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Massive Kostensteigerungen in der Ölindustrie

Man könnte meinen, das Öl- und Gasgeschäft müßte höchstlukrativ sein, seitdem sich die Ölpreise binnen weniger Jahre fast verfünffacht haben. Doch wird erwartet, dass selbst höchste Milliardengewinne von Jahr zu Jahr gesteigert werden, damit das Geschäft "zufriedenstellend" verläuft. Genau dieses weitere Gewinnwachstum haben die großen privaten Ölkonzerne aber 2013 nicht hingekriegt. Shell hatte nur 12 Milliarden US$ zum Silvesterfest übrig, Chevron nur 21 Milliarden, Exxon keine 9 Milliarden. BP sagt uns morgen, wie der Laden läuft. Für den Normalverdiener klingt das nach immensen Summen und zweifellos sind sie das auch. Aber da die Ölpreise 2013 fast genauso hoch waren wie 2012, muss den Konzernen das Geld irgendwo aus den Fingern geronnen sein.

Das WallStreetJournal hat einen längeren, sehr aufschlussreichen Artikel namens: "Explodierende Kosten bringen Ölriesen in Erklärungsnot". Demnach haben Chevron, Exxon und Shell in 2013 zusammen 120 Milliarden US$ ausgegeben, "um ihren Ausstoß an Erdöl und Erdgas zu erhöhen". In den vergangenen 5 Jahren hat diese Truppe eine halbe Billion US$ sprichwörtlich in der Erdkruste versenkt, um ... um dennoch eine weiterhin rückläufige Öl- und Gasförderung zu verzeichnen.

Die Ansprüche sind hoch. Chevron will bis 2017 seine Fördermengen um 25% steigern. Dafür hat das Unternehmen 2013 42 Milliarden US$ in die Hand genommen, ungefähr genausoviel wie Exxon und Shell. Dabei macht Chevron nur etwa halbsoviel Umsatz wie die beiden anderen. 2014 sollen es wieder 40 Milliarden sein, was die US-Wertpapieraufsicht auf den Plan rief. Laut WallStreetJournal befürchten die Aktienaufseher, weiter steigende Ausgabenpläne können die Liquidität des Unternehmens angreifen. Das wäre der finanzielle Supergau: Eines der Mega-Unternehmen der fossilen Branche steuert mangels Bargeld der Zahlungsunfähigkeit zu.

Damit es dahin nicht kommt, sortieren die Unternehmen sich um. Das allerdings macht aus Peak-Oil-Gesichtspunkten Stirnrunzeln. Wenn die Ölkonzerne Projekte auf Eis legen, weil sie sich nicht finanzieren können oder wollen, weil sie zu unsicher oder zu teuer sind: Woher kommen dann die 4 Saudi Arabiens, die wir bis 2030 finden müssen, damit wir den Peak Oil vor uns herschieben können? Wir kennen inzwischen Stichworte wie Shtokman oder Kashagan, Öl- und Gasprojekte die teils Jahre über dem Zeitplan liegen oder an denen nicht weitergearbeitet wird und Milliarden verschlungen haben. Shell trennt sich von Nordseeölfeldern und legt Gasverflüssigungspläne auf Eis und investiert stattdessen in eine - wie es beim WSJ heißt - "bisher nicht erprobte Technologie" eines schwimmenden Gas-Fördertankers. Statoil legt die Hoffnungen so mancher Grönländer ad acta, und zieht sich aus Explorationsvorhaben aus West-Grönland zurück: Um Ausgaben zurückzufahren.

Wenn die privat organisierten Ölkonzerne ihre Ausgaben zurückfahren, sich von Projekten zurückziehen, sich masslos verschätzen in den Kosten und den Zeitplänen für einzelne Mega-Projekte: Wann soll denn da bittschön die globale Ölförderung weiter steigen? Wenn das ein zeitlich befristeter Rückzug sein soll, damit die Ölingenieure mal in sich gehen können, sich sammeln; um dann mit neu sortierten und ausgeruhten Kräften neue Ölfelder auf diesem Planeten suchen zu gehen - dann bestünde ja Aussicht auf spätere Öl-Hochs. Doch tatsächlich legen die Konzerne just in jenen Zeiten so manches Projekt beiseite, in denen sie die höchsten Umsätze und höchsten Gewinne ihres Geschäftslebens machen.

Peak Oil? Voraus.

