Das Stichwort Peak Oil spielte in den vergangenen Jahren keine Rolle mehr. Mit dem Fracking-"Erfolgen" in Nordamerika waren die Ölabnehmer gut versorgt, die Lager gefüllt. Nun scheint in Saudi Arabien ein wichtiger Teil der Förderinfrastruktur in Flammen zu stehen, ausgelöst durch einen kriegerischen Akt aus dem saudischen Kriegsgegner-Nachbarland Jemen. Vielleicht sehen die Meldungen morgen schon weniger dramatisch aus als heute, doch hoffentlich kommt wieder etwas Schwung in die Peak-Diskussion, denn:
fridays for future
We’ve relied on adults to make the right decisions to ensure that there is a future for the next generation – surely we don’t have all the answers. But what we do know is that we need to keep fossil fuels in the ground, phase out subsidies for dirty energy production, seriously invest in renewables and start asking difficult questions about how we structure our economies and who is set to win and who is set to lose.
[..]
It is so important that this happens now. The kind of changes that need to happen will take everyone recognising that this is a crisis and committing to radical transformations. We strongly believe that we can fight off the most damaging effects of climate change – but we have to act now.
Greta Thunberg, Luisa Neubauer, Kyra Gantois, Anna Taylor, Anuna De Wever
In Deutschland wird heute in mehr als 200 Orten schulgestreikt. Die Aufforderung der Kinder lautet: Die Erwachsenen mögen sich anschließen. Diese Liste zeigt wo und wie jede und jeder das tun kann: fridaysforfuture.de
Pkw-Produktion – ein Zukunftsmodell für Deutschland?
Einige Menschen haben mich bez. der Meldung, dass Volkswagen bis zu 30.000 Stellen - davon 23.000 in Deutschland - streichen will angesprochen. Ist hier etwas entscheidendes passiert? Ich bin der Meinung: Nein.
Warum? Die Stellen sollen ganz normal über die Fluktuation und Altersteilzeit abgebaut werden. Der Druck entsteht von der Kostenseite her, "Dieselgate" möchte bewältigt werden - wobei der Konzernleitung immer noch nicht ganz bewusst sein zu scheint, was da eigentlich passiert ist.
Für die verbleibenden Beschäftigten gab es zudem eine Garantie das betriebsbedingte Kündigungen bis zum Jahre 2025 nicht stattfinden werden. Gleichzeitig sollen ca. 9.000 neue Stellen im IT-Bereich geschaffen werden um sich für die anstehenden Änderungen, die Digitalisierung & Co. zu rüsten. - Ein Gastbeitrag von H.C. Fricke (limitstogrowth.de).
Die anstehenden Veränderungen im Automobilsektor
Die Reduzierung der Mitarbeiter bei VW wird also (nach den Medien) unter dem Aspekt der weiteren Automatisierung der Pkw-Produktion - aber auch Verwaltungs- und Organisations-aufwänden betrieben. Stichworte dafür sind: Industrie 4.0 - sowie die fortschreitende Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI). Die Welt titelt dazu: "Die Produktion soll so weit automatisiert werden, dass kaum mehr Menschen gebraucht werden".

Hochautomatisierte Fahrzeugproduktion bei Telsa. Autor: Steve Jurvetson, Lizenz: CC BY 2.0
Die Entwicklungen in Richtung der weiteren Automatisierung stehen momentan durch die sehr großen Fortschritte in der Forschung in der KI im Rampenlicht. Sie haben das Potential die menschliche Arbeit in weiteren Bereichen aus der Produktion und der Verwaltung zu verdrängen. Frank Rieger und Konstanze Kurz versuchen in Ihrem Buch Arbeitsfrei einen Blick auf die zukünftige Entwicklung und die Fragen für die Gesellschaften zu werfen.
Gedanken zur Zukunft des privaten Kfz-Verkehrs
Sind dies aber die wirklichen Herausforderungen der nächsten 10-15 Jahre für den Automobilsektor? Ich meine nicht!
Fahrverbote (nicht nur) für SUV’s: Der §1 der StVO und Völkerrecht zum 4.11.2016
Im letzten (Gast-)Blogeintrag hatte ich über den VDW/ASPO Workshop zum Thema Peak-Oil in Berlin berichtet. Dabei bin ich aber auf ein Bonmot des Vortrag von Herr Dr. Görres nicht eingegangen, welches ich wirklich kongenial fand!
