einer Unternehmensstrategie berücksichtigt: Ginge er von einer preisdrückenden Ölschwemme aus, wie sie sein italienischer Kollege Leonardo Maugerie vorhersagt, würde er dann den Konzern auf die Ölförderung konzentrieren? Auch mit Lecks bei der Öl- und Gasförderung kennt sich Total aus: Die Förderplattform Elgin in der Nordsee war von März bis Mai diesen Jahres havariert und das Leck abzustellen, war offensichtlich kein leichtes Unterfangen. Gut möglich, dass De Margerie diese Erfahrung im Hinterkopf hat, als er seine jüngste Warnung vor der Ölförderung in der Arktis aussprach.