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Stellungnahme der Energy Watch Group zum WEO 2013

Der World Energy Outlook (WEO) der Internationalen Energieagentur (IEA) ist ein jährlich erscheinender Bericht, der die Ausrichtung der globalen Energiepolitik begleitet und große Aufmerksamkeit bekommt. Die IEA wurde 1974 nach der ersten Ölkrise als Unterorganisation der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gegründet. Die Energy Watch Group (EWG) ist ein nichtstaatliches Netzwerk, das eigenständig Analysen zu Energiefragen erarbeitet. Im folgenden die Pressemittelung der EWG zum WEO 2013:

 

Stellungnahme der Energy Watch Group zum World Energy Outlook 2013

Berlin, 29.11.2013. Laut Energy Watch Group bestätigt der von der Internationalen Energie-Agentur (IEA) vorgestellte World Energy Outlook 2013, dass die Energieversorgung künftig wesentlich teurer wird und dass deshalb Investitionen in Erneuerbare Energien an Bedeutung zunehmen werden.

Dazu Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group: „Die IEA räumt auf mit der weit verbreiteten irrigen Meinung der angeblich hochsubventionierten Erneuerbaren Energien. Die jährlich weltweit rasant steigenden Subventionen für fossile Energien entpuppen sich immer mehr als eine Hauptursache für Staatsverschuldungen und als größtes Hemmnis gegen wirksamen Klimaschutz. Weitere Wirtschaftskrisen wie die Euro-Krise in den Rohstoffimportländern zeichnen sich damit ab. Die EU-27 kann schon heute die etwa 500 Mrd. Euro schwere Importrechnung für fossile Rohstoffimporte nicht mehr bezahlen und hat deshalb ein Außenhandelsdefizit von ca. 200 Mrd. Euro – die versteckte Ursache hinter der Euro-Krise.“

Die IEA prognostiziert bis 2035 eine Steigerung der Erdölförderung, warnt aber gleichzeitig davor, dass es keine neue Ära des Ölüberflusses geben werde. Außerdem wird die Prognose der IEA deutlich relativiert mit der starken Einschränkung, dass Brasilien die Förderung nur dann ausweiten und zu einem wichtigen Ölexporteur werden könne, wenn die notwendigen Investitionen, die weit jenseits bisher in Russland oder dem Mittleren Osten investierter Gelder lägen, getätigt würden. „In der Frage, wie sich die Verfügbarkeit der fossilen Rohstoffe in den nächsten Jahrzehnte entwickeln wird, beschwichtigt die IEA weiterhin. Dabei kann man bei entsprechender Analyse selbst an den von der IEA vorgelegten Zahlen erkennen, dass die globale Förderung insbesondere beim Erdöl am Anschlag ist und in den kommenden Jahren die steigende Nachfragewünsche nicht mehr erfüllen kann“, so Fell.

Ungeachtet der Verfügbarkeit von Erdöl oder Erdgas werden laut Energy Watch Group die Kosten für die Kohlenwasserstoffförderung stark ansteigen und höhere Preise für die Konsumenten verursachen. Andererseits würde jedoch eine Preisstagnation fallende Investitionen seitens der Öl- und Gasfirmen verursachen, und somit zu einem schnellen Rückgang der Fördermengen führen. Die Dimension der Herausforderung wird daran deutlich, dass sich die Investitionen der großen westlichen Ölfirmen in den letzten zehn Jahren verfünffacht haben, dennoch deren Förderung um etwa 20% gefallen ist.

Die Energy Watch Group ist außerdem nicht überzeugt von der Einschätzung der IEA, dass die USA durch günstige Energiepreise einen größeren ökonomischen Vorteil hinsichtlich externer Investitionen und Exporterlösen generieren könnten. „Die von der IEA berechneten Zahlen  basieren einzig auf den unbelegten Annahmen, dass sich das Bruttoinlandsprodukt in den einzelnen Regionen entsprechend unterschiedlich entwickeln werde. Das sind reine Spekulationen, die einer seriösen Berechnungsgrundlage entbehren“, so Dr. Werner Zittel, Vorstand der Ludwig-Bölkow-Stiftung und Chairman der Energy Watch Group. „Es ist überraschend, dass die IEA die regionalen Unterschiede der Energiepreise in den Vordergrund rückt.“ Bemerkenswerter sei, dass das zentrale Szenario der IEA, das die Auswirkungen verschiedener von den Regierungen bereits angekündigten Klimaschutzmaßnahmen bereits berücksichtigt, noch immer eine durchschnittliche globale Temperaturerhöhung von 3,6 Grad Celsius impliziert.


