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Fracking zwingt USA zur Lockerung des Öl-Exportverbots

Laut Reuters haben die zwei US-Firmen Pioneer Natural Resources Co und Enterprise Product Partners LP die Erlaubnis erhalten, besondere Formen von Ölprodukten zu exportieren. Details nennt die Regulierungsbehörde U.S. Department of Commerce's Bureau of Industry and Security nicht, aber offenbar dürfen die Firmen sehr leichtes Öl exportieren, sofern es vorher irgendeine Art von Raffinierungsprozess durchlaufen hat.

Die Erlaubnis könnte medial interpretiert werden als den großen Fracking-Erfolg, der nun Früchte trägt, indem die USA zum Erdölexporteur wird. Dieser Schluß trügt, denn heute wie auch in Zukunft wird die USA weiterhin einer der weltgrößten Ölimporteure bleiben, der Fracking-Boom verringert nur zwischenzeitlich die Importmengen:

US-Oelfoerdung 2014-2040

Wichtig an dieser Nachricht ist eher die Achillesferse des Ölfrackings, die hier sichtbar wird. Denn das beim Fracking geförderte Light Tight Oil ist so leicht und "süß", dass es nur begrenzt kompatibel zur Raffineriearchitektur in den USA ist. Die meisten Raffinerien wurden schwerpunktmäßig so ausgelegt, dass sie viel schweres Öl aus Venezuela, Mexiko oder dem arabischen Raum verarbeiten können. Das leichte Öl des Fracking-Vorgangs kann in den Mengen, wie sie in den USA derzeit anfallen, gar nicht angemessen verarbeitet werden und wird daher mit Preisabschlägen gehandelt. Eine Studie von McKinsey kalkuliert, dass Light Tight Oil bereits ab einer Menge von 2,5 Millionen Barrel mit einem Preisabschlag von 2-3 US$ gehandelt werden dürfte und ab 5 Millionen Barrel sogar 5 bis 7 US$ günstiger zu kriegen ist. Da die USA inzwischen mehr als 3 Millionen Barrel täglich per Fracking fördern, dürfte der Stoff im Land schwer zu akzeptablen Preisen loszukriegen sein und er konkurriert mit den Kondensaten aus der Gasförderung (Propan, Butan). Die Regelung, dass diverse Light-Tight-Oil-Überschüsse oder vergleichbare Kondensate nun also auf den globalen Markt drängen dürfen, bedeutet also längst nicht, dass die USA zuviel Öl haben. Sie haben zuviel Öl schlechter Qualität - jedenfalls aus Sicht des Raffineriesystems. Dieses darf nun nach einem oberflächlichen Raffinerieprozess als "raffiniertes Produkt" gelten und einzelnen Firmen ist die Ausfuhr gestattet.

Noch immer klafft zwischen dem Ölpreis im US-Markt (WTI) und dem Preis im restlichen/europäischen Markt (Brent) eine Preislücke, die sich seit 2010 geöffnet hat. Heute, am 25.06.2014 beträgt diese Lücke 7 US$. Eine Liberalisierung des US-Ölmarkts hin zu mehr Exportmöglichkeiten dürfte dazu führen, dass die Preise in den USA leicht steigen, während die Preise weltweit leicht sinken (ceteris paribus). Da dies den US-Wählern schlecht zu verkaufen ist, ist wohl kaum zu erwarten, dass das Exportverbot grundsätzlich aufgehoben wird. Einzelne Firmen haben nun ein politisches Tor bekommen, durch welches sie den stürmischen Fracking-Erfolgsdruck ableiten können...

Weiteres:

Vankor: Russlands größtes Ölfeld schon am Peak?

Reuters meldet, dass Rosneft die die vorhergesagten Fördermengen des größten Ölfelds Russlands Vankor nach unten angepasst hat. Laut Reuters ist das Ölfeld daher wichtig, weil es sowohl gen Westen wie auch gen Osten liefern kann. Rosneft sagt gegenüber Reuters:

"In the event of possible deviations, existing agreements and the most profitable supply routes will be prioritised."

"Im Fall möglicher Abweichungen (von der Produktion) werden bestehende Verträge und die profitabelsten Lieferrouten priorisiert."

Was nichts anderes heißt wie: Wer die besten Verträge mit dem Ölförderer macht oder gemacht hat, und wer am meisten zahlt, kriegt das Öl.

