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Weltenergierat sagt Peak Oil ab

Der Generalsekretär des Weltenergierates/World Energy Council Christoph Frei wird derzeit in der Presse zitiert mit dem Satz:

"Peak Oil, also der Punkt, ab dem die weltweiten Ölreserven beginnen zu schrumpfen, hat sich in die ferne Zukunft verlegt“

Ach nein, er wird zitiert mit:

«Peak Oil, dass also der Welt das Öl ausgeht, hat sich in die ferne Zukunft verlegt»

Hoppla.

Wir wissen nicht, was er wirklich gesagt hat, aber wenn der Satzinhalt sinngemäß stimmt, zeigt dies, dass er Peak Oil nicht verstanden hat, denn es geht bei dem Phänomen nicht um schrumpfende Ölreserven, sondern um eine begrenzte und schrumpfende Fördergeschwindigkeit. Gehen wir aber mal von journalistischer Schludrigkeit aus und unterstellen, dass Frei das Richtige gesagt oder zumindest gemeint hat, so bleibt die Presseberichterstattung dennoch diffus und in ihrer Überschriftenwahl tendentiös. Es werden keine Jahreszahlen genannt, ab der "die ferne Zukunft" beginnt. Für manchen mag dies 2020 sein. Das Papier des World Energy Council/Weltenergierat, einer Nicht-Regierungsorganisation mit dem Schwerpunkt Energie, redet Peak Oil zwar tot, macht aber überwiegend Angaben zu Öl-Reserven und redet daher am Thema vorbei. Im Papier finden sich keine detaillierten Aussagen über das Peak-Oil-Problem, stattdessen werden Angaben zur statischen Reichweite der Reserven einzelner Länder gemacht, über die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sagt:

"Eine unkritische bzw. undifferenzierte Darstellung und Nutzung der Statischen Reichweite führt zwangsläufig zu Missverständnissen. Die Statische Reichweite ist nur bedingt dazu geeignet, belastbare Aussagen über die künftige weltweite Versorgung mit Energierohstoffen zu treffen. Sie ist kein Prognose-Instrument, sondern stellt eine Momentaufnahme in einem sich dynamisch entwickelnden System dar."

PS:

9 Kommentare to “Weltenergierat sagt Peak Oil ab”

  1. Florian Hoppe sagt:

    @Interview mit dem Historiker Bösch: Gail Tverberg hat in ihren Artikeln ebenfalls schon mehrfach drauf hingedeutet, daß der Knick in den Ölpreisen Anfang der 80er der eigentliche Auslöser für den Kollaps der Sowjetunion und des Ostblocks war.

    BJ Doyle alias Rockman hat es in einem Satz ja auf den Punkt gebracht:

    “How much oil the world is producing today and will in the future isn’t nearly as important as how much it will cost and who will control it.”

    “Wie viel Öl die Welt heute und in der Zukunft produziert, ist nicht annähernd so wichtig, wie die Frage wieviel es Kosten wird bzw. und wer die Kontrolle über die Reserven haben wird.” (Ja, ich habs ein bisschen frei übersetzt.)

    Seltsamerweise ist Rockman’s POD Theorie (Peak Oil Demand) in der Peak Oil Szene ein Streitthema. (Viele Peak Oiler streiten z.b. bis heute über den genauen Zeitpunkt des konventionellen Förderpeaks, eine Debatte, welche Rockman für sinnlos hält und möglicherweise für seinen “Bann” bei The Oil Drum mitverantwortlich war…)

    • Norbert Rost sagt:

      In der Sachsen-Studie habe ich versucht eine Unterscheidung zu machen zwischen

      “Peak Oil im engeren Sinne”: Der Höhepunkt in der (globalen) Ölförderung

      und

      “Peak Oil im weiteren Sinne”: Die Auswirkungen dieses Höhepunkts.

      Das lese ich in “Peak Oil Dynamik” wieder.

  2. Florian Hoppe sagt:

    Für Interessierte zum Thema Pro/Contra POD:

    http://peakoil.com/forums/peak-oil-dynamic-t68406.html

  3. Florian Hoppe sagt:

    http://ourfiniteworld.com/2013/10/14/two-views-of-our-current-economic-and-energy-crisis/

    Ein neuer Artikel von Gail Tverberg, allerdings nicht viel Neues. Des Weiteren muß ich gestehen, daß ichinzwischen eine gewisse Kritik an Gail wegen ihres kompletten Ausblendens von Politik, inzwischen etwas nachvollziehen kann.

