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Kommt Elektromobilität übers CarSharing?

Elektro-Autos verkaufen sich nicht. 43 Millionen angemeldeten PKW standen Anfang 2012 nur 4.541 Elektro-PKW und 47.642 Elekro-Hybride gegenüber. Gerade also einmal 0,12% der deutschen PKW-Flotte wird (teil-)elektrisch angetrieben. Stattdessen mehren sich die Meldungen, dass die Autohersteller zunehmend als Auto-Vermieter auftreten und ins CarSharing-Geschäft einsteigen. Jüngster CarSharing-Anbieter: Citrön.

Die Firma muss sich dringend etwas Neues einfallen lassen, die Krise der Automobilbranche hat auch den französischen Hersteller erwischt. Die Aktie des Konzerns ist jetzt sogar aus dem Leitindex der Pariser Börse geflogen. Im Vergleich zum August 2011 wurden in Frankreich 11,4% weniger Neuwagen verkauft, auch Citröns Absatz lag um 10% unter den Werten des Vorjahres. Nicht so schlecht, wie der Absatzeinbruch von Ford: Die US-Amerikaner verkauften 43% weniger Wagen als 2011! Eine halbe Million Menschen arbeiten in der französischen Automobilindustrie, deren Erhalt und einen zeitgleichen Umbau hin zu mehr Elektromobilität will die neue französische Regierung mit Prämien (auf Staatskosten) fördern: 7000 Euro Kaufanreiz sollen für reine Elektro-, 4000 Euro für Hybride bezahlt werden. Angesichts einer Staatsschuldenkrise in Europa ein zwiespältiges Staatsgebahren.

In Berlin hat Citrön jetzt ein CarSharing-Modell rein auf Elektrobasis gestartet. 500 Fahrzeuge sollen frei innerhalb des Berliner S-Bahn-Ringes geparkt werden und ohne feste Stellplätze nutzbar sein. 2,50 Euro pro 10 Minuten ohne Monatsgebühr und 2 Euro für 10 Minuten bei einer 10-Euro-Monatsgebühr werden für die Nutzung fällig. Angesprochen werden sollen offenbar Kurz-Nutzer. Eingesetzt wird der auf dem Mitsubishi iMiEV basierende C-Zero. Wer die Flotte nutzen will, muss sich bei Citrön anmelden.

Auch BWM und Mercedes sind vor einiger Zeit ins CarSharing eingestiegen. BMW arbeitet unter der Marke "Drive Now" mit dem Autovermieter Sixt zusammen und hat an den Standorten München, Berlin und Düsseldorf 45.000 Mitglieder. San Francisco wird der erste Standort in den USA, dort ist Sixt jedoch nicht mit im Boot. Der Ausbau der CarSharing-Aktivitäten in Deutschland drückt allerdings den Gewinn von Sixt, die zwar mit einem guten Jahr 2012 rechnen, aber die aufscheinende Wirtschaftskrise mit Sorge betrachten. Auch Daimler ist mit Car2Go im CarSharing-Bereich angekommen, bietet Minuten-, Stunden- und Tagespreise in Berlin, Düsseldorf, Hamburg Köln und Ulm und bietet genau wie Citrön in allen Städten ein "Geschäftsgebiet", in dem der Wagen wieder abgestellt werden muss, damit die Miete endet. Allerdings gilt das nicht für Elektro-Fahrzeuge, diese müssen an passenden "Stromstellen" abgestellt werden. In Hamburg arbeitet Car2Go mit der Hamburger Hochbahn zusammen, die jedoch ein ganz eigenes Ziel verfolgt: Die Hamburger vom eigenen Auto abzubringen und stattdessen Mobilitätsangebote des ÖPNV zu nutzen - zu denen künftig auch das CarSharing gehören könnte.

Renault brache kürzlich sehr intensiv seine Elektro-Flotte ins Gespräch und spielt wohl ebenfalls mit dem Gedanken, sich im CarSharing umzutreiben. Gerüchteweise könnte dort der zwischen Moped und Smart angesiedelte Twizy Namensgeber sein: Twizy Mobility. Über eine Kooperation mit der Deutschen Bahn gibt es ebenfalls Gerüchte. Die Bahn betreibt mit "Flinkster" ihr eigenes CarSharing-Angebot und wäre angesichts eines möglichen CarSharing-Booms sehr gut aufgestellt: Filialen in jeder Stadt, große Flächen rund um die Bahnhöfe und das Kerngeschäft - der Schienenverkehr - als Zubringer zwischen den Städten.

