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2014: Die nächste Debatten-Phase

Zu Beginn 2013 schrieb mir ein Leser dieses Blogs, dass 2013 für die Peak-Oil-Diskussion verloren sei. Aus allen Kanälen sickerte damals die Erkenntnis, Fracking würde zu neuen unerschöpflichen Ölquellen führen und Peak Oil sei obsolet. Auf dieser Aussage ruhten sich dann tatsächlich das ganze Jahr über die Journalisten und die Entscheider aus. Nun gut, vielleicht ist so ein Jahr Atempause auch mal gut.

Zu Beginn 2014 ist der Mythos der sich selbst mit Öl versorgenden USA, die demnächst die Welt mit Fracking-Öl überschwemmen wird, weiterhin aktiv. Einem Jahr einseitiger Berichterstattung setzen einzelne kritische Medienberichte nicht so schnell etwas entgegen. Doch zeigt sich, dass die Skepsis gegenüber der Fracking-Euphorie sowohl bei einzelnen Journalisten wie auch bei den wichtigen Statistik-Behörden EIA und IEA zugenommen hat. Und so liest man dieser Tage beispielsweise:

Es wird noch einige Zeit dauern, bis die Erkenntnisse von FAZ und Süddeutscher in den regionalen Medien ankommen und dort die zuvor aufgebauten Erwartungen an die neue Wundertechnik zurechtrücken. Auch schlafen jene nicht, deren fossile Geisteshaltung ein fortwährendes Mehr vom Gleichen fordern. In der ZEIT dürfen Daniel Yergin und Ralf Wiegert "Mehr Erdgas!" fordern und malen den Teufel am Abstieg der deutschen Industriekultur an die Wand, wenn nicht bald die unkonventionell förderbaren Erdgas-Reserven unter Europa angezapft werden. Ihre Argumentation bauen sie weiterhin auf dem Vergleich mit den niedrigeren Gas- und Ölpreisen in den USA auf. Dabei ist beim Thema Gas seit längerem spürbar, dass sich die derzeitigen Gaspreise in den USA nicht rechnen. Perspektivisch ist deshalb ein Gaspreisanstieg in den USA wahrscheinlich, zumal die in Europa förderbaren Gasmengen eher bescheiden ausfallen. Bei Öl zieht das Argument sowieso nur am Rande und kurzfristig: Seinen nächsten lokalen Peak in der Ölförderung werden die USA nach den letzten EIA-Analysen bereits 2016 erreichen:

US-Oelfoerdung 2014-2040

Peak Oil also tot? Keineswegs.

Ja: Die weiterhin steigende US-Ölförderung dämpft den globalen Ölpreis. Ja, die weiter steigende US-Ölförderung steigert die US-Selbstversorgung. Ja, die weiter steigende US-Ölförderung entlastet den globalen Markt. Doch der Ausblick der EIA vom 9. Januar 2014 ist keineswegs rosig. Die folgende Grafik zeigt, wie aus Sicht der EIA die Förderkapazitäten 2013 gewachsen sind, geteilt nach USA, Kanada und dem "Rest der Welt":

Was die USA an Kapazität zugelegt haben, hat der Rest der Welt verloren. Dabei ist die Fußnote zu dieser Grafik sehr aufschlussreich:

Hinweis: Nahezu alle Länder außer Saudi Arabien fördern mit voller Kapazität. Im Ergebnis entspricht das Kapazitäts- dem Förderwachstum in allen Ländern.

Was soviel heißt wie: Nennenswerte freie Förderkapazitäten gibt es nicht mehr. Alle Ländern außer den Saudis fördern mit vollem Einsatz. Was bedeutet: Störungen in der Ölversorgung einzelner Länder sollten besser nicht eintreten, denn es gibt außer den Saudis niemanden, der sie kurzfristig ausgleichen könnte. Politische Verwerfungen entlang der Ölförder- und Transportrouten lassen sich nicht nennenswert abpuffern und würden sich entsprechend stark auf die Ölpreisentwicklung auswirken.

Nun: Ein Schrumpfen der freien Förderkapazitäten gen Null ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass wir im Grunde bereits am Ölgipfel angekommen sind. Mögen die globalen Gesamtzahlen noch ein bisschen steigen in den kommenden Jahren, wird sich dennoch am Grundproblem nicht mehr nennenswert steigerbarer Ölförderung nichts mehr ändern. Wenn der US-Output ab 2016 sein Maximum erreicht und noch ein paar größere Projekte wie Kashagan ans Versorgungsnetz gehen, mögen noch ein paar Barrel Platz bis zum Erreichen des "formellen Maximums" sein. An der kritischen Versorgungssituation, in der insbesondere Europa mit seinem unaufhaltsamen Fördersinkflug ist, werden die paar Vorstöße wenig ändern.

