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Libyen, Syrien und Iran, November 2013

In der Presse wird eine neue diplomatische Ära mit dem Iran gefeiert. Israel findet es nicht so gut, dass der Iran wieder Uran anreichern darf. Lockerungen der Sanktionen werden offenbar diskutiert, auch wenn Reuters das US-Präsidialamt mit der Aussage zitiert, "in den kommenden sechs Monaten dürfen iranische Rohölverkäufe nicht zunehmen". Das läßt Ausblicke auf den 7. Monat zu. Und es bedeutet offenbar, dass keine weiteren Verschärfungen der Ölsanktionen geplant sind. In der NZZ wies Gerald Hosp schon vor 2 Wochen darauf hin, dass Iran schon vor den verschärften Sanktionen 2011 Mühe hatte, sein Förderniveau von 3,7 mb/d aufrecht zu erhalten. Derzeit findet rund 1 Mio Barrel Tagesförderung weniger den Weg aus der Erdkruste in die globalen Pipelines. Bereits Ende Oktober berichtete swiss-persian.ch über eine "neue Generation" iranischer Ölverträge, die am März 2014 ausländischen Investoren bis zu 100% der Fördermengen zusprechen würde.

Aus Syrien, wo Iran in einen Stellvertreterkrieg verwickelt ist, werden ebenfalls Nachrichten mit Ölbezug gemeldet. Demnach hätten "islamistische Rebellen" das größte syrische Ölfeld Al-Omar eingenommen. Die Ölversorgung der Assad-Regierung sei damit bedroht und damit die Treibstoffversorgung der Zivilbevölkerung und der Armee. Wenn die Assad-Regierung nun von der Selbstversorgung mit Treibstoffen abgeschnitten ist, ist sie noch viel abhängiger von äußeren Mächten. Die Süddeutsche Zeitung vermutet, dass die Assad-Regierung Treibstoffe auch aus dem Iran bekommt. Wenn eine Annäherung der Industriestaaten an den Iran zustande kommt, könnte dieser gedrängt werden, seine Treibstofflieferungen einzustellen, womit das Schicksal der Assad-Regierung besiegelt wäre: Ohne Treibstoffe dürfte die syrische Armee der bisherigen Regierung kein Schutz mehr sein.

Die MENA-Region (Middle East, North Africa) kommt nicht zur Ruhe. Wintershall hat nun seine Ölförderung in Libyen erneut eingestellt, meldet SPIEGEL ONLINE mit Bezug auf einen Bericht der WELT AM SONNTAG. Demnach ruht die Förderung schon geraume Wochen, weil die Exportterminals bestreikt werden. Laut News24.com verlangen die Protestierenden eine fairere Verteilung der Ressourcen ihrer Region, wobei der Artikel nicht klar macht, ob sich diese Forderung an die (instabile) libysche Regierung richtet oder an die Abnehmerländer. Deutschland bezog 2012 aus Libyen immerhin 9% seiner Ölimporte, was das Land zum viertgrößten Öllieferanten des Exportweltmeisters macht. Auch Österreich ist von der Exportblockade betroffen. OMV bezog vor dem Bürgerkrieg etwa 10% seiner Mengen aus Libyen und senkte aufgrund der aktuellen Situation in Libyen Anfang November seine Förderprognose für das Jahr 2013.

OMV kaufte sich kürzlich mit der größten Akquisition der österreichischen Industriegeschichte in norwegische Ölfelder ein, die wissen warum. Dort feierte RWE DEA Norge grade seinen 40. Geburtstag und läßt per Pressemitteilung verlauten: "Erdöl und Erdgas aus Norwegen auch in Zukunft gefragt". Nicht nur norwegisches Öl, könnte man sagen, denn auf Echo-Online wird eine erfolgreiche Probebohrung beim Bohrfeld Stockstadt vermeldet: Mitten in Hessen wird ein Feld reaktiviert, aus dem zwischen 1952 und 1994 sieben Millionen Barrel gefördert wurden. Die Wiedererschließungsbohrung stellt fest: Es gibt noch Öl im Feld. Ob es sich lohnt, daraus wieder zu fördern, wird derzeit geprüft. Sicher ist schon jetzt: Den libyschen Ausfall wird dieses Feldchen nicht ausgleichen können. Dass seine Wiederbelebung dennoch geprüft wird belegt, wie stark sich die Situation seit seiner Schließung 1994 geändert hat.

Fürs Protokoll:

Österreich: OMV sucht nach sichereren Ölquellen. Zukauf in der Nordsee

Selbst Ölfelder, die ihr Fördermaximum überschritten haben, sind noch richtig was wert: Die österreichische OMV beteiligt sich mit etwa 2 Milliarden Euro an Öl- und Gasfeldern in der Nordsee. Statoil, der norwegige Staatskonzern, ist der Verkäufer dieser Anteile. Den Aktionären scheint der Deal nicht ganz so gut zu gefallen, nach Bekanntwerden sinkt der OMV-Kurs, während der Statoil-Kurs zulegt. Laut OMV-Chef Roiss handelt es sich um die "größte Akquisition in der Industriegeschichte Österreichs".

