Heute treffen sich in Wien die Vertreter der in der OPEC versammelten Staaten, um über die künftige Strategie des Ölförder-Kartells zu sprechen. Saudi Arabien hat bereits einen Tag zuvor deutlich gemacht, dass es seine Fördermengen ausweiten will: Um 500.000 Barrel auf 9,5 bis 9,7 Millionen Fass pro Tag. Damit signalisiert das Land einerseits, dass es seine Förderung durchaus noch ausweiten kann, andererseits, dass es Sorge hat, die hohen Ölpreise würden die Weltkonjunktur und damit die Nachfrage nach dem Rohstoff abwürgen. Laut Manager-Magazin wäre dies der höchste Ausstoß seit Sommer 2008, wo der Ölpreis bekanntlich seinen Rekord von 147 Dollar erreichte. Das Manager Magazin weiß zu berichten, dass die Golf-Staaten für eine Anhebung der Fördermenge sind, Venezuela und Iran jedoch dagegen. Diese Konstellation macht einerseits deutlich, dass über die Richtung der europäischen Konjunktur nicht nur in Europa entschieden wird. Ziemlich genau vor 3 Jahren berief Saudi Arabien angesichts der damals rasanten Preissprünge eine Sondersitzung der OPEC ein...
Die US Energy Information Administration (EIA) hat ihre Prognose über den diesjährigen Ölverbrauch erneut angehoben. 1,7 Millionen Fass pro Tag sollen es nun im Vergleich zum Vorjahr mehr sein. Ob die Welt das liefern kann? Was macht diese steigende Nachfrage mit den Preisen?
Laut gestrigem Handelsblatt wird sich der Gewinn der Fluggesellschaften von 18 Milliarden Dollar in 2010 auf 4 Milliarden Dollar in 2011 verringern. Der Weltverband rechnete mit 96 Dollar pro Fass Erdöl, derzeit steht der Preis gut 20 Dollar höher. Statt geplanten 133 Milliarden Dollar müssen die Gesellschaften 160 Milliarden Dollar ausgeben.Mit 30% der Spritkosten an den unternehmerischen Gesamtkosten ist die Branche in einer Situation, die Preissteigerungen beim Öl massiv durchschlagen lassen und Pleiten nicht auszuschließen sind - trotz steigender Nachfrage und wachsenden Fracht- und Passagierzahlen.
Währenddessen erwartet die Internationale Energieagentur (IEA) eine "goldene Ära" beim Gas. Kein Wunder: Wenn das Öl teurer und knapper wird, stellt sich die Frage, woher die Energie kommen soll, die wir ganz selbstverständlich verbrauchen. Ob ein Verfeuern der Reserven angesichts einem absehbaren Ende der fossilen Brennstoffe und einem weiter steigenden CO2-Gehalt in der Atmosphäre eine so gute Idee ist, ist eine Frage, die dringend diskutiert werden müßte - angesichts "business as usual" aber kaum gestellt wird.
Frankreich verbietet Fracking, Obama will schneller bohren, Spekulanten gehen an den Start
Dass die Förderung unkonventioneller Erdgas-Vorräte nicht unproblematisch ist, wurde schon an anderer Stelle erwähnt: Mit den Flüssigkeiten, die zum Aufbrechen der Lagerstätten in den Boden gepumpt werden, werden radioaktive Stoffe ausgespült und beim Verbrennen aber auch beim Fördern selbst gelangen Treibhaus-Gase in die Luft. Das französische Parlament hat jetzt den Abbau unkonventioneller Erdgas-Reserven faktisch untersagt, berichtet heise.de.
US-Präsident Barack Obama wiederum beugt sich dem Druck der steigenden Spritpreise und will die Förderung von Öl und Gas beschleunigen. Dazu soll ein bislang als "nationale Erdölreserve" gehaltenes Reservoir in Alaska angezapft werden, die Förderung auf staatlichem Grund erleichert werden, sowie Förderrechte im Meer (Golf von Mexiko, Arktisches Meer, Atlantikküste) überprüft, verlängert oder neu vergeben werden. Zudem will man die Ölkonzerne ermuntern, bestehende Reserven schneller zu erschließen und auszubeuten. Das alles darf man bei SPIEGEL-Online nachlesen, den Bogen zur Endlichkeit der Rohstoffe läßt der Artikel jedoch leider vermissen...
Ebenfalls im SPIEGEL aber eher versteckt findet sich ein Hinweis, dass die große Finanzwelt zunehmend ins Ölgeschäft einsteigt. In einem Artikel über den US-Spekulanten John Paulson und dessen neuesten Deal mit der Deutschen Bank wird auch beschrieben, worum es in diesem Deal geht: Paulson spekuliert darauf, dass der Öl- und der Goldpreis zusammen steigen, die Deutsche Bank tritt als Vermittler des Geschäfts auf. Auf Paulsons Betreiben wurden wohl im Vorfeld der Finanzkrise 2007/2008 jene "Finanzprodukte" gestrickt (CDO), die einen großen Anteil am rasanten Platzen der US-Immobilienblase hatten. Paulson wettete auf ein Platzen dieser Blase, gewann diese Wette und gilt seitdem in einschlägigen Kreisen als "Superstar". Sein Einsatz bei diesem neuen Deal liegt laut SPIEGEL "bei über einer Milliarde Dollar", was ja sehr viel Spielraum nach oben läßt. Keine kleine Summe jedenfalls - für eine Wette auf Peak Oil...
Und noch der Hinweis auf einen interessanten Artikel von Steffen Bukold von EnergyComment in "Internationale Politik" über 7 Thesen, Wahrheiten und Irrtümer über ERDÖL.
15.05.2011 (Norbert Rost) Kategorie: Allgemein, Presseschau · Tags: Alaska, Barack Obama, Deutsche Bank, Energycomment, fracking, Frankreich, Golf von Mexiko, John Paulson, Steffen Bukold · Kommentieren »