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Fracking: Was bringt’s?

Im Nachgang zur ARTE-Doku "Gas Monopoly" kam die Frage auf, wie weit der Hype um Fracking tatsächlich trägt. Wir sind der Sache mal nachgegangen, haben die Statistiken der US-Energiebehörde durchstöbert und mit Dr. Steffen Bukold von EnergyComment gesprochen. Die aufgefundenen Daten reichen leider nicht bis ins Jahr 2012.

Grundsätzlich gilt: Fracking ist in den USA eine offensiv eingesetzte Methode, die zu vergleichsweise großen Förderungen führt. Folgende Grafik zeigt die jährlichen Fördermengen durch "Shale Gas", Schiefergas, welches seit wenigen Jahren durch Fracking gefördert wird.

Die Anzahl der Gasquellen, aus denen gefördert wird, hat sich in den vergangenen 20 Jahren von 250.000 auf 500.000 verdoppelt, wobei der Boom etwa ab dem Jahr 2000 einsetzte:

In der Gesamtförderung macht sich die neue Fördermethode bemerkbar. Der Anstieg ab 2005 im seit den 70ern bestehenden Förderplateau ist hauptsächlich auf Shale Gas und die Fracking-Methode zurückzuführen.

Wie der folgende Chart zeigt, geht die Energiebehörde von einem auch künftig großen Anstieg des Anteils von Shale Gas/Schiefergas an der US-Gasproduktion aus. In 2009 waren die USA noch Netto-Importeur, heute sind sie bereits Netto-Exporteur von Gas.

Der Gaspreis für Industriekunden bewegt sich auf 4 Dollar pro Tausend Kubikfuss zu, wobei die Preise üblicherweise über das Jahr hinweg stark schwanken. Allerdings hat sich, wie untenstehende Grafik zeigt, die Schwankungsbreite zumindest für industrielle Abnehmer mit dem Fracking-Boom stark verringert. Planungssicherheit ist die Folge:

Ein Problem stellt dieser Preisverfall allerdings für die produzierenden Firmen dar. Laut EnergyComment verdienen diese ihr Geld nicht mit dem Verkauf des Gases, sondern hauptsächlich mit dem Flüssiganteil in den Gasen: Natural Gas Liquids (NGL) werden oft schon dem Öl zugerechnet. Etwa 10% der geförderten Kohlenwasserstoffe sind NGL. Der Bestand der Gasfirmen ist deshalb stark an den Ölpreis gekoppelt. Kritisch muss man auch die Lebensdauer der einzelnen Bohrungen sehen. Oftmals sind die Reserven einer Bohrung bereits nach 2 Jahren erschöpft. Der Energy Return On Energy Invested (EROEI), also die Energieausbeute pro investierter Energie, dürfte irgendwann der Knackpunkt werden, denn der Aufbau der kurzlebigen Infrastruktur verschlingt natürlich ebenfalls Energie.

Kritik an der unkonventionellen Gasförderung kommt aus den Nebenwirkungen. Wer sich 14 Sekunden Zeit nimmt darf in der Küche dieses Hauses Feuer aus einer ungewöhnlichen Quelle sehen: Aus dem Wasserhahn:

[youtube d6G6Ap-mF0k]

Was dort brennt ist Erdgas, wahrscheinlich per Fracking aus dem Stein gelöst und über das Grundwasser in die Haushalte transportiert. Bitte vorsichtig sein beim Atmen und Feuermachen. Brennende Wasserhähne als Kulturimpuls, Bildung per Hiphop-Song: "My Water's on fire tonight":

[youtube timfvNgr_Q4]

Spaßig finden es viele Bewohner von Youngstown/Ohio nicht, nachdem die Stadt im vergangenen Jahr von 11 Erdbeben erschüttert wurde, das stärkste mit einer 4,0 auf der Richterskala. Die Erdbeben werden mit der boomenden Fracking-Industrie in Zusammenhang gebracht, denn in den hundert Jahren zuvor kannte die Gegend keine Erdbeben. Ein Zusammenhang ist wahrscheinlich, denn Fracking bedeutet, unterirdisch Gesteinsschichten aufzusprengen. Kritik an der Fördermethode kommt auch daher, dass nach der Sprengung mit Chemikalien versetztes Wasser in das Bohrloch gepresst wird, welches die Gesteinsrisse offen hält. Bei weitem nicht alles der Flüssigkeit kann wieder abgepumpt werden, so dass die Frage offen ist: Was passiert mit den Chemikalien im Boden? Erreichen sie wasserführende Schichten und damit das Grundwasser?

Diese mit der Fördermethode einhergehenden Probleme entwerten dann auch die großen Mengen an Gas oder Öl, die weltweit wohl per Fracking förderbar wären. Frankreich hat die Methode bereits verboten, in Deutschland gibt es Versuche, die aber mit großen Bürgerprotesten einhergehen.

