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Griechisches Öl

Die brodelnde Gerüchteküche um den drohenden Staatsbankrott Griechenlands hat jetzt den kommenden Dienstag auserkoren, um die Pleite zu verkünden. An diesem Tag werden Ausschüttungen von 769 Millionen Euro für alte Kredite fällig und es ist fraglich, ob der griechische Staat das Geld besorgen kann.

Zugleich gibt es Meldungen, dass das Land verstärkt in seine Ölförderung investieren will, was einen Blick auf die griechischen Zahlen sinnvoll macht:

Laut CIA Factbook verbrauchte Griechenland 2009 ca. 414.000 Barrel pro Tag und lag damit auf der weltweiten Rangliste auf Platz 34. Die Eigenproduktion betrug ganze 6.779 Barrel pro Tag (also nur 1,6% des Verbrauchs). Immerhin eine halbe Million Barrel Erdöl importiert Griechenland pro Tag, wovon ca. 153.000 Barrel wieder für den Export bestimmt sind (insbesondere für Macedonien). Die geschätzten Ölreserven sind mit 10 Millionen Faß im globalen Maßstab nahezu irrelevant, Griechenland könnte den aktuellen Eigenverbrauch damit nicht mal einen Monat decken.

Seit die Erdölförderung 1981 mit deutscher Hilfe begonnen hat (die BASF-Tochter Wintershall war damals mit dabei), hat sich der Rohstoff zu einem der wichtigsten Importgüter gemausert und trägt einen großen Teil zum dauerhaft hohen Handelsbilanzdefizit Griechenlands bei. Dieser Punkt dürfte bei einem Staatsbankrott zu großen Problem führen, denn wie viele andere Länder auch hat sich die griechische Lebensweise zunehmend von Erdöl als Roh- und Treibstoff abhängig gemacht. Öl wird weltweit in Dollar gehandelt, eine (immer mal wieder diskutierte) Rückkehr zur vermutlich stark abwertenden Drachme würde bedeuten, dass Griechenland weitaus mehr Waren auf dem internationalen Markt gegen Dollar verkaufen muss, um sich Erdöl leisten zu können. Den griechischen Wirtschaftsstrukturen wird jedoch genau diese Wettbewerbsfähigkeit nicht zugetraut, so dass ein Import von Öl künftig teurer bis unmöglich würde. Dem Land steht also sein ganz eigener Peak Oil bevor: Ein Abfallen der Importmengen.

Der jetzt abgegebene Startschuss für die Öl- und Gasförderung ist gefährlich, denn bereits seit langem streitet sich Griechenland mit seinen türkischen Nachbarn um die Hoheitsrechte für eine Handvoll Inseln. Wer wo bohren darf ist deshalb ein sensibles Thema, geht es im Ölgeschäft doch immer um Milliardensummen und großen Einfluss. Auch Zypern, wo nach Gas gebohrt wird, ist "sensibles Gelände", schwelt dort doch seit Jahrzehnten der Zypernkonflikt. Die Türkei dürfte deshalb sehr aufmerksam auf die Entwicklungen im Ionischen Meer und vor Kreta schauen. Wie konfliktbeladen der Kampf um Rohstoffe im Peak-Oil-Umfeld sein kann, zeigte insbesondere die Bundeswehr-Studie und auch die neuesten Berichte über Ölbohrungen nahe der Falkland-Inseln zeigt die Konfliktträchtigkeit. Dass Erdöl und Finanzkrise zusammenfallen ist dagegen kein Wunder. Bereits im Juli wurde dieser Zusammenhang in der spanischen Zeitung el pais diskutiert: Die höchstverschuldeten EU-Staaten sind zugleich jene, deren Energieversorgung am stärksten vom Erdöl abhängt: Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Italien...

  • Oil and Gas security - Greece 2010 (PDF) - Analyse der griechischen Öl- und Gasversorgung von der Internationalen Energieagentur
  • den besten deutschsprachigen Einblick in die griechische Tragödie liefert wohl das Simablog

1 Kommentar to “Griechisches Öl”

  1. Hallo, Griechenland hat doch Sonne und Wind. Es gibt Technologien zur Herstellung von Öl und Gas aus Erneuerbaren. Kann das für Griechenland ein Weg zur Verbesserung der Lage sein? Mit sonnigen Grüßen, Klaus-Peter Romberg

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