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BP Energy Outlook und der Fracking-Hype

Die Firma BP mit Sitz in London hat kürzlich einen neuen BP Energy Outlook veröffentlicht. Darin versucht das Unternehmen wie in den Jahren zuvor einen Vorausblick der weltweiten Energieversorgung bis ins Jahr 2030. Die Annahmen, die dem Report zugrunde liegen, ähneln laut BP dem „New Policy Scenario“ der Internationalen Energieagentur (IEA). Die IEA, die ihren letzten Energiebericht im November 2012 veröffentlichte, geht in diesem Szenario davon aus, dass alle Nationen ihre angekündigten „neuen Energiepolitiken“ auch umsetzen. Die Schlußfolgerungen, die BP aus den Annahmen zieht, ähneln jedoch einem anderen IEA-Szenario: dem „Current Policies Scenario“, welches die derzeit gültigen Energiepolitiken änderungsfrei fortschreibt. BP erwartet also mit verstärkten politischen Maßnahmen laxere Ergebnisse. Für die Risiken in der Energieversorgung und die Umweltauswirkungen des Energiekonsums der Menschheit ist das eher negativ, für die im Öl- und Gasgeschäft tätige Firma BP eher positiv. Daher fällt es auch schwer, den BP Energy Outlook 2030 rein neutral zu lesen. Nicht selten finden sich darin Aussagen, die eher als politische Einflussnahme erscheinen, denn als neutrale Position.

Die Schlußfolgerungen des Berichts klingen dann auch wie eine subtile Handlungsaufforderung an den interessierten Politiker, alles vorzubereiten, damit BP seine Arbeit machen kann: „Wirtschaftswachsum benötigt Energie. Wettbewerb und Innovationen sind die dafür nötigen Schlüsselfaktoren (Energieeffizienz, neue Energiequellen). Energieversorgungssicherheit und Klimawandel bleiben Herausforderungen.“ (S. 80) Worauf der Konzern damit abzielt läßt sich erahnen, legt der Report doch sehr viel Wert auf die neuen, unkonventionellen Fördermethoden. Ein Drittel der Seiten dieses Outlooks sind direkt oder subtil mit den unkonventionellen Fördertechniken verbunden und man fragt sich, ob dies gerechtfertigt ist.

Aus diesen Überlegungen heraus ist ein etwas umfangreicherer Artikel für Telepolis entstanden, in dem ich versucht habe, die unkonventionellen Fördertechniken nochmal darzustellen, die aus meiner Sicht spürbare Einflussnahme der Förderindustrie auf die politischen Prozesse herauszuschälen und die Entwicklung nochmal in einem umfassenden Kontext zu setzen: Fracking: Auf zu neuen (Fall-)Höhen?

13 Kommentare to “BP Energy Outlook und der Fracking-Hype”

  1. Marcus Kracht sagt:

    Ein sehr schöner Beitrag. Wer die Zuschriften bei telepolis anschaut, wird erschrecken, wie viele Menschen noch nicht begriffen haben, wie ernst die Lage ist.

    Ich habe die Übersetzung meines Beitrags “Wunschlogik” fertig. Passt insofern, als es die unsinnigen Argumentationen aufs Korn nimmt, die man überall dann antrifft, wenn es um Interessen geht und nicht um Inhalte.

    http://www.domokos-kracht.eu/marcus/wunschlogik.html

  2. M.U. sagt:

    Schließe mich Marcus Kommentar an. Gelungener Beitrag. Ich wünsche ihm recht viele, hoffentlich intelligente, Leser.

    @Marcus
    Vielen vielen Dank für die Übersetzung.

  3. Tom Schülke sagt:

    Eine schöner Artikel.

    Gerade das Argument mit dem noch steileren Rückgang einer Ölversorgung, wenn der Tight-Oil-boom vorbei ist, ist äußerst bedenkenswert..