Über die Energy Watch Group 
Die EWG ist ein internationales Netzwerk von Wissenschaftlern und Parlamentariern. Dieses Projekt wird unterstützt durch die Ludwig-Bölkow-Stiftung und die Reiner Lemoine Stiftung. Die Energy Watch Group beauftragt Wissenschaftler mit der Erstellung von Studien und Analysen unabhängig von politischer oder ökonomischer Einflussnahme. Themen sind: Die Verknappung fossiler und nuklearer Energieträger, Szenarien zur Einführung regenerativer Energieträger und Strategien zur Sicherung einer langfristig stabilen Energieversorgung zu annehmbaren Preisen. 
Die Wissenschaftler sammeln und analysieren nicht nur ökologische, sondern vor allem auch ökonomische und technologische Zusammenhänge. Die Studienergebnisse werden nicht nur in Expertenkreisen, sondern auch der politisch interessierten Öffentlichkeit vorgestellt.

Hans-Josef Fell 
Hans-Josef Fell war von 1998 bis 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages als Autor des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (2000) und Wegbereiter der Steuerbefreiung für Biokraftstoffe. Fell ist Präsident der Energy Watch Group und Mitglied des World Council for Renewable Energy.

Dr.rer.nat. Werner Zittel 
Dr.rer.nat. Werner Zittel, Vorstand der Ludwig-Bölkow-Stiftung, war nach seinem Physik-Studium wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der DLR in Stuttgart und der Fraunhofer-Gesellschaft in München. Seit 1989 bei der Ludwig-Bölkow- Systemtechnik mit den Arbeitsschwerpunkten: Umweltaspekte der Energieversorgung, energiewirtschaftliche Grundsatzfragen und die Analyse von Energieversorgungssystemen.

Pressekontakt: 
Doreen Rietentiet,
 DWR eco GmbH,
Tel: 030.609819500, E-Mail: presse@dwr-eco.com

Siehe auch: Telepolis: Peak Oil bleibt trotz Fracking ein Thema, eine weitere Analyse des WEO2013

9 Kommentare to “Stellungnahme der Energy Watch Group zum WEO 2013”

  1. Ert sagt:

    Dank an Dich, Norbert, für das einstellen des EWG Updates zum WEO 2013.

    Und nebenbei investiert unsere Fahrzeugindustrie munter weiter in den Ausbau Ihrer globalen Entwicklungs- und Produktionskapazität, wie z.B. hier: http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/Geldspritze-VW-will-84-2-Milliarden-bis-2018-investieren-2797853

    Angesichts solcher Zahlen (alleine!!! VW mit 84,2 Milliarden bis 2018) mag man denken das die Probleme noch ganz weit weg sind.

    • Florian Hoppe sagt:

      VW hofft, wie die meisten Firmen, halt auf den “Wachstumsmarkt” Asien. In Europa ist der Markt schon seit Jahren gesättigt.

      • Ert sagt:

        @Florian

        Absolut – VW hat da die Zeichen der zeit lange erkannt und sich entsprechend frühzeitig positioniert.

        Dennoch frage ich mich, wie lange das ganze in der Weise weiter gehen kann. 84 Milliarden sind ja kein Pappenstiel und müssen, inkl. der anderen Investitionen irgendwann wieder reinkommen.

        Letztendlich wird hier aber in ein Geschäftsmodell investiert – was Globalgesellschaftlich gesehen – eine Sackgase ist (wie viel anderes auch).

        Natürlich ist, wenn man 10% Oberschicht von 1,5 Milliarden Chinesen annimmt, dort ein gigantischer Markt. 150 Millionen Chinesen (plus andere Asiaten in den Länder drumherum), die alle Audis, Porsche, Mercedes, BMW, etc. pp. fahren wollen – und sich das wohl auch noch leisten können, solange die Musik noch spielt.

        Aber der WEO 2013 macht doch auch von ‘systemischer’ Seite immer klarer, das das Spiel so bis 2035 – und wohl selbst bis 2025 – nicht weiter gehen kann. Selbst wenn China es schafft den Binnenkonsum und den Binnenmarkt massiv auszubauen, dann sind 1,5 Milliarden Chinesen die wie Europäer leben wollen zu viel für diese Welt. Selbst wir Europäer leben nur mit geborgter Energie auf dem aktuellem Stand.

  2. Stephan sagt:

    Ich habe gerade eine ganz nette Energiebroschüre (Stand Juni 2013) aus den USA entdeckt, die ich erst mal nur kurz durchgeblättert habe:

    STATE OF ENERGY IN THE WEST
    http://www.westgov.org/policies/doc_download/1717-state-of-energy-in-the-west

    Es ist so eine Art Zusammenfassung der Energiestatistiken der westlichen US-Bundesstaaten – mit tollen Bildern und Grafiken und auch Statistiken. Es lohnt sich glaube ich diese Broschüre mal näher anzuschauen

    • Ert sagt:

      Interessantes Dokument!