Herr Görres sagte sinngemäß, das SUV's (also diese großen Autos für die Wildnis und Schlammpisten - mit denen heute Kinder im Großstadt-Dschungel zur Kita kutschiert werden oder insb. Männer Ihr Ego vergrößern) schon nach §1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) verboten sein müssten. Der §1 der StVO, insbesondere Absatz 2 sagt aus:
(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. (Anm.: Unterstreichungen vom Autor).
Ich spinne das Thema nun mal aus :-) - Ein Gastbeitrag von H.C. Fricke (limitstogrowth.de)
Eindrücke vom VDW & ASPO Workshop am 24.10 in Berlin
Am 24.10 fand in Berlin ein Workshop der Vereinigung der Deutschen Wissenschaftler (VDW) und der Assosiation for the Study of Peak Oil (ASPO) Deutschland zum Thema 'Umbrüche – Turbulenzen bei Öl und Gas' statt.
Der Workshop war gut organisiert (sogar veganes Chilli und vegan belegte Brötchen!) - die Vortragenden hatten allesamt interessante und spannende Vorträge und das Publikum interessante Fragen und Anmerkungen bei zusteuern. In meinem kleinen Bericht hier versuche ich ein paar Eindrücke wieder zu geben - er ist in keiner Weise vollständig, da ich dafür zu wenig Notizen gemacht habe (und ein Artikel über den Workshop anfangs auch nicht mein Anliegen war). - Ein Gastbeitrag von H.C. Fricke (http://limitstogrowth.de).
Zum Programm
Der erste Vortragende den ich unbedingt einmal 'Live' sehen wollte war Ugo Bardi mit seinem Vortrag zum Senecal Cliff: 'Conventional Oil Supply – The Impending Seneca Cliff' in Verweis auf sein demnächst erscheinendes Buch.
Bardi wies in diesem Zusammenhang auf die Ressourcensituation hin und das ein (Anm.: Seiner Ansicht nach möglicher) Umbau zu einer Energiewirtschaft die zu 100% auf erneuerbaren Energien basiert massive finanzielle aber auch materielle Investitionen (ca. 5% der globalen Ressourcen) benötigen würde. Dabei wäre dann das Ziel einer 2000 Watt Gesellschaft - also einer Gesellschaft in der wir in Deutschland ca. nur noch 1/3 der Energie pro Person (oder weniger) verbrauchen dürften - erreichbar (Anm.: Man sollte sich aber keine Illusionen machen, was bei 2000 Watt pro Person alles nicht mehr möglich ist. So wären denn auch die (massiven) finanziellen Investitionen in die EE gleichzusetzen mit einer Re-Allokation der Ressourcen - Verzicht hier, heute, jetzt und sofort - damit die nächste Generation eine Chance hat).
Peak Oil: Der Stand der Dinge 2014
Ziemlich genau vor einem Jahr habe ich ein Zwischenfazit gezogen: Wo stehen wir hinsichtlich des globalen Ölfördermaximums? Damals lagen Daten der EIA bis April 2013 vor. Heute liegen Daten für 12 weitere Monate vor: Bis April 2014. Die folgende tabellarische Darstellung unterteilt die Welt in jene Ölförderregionen, wie sie die EIA vorgibt. Dabei fällt auf:
- Die Weltölförderung hat auch in den vergangenen 12 Monaten zugenommen. Die Ölförderung steht an einem Allzeithoch - nie zuvor wurde auf dem Planeten mehr Öl gefördert als heute. Ein globaler Peak Oil ist nicht erreicht.
- Europa ist die Weltregion, deren Ölförderung weiterhin am stärksten zurückgeht. 60% weniger Rohöl und Kondensate werden heute gefördert als zum Zeitpunkt des europäischen Ölfördermaximums anno 1999. Biokraftstoffe und Co. haben dafür gesorgt, dass die Gesamtmenge am "Flüssigenergie" leicht gegenüber dem Vorjahr zunahm, aber die Veränderungen sind marginal.
- Afrika hat seinen Peak überschritten. Von 2012 zu 2013 schrumpfte die Ölbereitstellung um 6,7%, gegenüber dem Allzeithoch im Dezember 2007 wurde im April 2014 fast ein Viertel weniger Öl gefördert.
- Zentral- und Südamerika, Eurasien und der Nahe Osten verlieren auf Monatsbasis gesehen zwar von Sommer 2013 bis April 2014 ein paar Prozente Ölförderung, aber die Zahlen sind nicht eindeutig, um das Überschreiten des Peaks für diese Weltregionen eindeutig festzustellen.
- Nordamerika ist die einzige Weltregion, die ihre Ölförderung weiter steigert - und dies sehr beachtlich! Um 7,55% hat die Ölförderung von 2012 zu 2013 zugenommen und damit den entscheidenden Beitrag zur Steigerung der weltweiten Ölförderung geliefert.