 

 

iea - oil production in absence of investment

Abbild 14.6: Ölförderung die wir von allen derzeit beförderten Ölfeldern beobachten würden, wenn es keine weiteren Investitionen gäbe. World Energy Outlook 2013 der Internationalen Energieagentur, S. 470

 

 


Nachrichtlich:

18 Kommentare to “Massive Kostensteigerungen in der Ölindustrie”

  1. Florian Hoppe sagt:

    “Weil alle drei Großkonzerne die Strategie verfolgten, Wetten mit großem Einsatz zu fahren, hinkten sie dem nordamerikanischen Schieferboom hinterher. Dort hatten sich bereits kleinere, wendigere Firmen etabliert, die Pionierarbeit dabei leisteten, dem dichten Gestein Öl- und Gas abzutrotzen. Sie grasten die Gewinne ab, die sich die Großen hatten entgehen lassen.”

    Hmm…..das viele dieser “kleinen Firmen” inzwischen geschluckt wurden oder fusionieren mussten um zu überleben, wird natürlich nicht erwähnt.^^

    Siehe nochmal der Report von Deborah Rogers.

    http://shalebubble.org/wp-content/uploads/2013/02/SWS-report-FINAL.pdf

  2. Frank Bell sagt:

    Eines ist sicher:

    Die CEOs dieser Firmen werden bei der nächsten Gelegenheit behaupten, dass sie das nur tun, weil die Staaten die “freie” Wirtschaft zu stark regulieren und man endlich die Gesetze zugunsten der Konzerne ändern muss.

    Dann würde wieder alles viel besser werden.

    Und mit dem Argument (weniger Regulierung = mehr Arbeitsplätze) werden die Verbrecher in den Parlamenten z.B. das Fracking in Deutschland erlauben.

  3. Ert sagt:

    Der Paech-Artikel ist mal wieder Genial :-)

    Hier der Originale Artikel den WSJ übersetzt hat: http://peakoil.com/production/big-oil-companies-struggle-to-justify-soaring-project-costs. In einer Grafik dieses Artikels wird u.a. aufgezeigt, das sich die Kapitalaufwände von Exxon, Chevron und Shell in den letzten 5 Jahren um 39-89% erhöht haben – wobei die Produktion faktisch nur stagniert, bzw. minimal rückläufig ist (ist im übersetzten Artikel nicht enthalten).

    Die Frage für mich ist – wie heftig sind die Chinesen ggf. überall schon im Geschäft? Fokus berichtete ja bez. “Griff nach den Ölreserven: Chinesen zapfen Amerikanern das Irak-Öl ab”: http://www.focus.de/finanzen/news/griff-nach-den-oelreserven-chinesen-zapfen-amerikanern-das-irak-oel-ab_aid_1004255.html darüber. Daraus: “Grund für die starke Position Chinas: Die staatseigenen Konzerne aus der Volksrepublik geben sich mit Mini-Profiten zufrieden und akzeptieren die Bedingungen der Iraker. Mit dieser Strategie stechen sie die Firmen aus dem Westen wie ExxonMobil oder Shell aus, die mehr auf die Rendite achten müssen.”

    Ich denke die westlichen Öl-Majors haben viele Probleme. Und da sie das schöne Geld immer brav an die Aktionäre ausgeschüttet haben… fehlts jetzt bei den Investitionen.

    Ich bin ja der Meinung: Keinen einzigen Cent Dividende ausschütten, solange das Unternehmen noch verschuldet ist.

  4. Michael Egloff sagt:

    Je kapitalintensiver die Ölförderung wird, desto mehr ist sie von einem funktionsfähigen Finanzsystem abhängig. Wenn das mal in eine schwere Strukturkrise gerät, dürfte das nachteilig für die Fördermenge werden.
    Das Gleiche trifft auf die Landwirtschaft und die Industrie zu. Auch die werden ständig kapitalintensiver.

    Kaum jemand bemerkt die Mutter aller Blasen: die Anleihenblase. Die wird nicht ewig expandieren.
    Peak-Oil-Diskussionen haben das Thema Zustand der Finanzmärkte meist garnicht im Blick und sehen die ganze Sache einseitig aus geologischer Sicht. Andere Einflussfaktoren wie geopolitische Aspekte oder eben der Aspekt der Kapitalbereitstellung können sehr schnell an Brisanz gewinnen – zu einem Zeitpunkt x in der Zukunft.