Der CarSharing-Markt ist bislang von kleinen Anbietern geprägt, wie beispielsweise teilAuto. Das Unternehmen entstand weniger aus dem Wunsch heraus, neue Verwendungswege für eine alte Industrie zu finden, sondern weil 10 Leute in Halle an der Saale einen Skoda Favorit gemeinsam nutzen wollten. Seit 1993 erweiterte sich das Angebot des Dienstleisters im mitteldeutschen Raum und ist neben Leipzig, Dresden, Magdeburg und Halle auch in kleineren Städten wie Merseburg, Tharandt oder Weimar vertreten. Hier geht es auch weniger um die Milliardenumsätze der oben genannten Dinosaurier, sondern um einen Jahresumsatz von 4,4 Millionen Euro. Auch teilAuto bietet Elektro-PKWs an.

Der Bundesverband CarSharing e.V. hat in einem Positionspapier Elektromobilität und CarSharing die Schwierigkeiten auch für CarSharing-Anbieter benannt. Da diese Anbieter auf die "korrekte Nutzung" ihrer Kunden angewiesen sind - insbesondere das Anschließen des Fahrzeugs zum Aufladen ans Netz - ist eine psychologische Hürde zu nehmen. Möglich, dass die neuen CarSharing-Anbieter ihre künftigen Käufer auch mittels CarSharing im Umgang mit Elektromobilität "trainieren" wollen. Möglich auch, dass künftig eben die Produktion von Autos nur noch ein vorgelagerte Notwendigkeit für das eigentliche Geschäftsmodell ist: Mobilität zu ermöglichen. Das allerdings dürfte eine Radikalkur für die Autohersteller bedeuten: Statt Autos zu verkaufen, die 23 Stunden täglich mangels Fahrer rumstehen und im Schnitt nur 1,3 Menschen bei jeder Fahrt transportieren, könnte eine bessere zeitliche Ausnutzung dieser riesigen Kapazitäten die Zahl der existierenden Autos dramatisch reduzieren. Während heute im Schnitt mehr als jeder zweite Deutsche ein Auto sein Eigen nennen darf, teilen sich beispielsweise bei "Top Carsharing" in Heidenheim 50 Haushalte 3 Autos. Wenn auf 10 Menschen 1 Auto käme, würde das die heutige Fahrzeugflotte um den Faktor 5 verkleinern. Statt 43 Millionen PKW würden dann vielleicht noch 10 Millionen PKW auf hiesigen Straßen fahren bzw. stehen. Statt 3 bis 4 Millionen Neuzulassungen pro Jahr wären es dann vielleicht noch einige hunderttausend bis vielleicht 1 Million Fahrzeuge, die jährlich "ausgetauscht" werden müßten. Gesellschaftlich gesehen wäre das zu begrüßen, würde es doch bedeuten, dass ein ähnliches Mobilitätsniveau bei weitaus weniger stofflichem Ressourcenverbrauch sowie wesentlich geringem Einsatz menschlicher Arbeitszeit erreichbar wäre. Dagegen spricht die weitläufige "Zivilisationsangst Arbeitslosigkeit", für deren Linderung es neue Ansätze bräuchte, als staatliche Abwrackprämien. Diese Umstellung käme jedoch einem bislang recht ungewohnten Ansatz nahe: Statt Eigentum an einer Sache würde Teilhabeschaft an einem (Mobilitäts-)System in den Vordergrund treten.

Die Autohersteller sind nicht nur von der Wirtschaftskrise betroffen, sondern auch von einem Trendbruch der Kunden der Zukunft: Die Jugend kann am "Statussymbol Auto" nicht mehr viel finden und bewegt sich per ÖPNV oder mit dem Rad - oder will sogar autofrei leben. CarSharer haben deshalb Zulauf, bieten sie doch die Möglichkeit, unterschiedliche Auto-Typen ohne hohe Anschaffungskosten oder teuren Wartungsaufwand zu nutzen. Und da nicht jeder über eine Mobilitäts-Flatrate verfügt, wie das so manchem Mitarbeiter großer Firmen passiert (wie beispielsweise SAP-Mitarbeitern), besteht ein gewisses Maß an Wahrscheinlichkeit, dass die E-Mobilität ihren Durchbruch über das Teilen der Fahrzeuge erlebt.

2 Kommentare to “Kommt Elektromobilität übers CarSharing?”

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