  4. Tom Reis sagt:

    Super Beitrag! Mir gefällt der letzte Absatz besonders gut..habe ich in meiner Thesis auch angesprochen. Wurde aber von der TU Wien ignoriert, weil unverkäuflich, da ja das Dogma des alles ist durch Technik machbar hinterfragt wird! Tja wir werden alles an fossiler Energie für sinnlosen Luxus verbrennen! Seit vielen vielen Jahrzehnten passiert viel zu wenig.

    • Tom Reis sagt:

      Nachtrag: Das Totschlagargument, dass ja Strom aus fluktuierenden Quellen wie Wind und Sonne ja gespeichert werden muss…ja wie es in ein paar Jahrzehnten aussieht, wird der Mensch sich genau auf dieses Scenario einstellen müssen, denn ein teure und komplexe Speicherung wird dann nicht mehr drinnen sein, denn der EROI bei den non conventional Fossilen geht ja auch ins Geld, dass später wieder fehlt…

  5. Frank sagt:

    Sehr guter Beitrag. Eine Zusammenfassung der derzeitigen Lage. Schaut man noch auf den Kapitalbedarf für diesen Hype, kann man schon verstehen, dass BP und Co. die Zukunft hellrosa malen. Wenn ich die Investoren bei Laune halten will, muss ich sie in Zuckerwatte packen. Dabei sollten eigentlich die Warnlampen an sein, wenn Ermittlungen wegen falsch gelieferter Förderdaten gegen die Gasförderer laufen und wenn sich Pipelines nicht rechnen. Woher soll eigentlich das durch billige Energie induzierte Wachstum kommen um den Schuldentsunamie zu bewältigen. Wenn wir wie in dem Artikel beschrieben über die krasse Energieklippe springen, platzt die Schuldenblase auf jeden Fall.

  6. Tom Schülke sagt:

    Hallo liebe leute…

    Mir hat der Artikel ja sehr gut gefallen, und insbesondere Die Argumentation am Ende, die sich mit dem steilen Förderabfall der Frack-bohrungen beschäftigte und diese als Risiko für einen sehr viel steileren Rückgang der Tight-Oil gesamtkurve beschrieb fand ich interessat.

    Das ganze spukte mir heute morgen durch den Kopf, und ich habe nun das Gefühl das darinn ein Denkfehler steckt..

    Bei einer Eizelquelle haben wir einen Rückgang von 30% pro Jahr, was ein dramatischer Rückgang ist.

    Campbel argumentierte aber zb. bei der Bewertung der zukünftigen Fördermengen, dass nicht so sehr die Einzelprofile der Cruideoil Bohrungen relevant sind, sondern die Frage, wann man wie große Felder und wie viele findet. Das Argument ist schlüssig und kann auch auf die Tight-Oil erschließungen angewandt werden..

    Theoretisch kann ich mir Förderprofile vorstellen die gar keine Glockenform bei Einzelquellen haben ,sondern rein rechteckig sind.. am Tag 1, zb. 100 Barrel pro tag, und am Tag 500 auch 100 Barrel pro Tag und dann am Tag 501 Null Barrel pro Tag.

    Wenn ich nur genügend einzelquellen finde, kann sich aber aus der Summe solcher theoretischer Einzelförderprofile dennoch eine ganz gleichmäßige Gesamtkurve ergeben, die auch einen Sanften Förderabfall in der Summe Ergibt.

    Lediglich wenn ich schlagartig das Bohren lassen würde hätte ich die Auswirkungen des 30% Rückganges zu verdauen..

    Demnach würde die tightoil Förderrate insg. eher von den Weltmarktpreisen , und der Frage abhängen ob wir ausreichend Förderrigs bekommen und wie Stark die Hotspots beim Fracking verteilt oder konzentriert sind. Also , wie wirksam hier geologisch das Best first Prinzip greift..