Diese Entwicklung ist angesichts dessen bedeutsam, dass Russland in 2012 für 36% der Öllieferungen nach Deutschland verantwortlich war und die russischen Ölfirmen ihre Liefermöglichkeiten nach China stark ausbauen. Bereits im Juni wurden sehr überschaubare Wachstumszahlen für die Ölförderung Rosnefts gemeldet verbunden mit intensiveren Geschäftsverbindungen nach China. China macht sich dabei den strategischen Vorteil zunutze, den Reuters "Cash now, Oil later" nennt: Vorabzahlungen auf später zu lieferndes Öl. Die absehbaren Steigerungen, die Rosneft für seine Ölförderung anstrebt (von 4,2 Millionen Barrel pro Tag heute auf 4,4 Millionen Barrel pro Tag in 2020) reichen nicht ansatzweise, um das chinesische Bedarfswachstum zu decken. Reuters nennt für China einen erwarteten Bedarf von 9,2 Millionen Barrel Öl am Tag in 2020. China importierte 2012 4,7 Millionen Barrel Rohöl täglich, das sind 700.000 Barrel Tagesimporte mehr als noch ein Jahr zuvor. Russland wird einen Großteil des Bedarfswachstums decken wollen/müssen. Wenn Rosneft nun noch seine Förderaussichten kürzt, wird das Verhältnis von Ölangebot und Ölnachfrage, dem in Russland vor allem Europa und China gegenüberstehen, arg strapaziert. Rosneft und China vereinbarten auch eine gemeinsame Erkundung neuer Ölfelder in Sibirien und dem Fernen Osten. Mögliche Funde sollen laut RiaNovosti gen Asien fließen.

Im Juni kam hier die Aussicht auf, die seit 2011 existierende Lücke zwischen dem für den US-amerikanischen Markt gültigen WTI-Preis und dem für den europäischen Markt gültigen Brent-Ölpreis würde sich wieder schließen. Doch auch heute klaffen 10 US$ als Preislücke zwischen Europa (Brent: ca. 107 US$) und den USA (WTI: ca. 97 US$), was angesichts der europäisch-russisch-chinesischen Ölsituation die Frage aufbringt: Steht der Ölmarkt mit dem Erreichen der vielen lokalen Ölfördermaxima vor einer Spaltung? Wird sich wie beim Gas eine stärkere Differenzierung der nordamerikanischen und der europäisch-eurasischen Situation ergeben, die jeweils unterschiedliche Versorgungsstrukturen und unterschiedliche Preise hervorbringt? Wenn Russland sich die Importabhängigkeit der (den Peak hinter sich habenden) Europäer und der aufstrebenden chinesischen Volkswirtschaft zunutze macht, könnten zwischen diesen Handelspartnern bald ganz andere Preise akzeptabel sein, als in den USA, die dank Fracking derzeit eine (relative) lokale Überversorgung haben, auch wenn sie die Öl-Selbstversorgung (trotz anderslautender Medienberichte) nicht erreichen.

 

Weitere Infos:

Die Kosten des Öls – Der Brent/WTI-Gap

Ein Gastbeitrag von Florian Hoppe

Während der vergangenen 2 Jahre konnte man bei der Preis-Entwicklung der beiden Ölsorten Brent (Brent Blent, Europa) und WTI (West Texas Intermediate, Nordamerika) eine interessante Entwicklung verfolgen. Die Preise, welche sich historisch gesehen meist nah aneinander entwickelten, lagen plötzlich weit auseinander, eine Zeit lang sogar über 20 US-Dollar.

Was war geschehen?

Die am häufigsten genannten Gründe sind unter anderem:

  • Die gesteigerte Ölproduktion in Kanada und in den USA durch die Förderung von Ölsanden, sowie durch Hydraulic Fracturing (kurz „Fracking“ genannt).

  • Mangelnde Pipelinetransportmöglichkeiten und dadurch resultierende Überkapazitäten.

 Doch obwohl die Ölreserven laut Medienberichten in den USA steigen scheint der Brent/WTI-„Gap“ plötzlich nahezu verschwunden zu sein.