Weltregion | Crude+Condensate | all liquids | ||||
---|---|---|---|---|---|---|
bisheriges Fördermaximum (in Mio Barrel pro Tag) | Zeitpunkt | Veränderung seitdem | bisheriges Fördermaximum (in Mio Barrel pro Tag) | Zeitpunkt | Veränderung seitdem | |
Nordamerika | 14,370 | April 2014 | 20,749 | April 2014 | ||
Zentral- und Südamerika | 6,942 | Dezember 2000 | -3,31% 2013: -4,74% | 8,327 | August 2013 | -5,86% 2013: -7,55% |
Europa | 6,909 | November 1999 | -60,02% 2013: -56,77% | 7,744 | November 1999 | -49,3% 2013: -50,15% |
Eurasien | 13,147 | Juni 2013 | 13,855 | Juni 2013 | -1,51% 2013: -0,09% | |
Naher Osten | 24,812 | August 2013 | -3,34% 2013: -4,72% | 27,945 | August 2013 | -1,41% 2013: -3,68% |
Afrika | 10,168 | Dezember 2007 | -13,9% 2013: -10,73% | 10,963 | Dezember 2007 | -23,02% 2013: -8,83% |
Asien und Ozeanien | 8,034 | September 2010 | -4,33% 2013: -4,66% | 9,337 | September 2010 | -5,48% 2013: -3,55% |
Die Welt | 77,136 | Februar 2014 | 90,998 | Februar 2014 | ||
Welt abzüglich USA & Kanada | 67,022 | Januar 2011 | -2,11% | 74,974 | Januar 2011 | -2,51% |
Kommentarlos, Teil 50
Das wahre Problem, die Ursünde unserer Wirtschaft sozusagen, ist der ungeheure Verbrauch von natürlichen Ressourcen. In jedem technischen Produkt stecken im Schnitt etwa 30 Kilogramm Natur je Kilogramm Produkt. In elektronischen Geräten ist es oft das Zehnfache. Übrigens wird bei der Produktion auch das Zehnfache an Wasser gebraucht! Die meisten unserer Güter sind also extrem materialintensiv.
Wir verbrauchen Öl, Gas, Kupfer oder Seltene Erden, aber auch Holz und Sand, in hohem Maße. Die ökologischen Folgen sind gigantisch. So wie der Abbau von Sand das Meer und die Meeresstrände aus dem Gleichgewicht bringt, stört das Abholzen von Wäldern das Ökosystem. Die Ausbreitung von Wüsten, Artenverknappung und Landflächen, die unfruchtbar sind, sind die Folgen. Noch einmal: Ökologische Probleme entstehen nicht nur durch Kohlenstoffdioxid-Emissionen. Viele unserer Umweltprobleme haben mit CO2 nichts zu tun.
Ein wütender Friedrich Schmidt-Bleek im Wirtschaftswoche-Interview
Unverbrennbare Kohlenstoffvorräte
Nur naive Geister können annehmen, dass die Umwandlung von fossilen Energieträgern in Kohlendioxid absolut keine Reaktionen im planetaren System hervorruft. Üblicherweise gilt in diesem Universum das Gesetz von Aktio=Reaktio, nach welchem jede Aktion eine (Gegen-)Reaktion hervorruft. Die Anreicherung von Kohlenstoffverbindungen in der Atmosphäre verändert deren Zusammensetzung und zieht Wirkungen nach sich - wie stark diese Wirkungen sind, darüber kann man diskutieren. Aber dass sich keinerlei Reaktionen zeigen, ist nicht nur unwahrscheinlich, sondern aus einem systemischen Blickwinkel heraus: Unmöglich.
Allein dass die Menschheit über die Folgen der CO2-Anreicherung diskutiert ist Beleg für diese Aussage: Die Spezies Mensch diskutiert. Sie tut es in dieser Woche in Warschau, wo der nächste "Klimagipfel" tagt. Drastische menschliche Reaktionen sind bereits jetzt zu erleben: Der Vertreter der Philippinen, die gerade vom Taifun Haiyan betroffen sind, droht mit einem Hungerstreik, um eine Einigung der Staatengemeinschaft zu erzwingen. Kofi Annan, der von 1997 bis 2006 UNO-Generalsekretär war, fordert Umweltsteuern, um den Konsum zu drosseln - eine nicht ins Wachstumsparadigma passende Position. Seiner Meinung nach geht es ums Überleben der Spezies.