    Entwarnung ? Vielleicht was den Förderabfall betrifft. Aber die Tatsache, dass uns das Fracking kollektiv in sicherheit wiegt führt natürlich zu sorglosigkeit die wir auch so alles andere als zulassen dürften.. 20 Jahre bis 2030, selbst wenn diese Prognosen treffen sind eine verdammt kurze Zeit gemessen am bisherigen Ölzeitalter..

    mach ich einen Denkfehler ?

    gruß Tom

    • Marcus Kracht sagt:

      @Tom Schülke

      Das Argument ist in Ordnung. Deswegen studieren viele mit Interesse die Statistiken über die Anzahl der Borstellen. Hier ein recht aktueller Beitrag von Kjell Aleklett:

      http://aleklett.wordpress.com/2013/01/20/u-s-rig-count-for-oil-and-gas-and-future-economic-growth/

      • Tom Schülke sagt:

        Hallo Marcus,

        Das sieht mir nicht danach aus, als würde der Himmel voller neuer Ölfässer hängen. Der Tenor des Artikels hinterlässt bei mir das Gefühl, dass es schwer wird die Tightoil produktion massiv auszuweiten. Ich hätte ja früher nie gedacht, dass ein paar bunte Tabellen und Statistiken derartig interessant sein könnten…

    • Norbert Rost sagt:

      Man korrigiere mich: Die Summe einzelner Kurven desselben Typs ist selbstähnlich zu diesen Kurven. Natürlich kann man durch cleveres Steuern der Fracking-Intensität die Gesamtkurve sanfter abfallen lassen, das bedingt aber KOORDINATION der Fracker. Der von Marcus verlinkte Aleklett zeigt den Rückgang der Bohraktivitäten parallel mit dem Wirtschaftseinbruch 2009. Das sieht nicht nach “Koordination” im Sinne von Schadensvermeidung aus, sondern nach typischer Kontraktion. Im Effekt haben sich die Bohraktivitäten halbiert und genau sowas kann das Cliff auslösen.

      Das Risiko für die Versorgung bekommt also eine “neue Struktur”. Das heißt nicht, dass die sich letztlich herausstellende Förderkurve der Frac-Form ähnelt, aber es bedeutet eben beispielsweise, dass jeder spätere plötzliche (!) Ausstieg aus dieser Technik zu einem schnelleren Rückgang führt, als er bisher in unseren Szenarien angedacht ist. Ein “Ausstieg” wäre in diesem Sinne eben auch, wenn all die Bohrleute mal für ein Jahr streiken. Ruckzuck verliert die USA ein Drittel des Fracking-Öls mit harschen Konsequenzen.

      Übrigens habe ich hier ein interessantes Protokoll eines US-Repräsentantenhaus-Ausschusses von Anfang der 1980er gefunden, wo man ausgehend von der Erfahrunen des arabischen Ölembargos über ein resilienteres Energiesystem nachdenkt:

      http://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=pur1.32754078075011;seq=9;view=1up;num=5

      • Tom Schülke sagt:

        “Die Summe einzelner Kurven desselben Typs ist selbstähnlich”

        Ich glaube das trifft nicht zu. Solange das Auffinden neuer Tightoil-Felder einer zb. Normalverteilungskurve entspricht.. man könnte ja auch aus 10000 Reinen Rechteckförderprofilen eine relativ sanfte Kurve produzieren. (Hallo Mathematiker hier im Forum.. Stimmt das ?)

        “aber es bedeutet eben beispielsweise, dass jeder spätere plötzliche (!) Ausstieg aus dieser Technik zu einem schnelleren Rückgang führt, als er bisher in unseren Szenarien angedacht ist.”

        Aber Du hast völlig Recht..Wenn Die mal ein Jahr streiken, dann gehts mit dem Tightoil dramatisch in den Keller.. oder wenn sich zeigen sollte, das alles knapp abseits der Hotspots nicht wirtschaftlich ist..

        Tom

        • Norbert Rost sagt:

          Achtung: Der zeitliche Aspekt spielt natürlich eine Rolle. Alle Kurven schlicht addiert ergibt eine zu diesen Kurven selbstähnliche Kurve. Wenn du die Addition aber zeitversetzt machst, kommt eine andere Kurve raus.

  7. steffomio sagt:

    200 neue Bohrlöcher pro Monat für Schiefergas allein in Pennsylvania.
    Das zeigt das Ausmaß, wie viel gebohrt wird.
    Wahnsinn!

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