    • M. Sastre sagt:

      @Michael,

      das ist eben die Frage. Die Förderung war in den letzten Jahrzehnten so gewinnträchtig, daß die Eigenkapitalbasis selbst bei rasant steigenden Erschliessungskosten kaum das Problem sein dürfte. Dies gilt unabhängig von etwaigen Gewinnausschüttungen zur Beruhigung der Aktionäre. Solange es also weiterhin Förderprojekte geben sollte, deren Umsetzung sich lohnt, d.h. bei denen das eingesetzte Kapital zuzüglich einer Gewinnmarge wieder herauskommt, kann der vermehrte Einsatz von Fremdkapital auch als Hinweis gedeutet werden, daß die Konzerne das Verlustrisiko bei bestimmten (d.h. riskanten) Projekten auf externe Investoren abwälzen wollen um ihre eigene Substanz zu schützen.
      Anders ausgedrückt, wenn ich von einer Geschäftsidee absolut überzeugt bin, versuche ich sie mit eigenem Kapital zu verwirklichen, um dann auch vollständig in den Genuß der Gewinne zu kommen. Bin ich mir dessen aber nicht ganz so sicher, schone ich mein eigenes Kapital, gründe eine GmbH und versuche Investoren zu ködern. Wenn es dann tatsächlich schiefgeht bin ich aus dem Schneider und wende mich dem nächsten Projekt zu.
      Da die Erschliessungskosten offensichtlich stark ansteigen, werden auch die Gewinnmargen geringer und unterliegen im Ölpreiskarussell darüberhinaus nennenswerten Schwankungen, die ein Projekt schnell aus der extremen Gewinnzone in den absoluten Verlustbereich drücken. Noch extremer wird es, wenn mittlerweile trotz aufwändiger Auffindungsbemühungen nicht Erschliessenswertes mehr gefunden wird oder die Erschliessung sich um viele Jahre verzögert.
      Ölförderung ist heute mehr denn jemals zuvor ein Hochrisikogeschäft und die Streuung von Risiken eine übliche Form des Umgangs damit.

  5. Ert sagt:

    Hier noch was schönes von Arte: “Letzte Warnung” zur “Limits of Growth” Studie vom CoR: http://future.arte.tv/de/die-grenzen-des-wachstums

    Viele Originalaufnahmen – historischer Rückblick, aktueller Abgleich.

  6. Patrick sagt:

    @Ert

    Die ARTE Sendung hatte ich auch schon aus der Mediathek geladen und wartet seit ein paar Tagen auf dem USB-Stick schon auf ihren Einsatz ;-)

    • Tom Schülke sagt:

      Ja, hab ich auch gesehen. wirklich sehenswert.. läuft auch auf Youtube…

      schön wäre noch wenn die doku auf die fehlerhaften kritiken eingegangen wären. ZB., das GDW angeblich das Ende des Öls für ca 1980 vorausgesagt habe…

      ansonsten sehr sehenswert.

      • Ert sagt:

        @Tom

        Ich denke die wollten keine Zeit mit dieser absurden Kritik verschwenden. Grundsätzlich sind Sie ja auf die seichteren Formen des “Denials” von Reagan & Co. eingegangen.

        Danke für den Hinweis auf Youtube – jetzt habe ich dort endlich die HD-Version gefunden: http://www.youtube.com/watch?v=cOx8h2bGLDs – die lässt sich einfacher als MP4 sichern als bei Arte direkt.

  7. EcoDrive sagt:

    @ Ert

    Auf der Suche nach mehr Informationen zum arctic News Blog bin ich auf http://earth.nullschool.net/
    und
    http://squall.sfsu.edu/crws/jetstream.html
    gestossen.

    Auf earth.nullschool.net können ua Temp. JetStream und vieles mehr auf der virtuellen Erdkugel dargestellt werden. Klick auf earth öffnet das Menu. Klick auf einen Ort zeigt die Temp. und Windgeschwindigkeiten zB Oberfläche oder im JetStream. Die Erdkugel kann mit der Maus gedreht werden. Die Daten sind inkl. Forecast mit Supercomputern aufgearbeitet. (abaut)

    In Kanada ca 53°N 116° W (was etwa der nördlichen Breite von Hamburg entspricht), ist es mit -34,8°C, zZt kälter als am Nordpol.

    • Ert sagt:

      @EcoDrive

      Die animierte Erdkugel ist ja der Hammer – danke für die Links!