Begründet wird der Einstieg von OMV-Chef Roiss mit der Stabilität in Europa, die er offenbar in anderen Welt-Teilen nicht mehr so gegeben sieht. Dabei dürfte dem Konzernchef noch in den Knochen stecken, dass Libyen in 2010 noch fast ein Viertel des österreichischen Imports lieferte, seine Lieferungen in 2011 um zwei Drittel herunterfahren musste. Die libysche Revolution verschob die österreichischen Importe zugunsten von Irak, Nigeria, Saudi-Arabien und Russland. Zusammen mit Kasachstan, was mit 29% der größe Öllieferant ist, liefern diese Länder 84,6% der österreichischen Importe. Immerhin 11,4% seines Verbrauchs förderte Österreich 2012 im Inland (zum Vergleich: Deutschland fördert keine 3% selbst).

Oesterreich - Foerderung, Verbrauch, Selbstversorgungsgrad (mehr …)

Ölreiche ostlibysche Region Cyrenaika erklärt Autonomie

Die ölreiche Region Cyrenaika in Libyen hat sich zur halbautonomem Republik erklärt. Einige sehen das als Einrichtung eines modernen Föderalismus, andere sehen die Spaltung Libyens bevorstehen. Von Bengasi, der wichtigsten Stadt der Region, ging die Revolution gegen Gaddafi aus. Rund um die Stadt liegen auch die wichtigsten Öl-Fördergebiete des Landes. Der Rohstoffreichtum wird der Region sicherlich helfen. Doch was bedeutet dies für die anderen, weniger ölreichen Regionen des nordafrikanischen Landes? Könnten neue Konflikte im Land entstehen?

Unruhen in Kasachstan – Ölarbeiter fordern mehr Geld

In Kasachstan kamen laut Medienberichten gestern 10 Menschen bei Zusammenstößen ums Leben. Über die Öl-Stadt Schanaosen wurde der Ausnahmezustand verhängt. Offenbar fordern Ölarbeiter höhere Löhne. Kasachstan ist für die weltweite Ölversorgung wichtig, laut CIA-Factbook produzierte das Land in 2010 1,6 Millionen Barrel Erdöl pro Tag und liegt damit auf Platz 19 der weltgrößten Förderer, direkt nach Libyen, dessen Förderausfall im Februar den Ölpreis von 100 auf über 120 US$ katapultierte und dazu führte, (mehr …)

Ölverbrauchsprognosen gesenkt

Angesichts der Finanzkrise, die auf die Realwirtschaft übergreift, wird voraussichtlich weniger Öl verbraucht als prognostiziert. Die Angaben in Millionen Barrel pro Tag:

alte Prognose für 2011 neue Prognose 2011 Prognose 2012
OPEC 88,15 88,0 89,3
IEA 89,3 89,5 90,7

Obwohl die Prognosen gesenkt wurden, wird in der Tendenz mit einem steigenden Verbrauch gerechnet. Kein Wunder: In Asien ist der pro-Kopf-Verbrauch noch weit vom westlichen Niveau entfernt.

Die IEA rechnet damit, dass Libyen bis Ende 2011 wieder 300.000 Faß Öl pro Tag liefert, bis Ende 2012 könnte die Produktion auf 1,1 Millionen Faß gesteigert werden. (Quelle: FTD) Anzunehmen ist jedoch, dass bei Anhalten des Bürgerkriegs die Öl-Infrastrukturen bevorzugtes Angriffsziel sein dürften - so wie gestern eine Raffinerie.

Ein paar Blicke in die Öl-Presse

Ein paar Nadeln aus dem großen Heuhaufen:

IEA-Länder zapfen Ölreserven an: Preisrutsch am Ölmarkt

Allein die Ankündigung sorgte gestern für einen 5%igen Preisrutsch an den Ölmärkten: Die Internationale Energieagentur (IEA) will im Zusammenspiel mit seinen Mitgliedsländern 60 Millionen Barrel Öl in den Markt geben. Quelle für dieses Öl sind die strategischen Reserven der Länder und der IEA. Die Hälfte dieser Menge kommt von den USA, Deutschland trägt 4,2 Millionen Barrel bei. Als Begründung wird der Libyen-Konflikt genannt, der zu einem Ausbleiben von 132 Millionen Barrel bis Ende Mai führte.

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Die Spekulanten stehen noch an der Seitenlinie

Die Rohstoffpreise legen kräftig zu und wir dürfen als Verbraucher weiter rätseln, was der Grund dafür sein könnte. Tagesaktuelle, herausragende neue Nachrichten in nennenswertem Umfang, die neue Jahreshochs erlauben würden, gibt es nicht.

Denn im Prinzip liegen alle Fakten auf dem Tisch - angefangen bei der reichlichen Versorung der Märkte mit Liquidität, über Wirtschaftswachstum, den bekannten Problemen in den Ölförderstaaten - bis hin zur Abkehr von der Atomenergie, die mit fossilen Energieträgern aufgefangen wird und den möglichen umfangreichen Käufen ziviler und militärischer Einrichtungen, die sich auf Krisengebiete, Evakuierungen usw. einrichten müssen.

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