 

Brent_vs_WTI_Juni_2013

Vor kurzem sank die Lücke erstmals seit 2 Jahren auf unter 6 US-Dollar, was beinahe der traditionellen Preisdifferenz beider Sorten entspricht. (mehr …)

Israelischer Luftangriff, Fracking in Polen, WTI-Brent-Preislücke, CETA

Wie schnell einzelne Risiken sich auf den Ölpreis auswirken war dieser Tage zu sehen: Noch am 1. Mai war der Ölpreis auf einem fallenden Pfad bei etwa 100 US$ angekommen, nur um sich am Montag den 6. Mai mit Meldungen von israelischen Militäreinsätzen auf syrischem Gebiet auf die Marke von 105 US$ heben zu lassen. 5% in einer Woche. Der Krieg zwischen Syrien, Ägypten und Israel war vor 40 Jahren Auslöser für die 1. Ölkrise und seitdem sind Unruhe-Meldungen aus dem Nahen Osten immer wieder für Preisschübe verantwortlich. Der Angriff sorgte für Ängste eines ausufernden Konflikts im arabischen Raum, der eine Hauptquelle für Exportöl ist. (mehr …)

2013 – Das verlorene Jahr

2013 wird wohl kein gutes Jahr für die Verbreitung der Erkenntnis, dass fossile Energieträger endlich sind und bereits weit vor ihrem Ende mit Preis- und Versorgungs-Problemen zu rechnen ist. So zumindest lassen sich die aktuellen Artikel in der Wirtschaftspresse lesen, die Gewinnsprünge von US-Industrieunternehmen insbesondere mit den Fördererfolgen der Fracking-Technologie in Zusammenhang bringen. Im Artikel "US-Konzerne mit fetten Gewinnen" schreibt n-tv:

Gas kostet in den Vereinigten Staaten nur ein Drittel oder ein Viertel so viel wie in Europa. Auch Erdöl ist billiger. Denn die Energiekonzerne haben sich in den USA mit unkonventionellen Fördermethoden riesige neue Vorkommen erschlossen. Beim "Fracking" etwa werden tiefliegende Gesteinsschichten angebohrt und das dort lagernde sogenannte Schiefergas wird mithilfe von Chemikalien gelöst. Umweltschützer verdammen die Methode, Industrievertreter lieben sie. Denn dank sinkender Energiepreise bleibt mehr Geld in der Kasse übrig.

Immerhin hat der Artikel den Untertitel "Paradies mit Schönheitsfehlern". Wobei die "paradiesischen Zustände" von n-tv sich vor allem an Konzernüberschüssen zeigen, nicht unbedingt an unberührter Natur.

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Öl-Sanktionen gegen Iran, Streiks in Nigeria

Laut Zeitungsberichten haben sich die EU-Länder grundsätzlich auf ein Öl-Embargo gegen Iran geeinigt, der Startzeitpunkt steht noch nicht fest. In die EU exportiert der Iran 450.000 Barrel pro Tag, insbesondere nach Italien, Spanien und Griechenland. Die Iraner meinen, ihr Öl leicht an andere Kunden verkaufen zu können, doch das scheint angesichts eines Streits mit China nicht sicher. China hat seine Importe aus Iran im Januar und Februar halbiert, da man ein Zahlungsziel von 90 Tagen wünscht, während der Iran nur 60 Tage auf sein Geld warten will. Auch wenn die Chinesen also öffentlich das EU-Embargo mangels internationalem Vorgehen (über die UNO?) kritisieren, spielt die Situation doch in ihre Hände. Vielleicht ist ja Indien an mehr iranischem Öl interessiert? (mehr …)

Suez, WTI vs. Brent, Bundeswehr und Ölspionage

Auf dem globalen Ölmarkt gibt es seit geraumer Zeit die Seltsamkeit, dass die Preise für verschiedene Rohöl-Sorten sich stark unterscheiden. West Texas Intermediate (WTI) kostet heute mit ca. 87 Dollar fast 15 Dollar weniger als die Nordseesorte BRENT (Charts bei  finanzen.net). Dabei ist beides ja prinzipiell derselbe Stoff. WTI wird in Nordamerika gehandelt, Brent in Europa. Und obwohl Erdöl ein globaler Rohstoff mit globalen Handelswegen ist, unterscheiden sich diese Preise derzeit so stark, dass man vermuten muss, es handele sich um zwei völlig verschiedene Produkte. (mehr …)