      Ja, das es am Nordpol für die Jahreszeit ungewöhnlich warm ist, darüber berichtet ja http://arctic-news.blogspot.de/ dauernd. Auch über die hohen Methan (CH4) Konzentrationen in der Arktis – in der Mainstream Presse finde ich soetwas aber überhaupt nicht – maximal das es kein problem gibt: http://www.handelsblatt.com/technologie/das-technologie-update/themen-und-termine/klimawandel-arktis-experten-beraten-ueber-methanfreisetzungen/9031808.html: “„Die Arktis wird in den nächsten 50 Jahren aber definitiv nicht mehr Methan emittieren als menschengemachte Quellen”… also bitte weiter gehen – hier gibt es nichts zu sehen!: http://www.youtube.com/watch?v=nj_DnV0Q7P0

      • Flint sagt:

        Ist ja auch nicht verwunderlich,2013 haben wird den Rekord wie immer,gebrochen..36 Milliarden Tonnen Co2 in einem Jahr :36 000 000 000 TONNEN !! Der Ausstoss steigt nicht nur Minimal sondern Rasant, was das mit dem Wetter macht ..naja. Permianische Zustände wenn wir Pech haben irgendwann.

        • M. Sastre sagt:

          Ich würde mal sagen: Es wird wieder Zeit für irgendeine Art Klimakonferenz, bei der die Teilnehmer mit dem Flugzeug anreisen, sich gegenseitig ihrer guten Absichten versichern und das Rahmenprogramm genießen, bevor es wieder nach Hause geht.
          Das der Umweltschutz bei unseren zuständigen Beamten in guten Händen ist, merkt unsereins ja immer wieder:

          http://www.welt.de/ politik/ deutschland/ article124484118/ Ein-Umweltbeamter-auf-Elefantenjagd-in-Afrika.html

          (Die meisten kennen den Vorfall wahrscheinlich mittlerweile.)

      • EcoDrive sagt:

        @ Ert

        Ja, ‘hier gibt’s nichts zu sehen’ im Handelsblatt. Ist eh nur eine von der EU finanzierte Beruhigungspille. Hier eine andere Sichtweise : http://arctic-news.blogspot.ch/2014/01/global-warming-and-the-gulf-stream.html

        Wenn ich auch noch an die Ausführungen von David Wasdell denke, stehen die Chancen nicht schlecht, dass die ‘Rückrufaktion für das Erfolgsmodell Mensch’ bereits begonnen hat, oder bald beginnt.

        • Michael Egloff sagt:

          @ EcoDrive,
          zuvor werden wir aber die Fallhöhe noch etwas vergrößern durch eine noch größere Anzahl an Menschen, durch einen noch höheren Urbanisierungsgrad, durch noch weitere Übernutzung der Boden-, Fisch-, Wald- und Wasserressourcen, durch noch fanastischere Trillionen virtueller Vermögen und Schulden, durch noch mehr Überrüstung, durch eine noch umfangreichere Infrastruktur, die später niemand wird funktionstüchtig erhalten können…
          Die maximale Fallhöhe werden wir etwa dann erreicht haben, wenn auch die all-liquids-Ölmenge ihren Höhepunkt überschreitet. Ich vermute: irgendwann in den 20er Jahren.
          Danach wird´s turbulent für das Erfolgsmodell Mensch. Denn wir sind nicht nur die erfolgreichste Spezie der letzten 10000 Jahren, wir sind auch eine der verletzlichsten geworden.
          Paradoxerweise gerade durch unseren jahrtausendelangen und in den letzten 150 Jahren geradezu atemberaubenden Erfolg.

        • M. Sastre sagt:

          Die Erkenntnisdichte nimmt immer weiter zu, ohne daß es zu irgendwelchen Konsequnzen kommt. Bereits Anfang der 90er Jahre hatte der Spiegel einen Artikel über die Gefahr und die ihr zugrundeliegenden Mechanismen eines Abbrechens des Golfstroms veröffentlicht. Ich erinnere mich deshalb so gut, weil ich damals genau dazu ein Referat hielt.

  8. […] derart sichtbar, dass trotz eines vierfach höheren Ölpreisniveaus im Vergleich zu 2003 die Gewinne wegen der steigenden Förderkosten schrumpfen. Die Hochrechnungen des Hirsch-Reports, nach denen eine Gesellschaft 20 Jahre Zeit […]

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