Für Telepolis habe ich eine Meldung ausgegraben, die neue Fronten in der Fossil-Diskussion aufzeigt: Eine Investorengruppe hinterfragt die Risiken, die sich aus dem Klimawandel und der weltweiten Diskussion um dessen Folgen für jene Konzerne ergeben, die stark mit fossilen Energieträgern arbeiten. Akzeptiert man, dass die Verklappung der Umwandlungsreaktion fossiler Energieträger (Kohlendioxid) begrenzt werden muss, stellt sich nämlich die Frage: Was bedeutet eine Limitierung der Kohlenstoffverbrennung für jene Unternehmen, die auf solchen Kohlenstoffreserven sitzen und diese als Aktiva in ihren Büchern haben? Der Artikel heißt
und ist hiermit zur Lektüre, Diskussion und Weiterleitung empfohlen.
Die neue Front, die hier aufgemacht wird ist eine, die nicht zwischen "Umweltschützern" und "Umweltverwertern" aufgemacht wird, sondern sie entsteht im Spannungsfeld zwischen Investoreninteressen und Management. Auch Investoren sind Menschen und daher interessiert am Überleben der Spezies. Doch kann sowohl die Diskussion um die Vermeidung von Kohlenstoffausstoß wie auch politische Entscheidungen dazu führen, dass der Wert von Kohlenstoffreserven in den Unternehmensbilanzen berichtigt werden muss - und dies führt zur Abwertung der Investorenwerte. Wie mit diesen Risiken umgegangen wird ist die spannende Frage, die eine Investorengruppe nun hinterfragt.
Für Peak-Oil-Beobachter ist diese Frage deshalb spannend, weil ein weiteres Limit in die Gleichungen eingezogen wird: Nicht nur der geologisch-technische Aspekt spielt für Peak Oil eine Rolle, sondern auch der politische Aspekt: Wenn sich die Menschheit einigt, die Kohlendioxid-Emissionen zu begrenzen, muss Kohlenstoff im Boden verbleiben. Öl-, Gas- und Kohlereserven würden demnach "unverbrennbar" (daher: unburnable carbon). Die Wirkungen auf das globale Gesellschaftssystem entsprechen jenen, die in der Peak-Oil-Diskussion bereits herausgearbeitet und thematisiert werden: Es ist egal, ob Öl nicht gefördert wird, weil diese Förderung zu teuer oder technisch nicht machbar wäre, oder ob es durch politische Entscheidungen und eine globale Genügsamkeit im Boden verbleibt. Beide Auslöser führen dazu, unseren Umgang mit den Energieträgern anzupassen.
Weiteres:
- Richard Heinberg und Rob Hopkins diskutieren über das 10jährige Jubiläum von Heinbergs Buch "The Party is over" (engl.)
- BusinessInsider: Der Fracking-Hype endet und die Ölpreise werden stark steigen (engl.)
- SPON: Die Snowden-Überwachungsdiskussion zeigt, dass ein besonderes Interesse der Geheimdienste an der OPEC herrscht
- Telepolis zeigt, dass steigende Energiepreise zu Unruhen führen. Diesmal: Eine Ökosteuer in Frankreich
- Georg Günsberg erwartet, dass die IEA in ihrem demnächst erscheinenden Jahresbericht den Fracking-Hype dämpfen wird und meint es sei Zeit, über die Kosten fossiler Energie zu reden
- Aufruf zur Teilnahme: 4. degrowth-Konferenz findet im September 2014 in Leipzig statt
- Brasilien versteigerte die Förderrechte für ein großes Ölfeld. Die ZEIT analysiert, warum es nur einen Bieter gab.
- Laut Reuters meint der BND (keine Original-Dokumente zu haben, es fehlt ein deutscher Snowden), die Versorgungssicherheit mit Öl und Gas sei gegenüber dem Klimawandel ein geringeres Problem (die kennen die Idee des "unburnable carbon" noch nicht, aber das wäre ja nicht das erste Mal, dass der Nachrichtendienst erst später merkt, was los ist...)
- Daniele Ganser sprach beim Oberthurgauer Wirtschaftsmeeting über Peak Oil
- Fracking-Poker am Heiligen Berg - Die Tageswoche über das Dilemma der Blackfeet-Indianer
- Bela Anda, ehemaliger rot-grüner Regierungssprecher und jetzt stellvertretender BiLD-Chefredakteur braucht Fracking. (Hoffentlich in seinem eigenen Garten.)
Nachtrag:
- WiWoGreen hat meinen Artikel aufgegriffen, schön wenn das Thema in die Wirtschaftswoche kommt! (
Backlink zu Telepolis wäre schöngewesen)