Fracking hat auch großen Einfluss auf die Ölproduktion, denn nicht nur Erdgas sondern auch Erdöl ist in aufsprengbaren Gesteinsschichten gebunden. Die folgende Grafik zeigt einen Anstieg der US-Ölproduktion in den vergangenen Jahren. Der lokale Peak Oil in den USA wurde bereits Anfang der 1970er erreicht, nach einem Zwischenhoch Mitte der 1980er war die Produktion auf Sinkflug. Nun steigt sie wieder.

Lokalisieren läßt sich dieser Anstieg insbesondere in Nord-Dakota. Seitdem dort gefrackt wird, explodiert die Ölförderung:

 

Insofern läßt sich sagen: Ja, Fracking bringt einiges. Die Methode eröffnet den Zugang zu bislang brachliegenden Reserven, sowohl was Erdgas als auch was Erdöl betrifft. Die Nebenwirkungen sind jedoch beträchtlich und bedenklich.

Eine Übertragbarkeit in andere Regionen der Welt ist fraglich. Voraussetzungen dafür ist eine hochentwickelte Erdgas-Industrie, ein enges Transportnetz für das Gas und Erfahrungen in dem Bereich hat bislang nur die USA. Neben fehlendem KnowHow ist es insbesondere die rechtliche Situation, die Fracking in Europa begrenzt. Frankreich hat die Methode letzten Frühjahr verboten, auch in Deutschland gibt es Verbotsforderungen. Das deutsche Bergrecht setzt den Förderwünschen starke Grenzen, im Münsterland hat Exxon Mobil aufgrund starker Proteste seine Aktivitäten eingestellt. Kritische Webseiten zu dem Thema sind www.gegen-gasbohren.de sowie www.unkonventionelle-gasfoerderung.de. Von dort stammt auch Info wie, dass das Wirtschaftsministerium bislang keine Gefährdung durch die Fördermethode ausmachen kann oder dass die CDU in einem Zwiespalt steckt, da die lokale Politik eher einem Verbot zugeneigt ist, während die Bundespolitik eher Förderstätten ausbeuten lassen will.

 

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7 Kommentare to “Fracking: Was bringt’s?”

  1. Tom Schülke sagt:

    Das sind interessante Daten. Ganz offensichtlich steckt im Fracking tatsächlich Potential.

    zwei Fragen kamen mir dabei in den Sinn. Wie weit lässt sich rein geologisch abschätzen, auf wie viele Öl bzw.Gasfelder die Methode anwendbar ist.. also natürlich die Frage in wie weit man abschätzen kann dass sich der Peak Oil bzw. Gas hinauszögert, oder ob durch das Verfahren am Ende so wie bei bisherigen EOR verfahren, der Förderabfall um so steiler ist.

    Das zweite ist eher die Überlegung dass man sich vorstellen kann, dass politische Bedenken wie in Frankreich im Anbetracht eines Szenarios wie Peak Oil bestimmt ins Wanken geraten werden.

    nichts desto trotz sehr gute Informationen.

  2. Tom Schülke sagt:

    Eine Frage kam mir noch zusätzlich. Natürlich der EROEI der Verfahren. gibts dazu auch schon einschätzungen

  3. smiths74 sagt:

    Fracken ermöglicht die Erschließung bisher unmöglicher Lagerstätten..aber unter was für einem Aufwand! Auffällig ist bei den gefrackten Bohrungen, das die Förderung zunächst sehr steil ansteigt aber nach 1-2 Jahren ihren Peak erreicht und dann der decline sehr steil ist. Manche Löcher werden dann ein weiteres mal “gefrackt”, erreichen dabei aber nie wieder den Peak des vorherigen “Fracks”. Soll die Gesamtförderung also weiter steigen muss in Jahr 3 mehr gebohrt werden als im Jahr 2, in Jahr 4 mehr als in Jahr 3..ein “rat race”. Die Bohrindustrie freut´s! Doch der eigentliche Killer sind die Methanemissionen. Entweichen bei einem konventionellen Gasfeld im Lebenszyklus etwa 0,01% des Methans, sind es bei gefrackten rund 2%..
    Methan hat einen rund 21 mal stärkeren Klimaeffekt als CO2!

    Viele Grüße

    smiths74

  4. smiths74 sagt:

    Wie geht fracking?
    Hier wird es in schönen Bildern gezeigt:
    [url=http://www.aspo-usa.org/conference/2011/presentations/110311%201900%20ASPO%20Shale%20Gas%20Rush%20Ingraffea.pdf[/url]

  5. Sukram sagt:

    Es gibt ja noch andere EOR, wie CO2-Einpressung- als Beispiel
    http://beta.fool.com/elmosworld/2012/01/27/end-easy-oil/1358/?source=TheMotleyFool
    hier 20% höhere Ausbeute mit beachtlicher Gewinnspanne.
    Und wahrscheinlich kann man das ggf. auch kombinieren.

  6. Sukram sagt:

    PS:
    ExxonMobil: In zwei Jahren Gas-“Fracking” ohne Gift
    http://www.cash.ch/news/boersenticker/rss/exxonmobil_in_zwei_jahren_gasfracking_ohne_gift-1128976-450

    Na also- “geht doch”.
    Schaun’ mer mal.

Diesen Eintrag kommentieren: Tom Schülke

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