      69% des Ölverbrauchs der USA gehen auf den Transportsektor, nur 4% auf Wohnungswärme, 1% Elektrizität (Wohl primär Hawaii) (Seite 10).

      Damit sollten die USA über eine Erhöhung der Benzin/Dieselpreise eigentlich sehr schnell “Öl-Independent” werden können. Keiner kann mir sagen, das die USA nicht gigantisches Potenzial haben unsinnige Fahrten, unsinnige Fahrzeuge und unsinnigen Schwerverkehr zu reduzieren!

      Die bewohnten Küstenbereiche außer Florida und die Great Lakes haben auch hervorragendes Windkraftpotential!

      Die Produktionskosten vom Elektrizität sind wohl ein Witz (Seite 34) – Atomkraft ist dort am billigsten. Die haben wohl die Rückbaukosten nicht berücksichtigt…

      Aber insgesamt ein Wahnsinnig umfassender Report, über Energieerzeugung, Verwendung, Effizienzmaßnahmen – alles was ggf. geht, potenzial hat sowie die Probleme der eizelnen Technologien bezogen auf verschiedene Standorte (Inseln, Hawaii, etc.).

      • Michael Egloff sagt:

        Tja, Ert,
        die Realität ist aber eine andere, als die, die wünschbar und bei gutem Willen locker erreichbar wäre:
        umgerechnet 80 Eurocent für den Liter Benzin und Light-Truck-Anteile an den Neuzulassungen von stabil 50%, so sieht die US-Realität aus.

        Wenn ein US-Präsident daran grundsätzlich etwas ändern wollte, stünde seine Chance nicht schlecht, sich in die Riege ermorderter US-Präsidenten einzureihen.

        • Michael Egloff sagt:

          Ergänzung: sogar die Bienenvölker werden in den USA ja quer durch´s Land gefahren.
          Und die gesamte Siedlungsstruktur mit den wuchernden Suburbs ist extrem auf das Auto zugeschnitten. Ganz abgesehen von den riesigen Shopping-Malls oder Vergnügungsparks, die für ihre Existenz große Einzugsgebiete benötigen. Daran ändert sich auch in den nächsten 20 Jahren nichts. Dann wird diese Siedlungs- und Infrastruktur aber schnell zu einem gewaltigen Problem werden durch den damit verbundenen Zwang zur Mobilität. Die Häuserpreise in den Suburbs werden in 20 Jahren ins Uferlose stürzen, wenn sich die Mehrheit dieses Maß an Mobilität garnicht mehr leisten kann.

          • Ert sagt:

            @Michael

            Das schlimme dabei ist, das das ganze schon 2006 bis zum Exzess in der Doku “End of Suburbia” Thematisiert, Analysiert und Dokumentiert wurde: http://www.youtube.com/watch?v=Q3uvzcY2Xug

            Der Wahn dabei ist, das die Öl/Auto/Reifenkonzerne wohl auch teils gut ausgebauten Public Transport (u.a. Schiene) aufgekauft und platt gemacht hatten – alles damit die eigenen Produkte Absatz finden.

            Zitat aus dem Film zu “Suburbia”: ‘The greatest misallocation of resources in history’.

          • Stephan sagt:

            Apropos Shopping Malls. Gerade lese ich einen älteren Artikel auf der ehemaligen energybulletin.net-Seite (jetzt Resilience.org):

            “2006 Boston ASPO: Renewable Energy Sources
            by Byron W. King, originally published by Whiskey & Gunpowder / Energy Bulletin | Nov 1, 2006

            According to solar energy authority Steve Strong, solar power has the immediate ability to replace immense amounts of fossil fuel that is now being burned for electricity, heat, and transportation. Strong has been in the solar business for about 30 years, and has a very long list of accomplishments to back up his claims.

            According to Strong, if only the roof area of every shopping mall in the U.S. were used to gather photovoltaic electric power, it would be possible to provide electricity to every home in the country. ”
            http://www.resilience.org/stories/2006-11-01/2006-boston-aspo-renewable-energy-sources

            Wenn man also nur auf den Dächern jeder Shopping Mall Solaranlagen errichten würde, könnte jeder Haushalt in den USA genügend Strom haben (wohl ohne Berücksichtigung des Speicher-Problems und ohne Berücksichtigung des Strombedarfs der Industrie).
            Da könnte man sicher das eine oder andere KKW abschalten. Die KKWs dort haben sicher auch bald immer stärker mit dem Badewanneneffekt bzw. mit der Badewannenkurve zu tun ( http://de.wikipedia.org/wiki/Ausfallverteilung ).

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