    • Ert sagt:

      Tja,

      jeder hat anscheined seinen blinden Fleck.

      Ich sehe Gail also Bereicherung in den Aspekten zu ehemals reinen “Peak” Oil.

      Norbert hat es aber noch geiler ausgedrückt: Peak Oil ist: “es geht bei dem Phänomen nicht um schrumpfende Ölreserven, sondern um eine begrenzte und schrumpfende Fördergeschwindigkeit”.

      Das aber die Politik viel durch Subventionen, Steuermodelle, Förderungen und Gesetzgebungen steuern, abfangen und verschieben kann – das hat Sie in der Einschätzung Ihrer Systemdynamik wirklich nicht auf dem Schirm bzw. explizit formuliert. Gail stagniert da wirklich ein bisschen.

  4. Florian Hoppe sagt:

    Jep, was uns ja wieder zu POD zurückführt.

    Gail benutzt wie du sicher weißt Das Buch “Secular Cycles” von Turchin und Nefedov um ihre Argumente zu untermauern. Ich habe mir das Buch bisher noch nicht besorgen können, aber…

    http://press.princeton.edu/titles/8904.html

    …das hier frei lesbare erste Kapitel ist allein schon wegen der Tabelle am Schluss hochinteressant. Zwar muß man sich im klaren sein, daß das hier beschriebene Model nur für Agrargesellschaften gilt, aber man sieht doch noch immer Fakoren, die in ähnlicher Form gelten.

    Gail glaubt, daß die USA Anfang der 70er Jahre die Stagflationsphase erreicht haben und daß in jüngster Zeit die Krisenphase erreicht wurde.

    Natürlich ist das reine Spekulation ihrerseits, aber durchaus beängstigend, vor allem wenn man noch Todds “Weltmacht USA: Ein Nachruf” hinzu zieht und aktuelle Zeitungsberichte aus den USA über die derzeitige politische Krise. (Der Wonk Blog der Washington Post war hier z.b. sehr aufschlussreich…)

    • Ert sagt:

      Hi Florian,

      Ja, das mit mit secular cycles ist mir bekannt. Ich selber habe mal Tainters Collapse of complex Societies angelesen – Auch sehr interessant.

      kritisch sehr ich heute die globale Vernetzung. frueher war der Collapse ne lokale Sache – ueberall anders going es weiter. Der Niedergang A wurde von B nicht mal bemerkt.

      Es bleibt wirklich spannend, wobei ich LtG aber absolute folge. Dabei geht es nicht um win genaues Timing, sondern der Dynamik und der Abfolge. ich denke aber, das ich den Anfang Davin noch mit erlebe. Wenn dies erst an 2025 anfangen sollte, dann habe ich kein Problem damit ;-)

  5. Florian Hoppe sagt:

    Soziologie ist echt eine interessante Sache.

    Ich bin z.b. vor ein paar Monaten auf diese phantatische Zusammenfassung von Emmanuel Todds “L’invention de l’Europe” gestossen, ein Buch was leider nie auf deutsch veröffentlicht wurde.

    http://www.craigwilly.info/2013/07/07/emmanuel-todds-linvention-de-leurope-a-critical-summary/

    Und um nochmal auf blinde Flecke zurückzukommen: Gail geht ja auch ziemlich auf die Wirtschaftswissenschaten los und hält sie für “keine echten Wissenschaften”.

    In der aktuellen Beilage zur österreichischen Zeitschrift “Profil” gab es es sehr gutes Interview mit dem Nobelpreisträger Eric S. Maskin, der hier dagegen hält.

    Die Wirtschaftswissenschaften haben sehr wohl die Krise vorhergesagt und Lösungen (wieder stärkere Regulierungen) präsentiert, es hört nur keiner zu. Die derzeitige Wirtschaftspolitik ist leider einfach von zuviel Ideologie durchsetzt, um es mit Todd zu zitieren vo nder “Ersatzreligion” Neoliberalismus. Etwas ähnliches sagt auch Harald Schumann in einem aktuellen Radiointerview.

    http://www.dradio.de/dlf/programmtipp/zwischentoene/2254446/

  6. […] Im Oktober veröffentlichte der selbsternannte Weltenergierat/World Energy Council eine Studie, die zu der Erkenntnis kam, dass noch eine große Menge flüssige Kohlenwasserstoffe – also: Erdöl – in der Erdkruste lagern. Daraus schlußfolgerten sowohl der Bericht wie auch der Chef der Agentur, Christoph Frei, dass "Peak Oil in eine ferne Zukunft verlegt sei". […]

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