Es ist zu erwarten, dass die Journalisten, die den Fracking-Stern realistisch beim Sinken zuschauen, diese Thematik nun wieder aufgreifen. Wie Bürger, Entscheider und Politiker darauf reagieren, wird sich zeigen.

Sonstiges:

Bücher:

Langfristig:

55 Kommentare to “2014: Die nächste Debatten-Phase”

  1. Bernd Fischer sagt:

    hallo, Hr. Rost,
    es gibt einen Grundsatz:
    “Traue nur der Statistik, die Du selbst erstellt hast”
    ich denke, das trifft für die gesamten Prognosen bez. Energieversorgung, insbesondere Öl/Gas zu.
    Gruß
    B. Fischer

  2. Tom Schülke sagt:

    Vielen Dank Norbert.

    Ein schöner Überblick. Spannend scheint mir ja die Beobachtung, das in der jetztigen Situation tatsächlich viele der Unternehmen eigentlich notwendige Investitionen in unkonventionelle Projekte zurückstellen, da offensichtlich die Erschließungs- und Förderrisiken schneller Wachsen als der Gegenwert des durchschnittlichen Barrels Öl. Wenn das tatsächlich Großflächig eintritt, können wir damit rechnen das in 5-7 Jahren diese dann eigentlich notwendigen Fördermengen fehlen werden. Wer hatte hier noch diesen Artikel dazu verlinkt auf dem Blog von Gail Tverberg ? Ach ja.. Hier:

    http://ourfiniteworld.com/2013/12/18/th-real-oil-extraction-limit-and-how-it-affects-the-downslope/

    Dann beginnt der Sinkflug.

    So wie es die BGR eigentlich ja auch schon meinte.. Wenn NICHTS schief geht, wenn also maximal investiert wird, dann, ja dann ließe sich der PO evtl bis 2035 verschieben..

    Das wird wohl nichts..

    • Norbert Rost sagt:

      … das wird wohl nix.

      (Was hälst du von einem Leser-Treffen auf der DeGrowth-Konferenz in Leipzig im September?)

      • Tom Schülke sagt:

        Norbert..

        Das finde ich ist ein wirklich guter Vorschlag.. hätte ich lust drauf..

        Hallo Mitleser… Was haltet Ihr davon.. wäre doch gut..

        • Würde als Ösi gerne kommen ist ja nicht weit! Mein Gail Tverberg Artikel in der Regional Presse ein Versuch die Lokal Politik aufmerksam zu machen. Bin aber immer mehr auf Grund des zunehmenden Klima Chaos für ein kompromissloses und geordnetes Powerdown…http://www.meinbezirk.at/pfaffstaetten/wirtschaft/autorinnen-vorstellung-in-der-schnellbahn-verlorene-handschuhe-und-der-lange-abschied-von-den-fossilen-energien-d812385.html

          • fliegen sagt:

            Oh,

            Was bedeutet denn powerdown? Hort sich für mich vielersprechend an :)
            Ich verfolge diesen Blog schon seit Monaten wie einen spannenden Krimi, hab aber bisher nicht die Möglichkeit gesehen, mich in die Debatte einzuschalten, weil die Forderungen mir nicht radikal genug waren. Also meine Position ist *mindestens* für eine Abkehr von Indusrialisierung… Und unseren “Lebensstandart” und “Wohlstand” “nachhaltig” aufrechtzuerhalten finde ich nicht realistisch und nicht erstrebenswert. Und jetzt höre ich “powerdown” und bei mir klingelt’s.

            Achso, und in Leipzig bin ich dabei.. und vielleicht bin ich ja dort nicht so alleine mit meinen Vorstellungen wie ich denke.

          • Ert sagt:

            @Tom

            Im Lichte von TTIP (Transatlantisches Freihandelsabkommen), weiterem Ausbau der globalen Kfz-Produktion (z.B. alleine VW mit 50 Milliarden Investition in 2012-2015) sehe ich alles andere als ein geordnetes Powerdown – ja nicht einmal einen Ansatz der politischen oder industriellen Bereitschaft dafür.

            So “Öko” auch einige Leuten in meinem Umfeld sein mögen – da verzichtet keiner freiwillig auf sein Auto. Das was ich mache (kein Auto, kleine Wohnung – obwohl ich mir eine große leisten kann, nur einen Raum heizen, Obst- und Gemüseanbau, etc. pp.) – da gelte ich schon als Öko-Extremist.. obwohl es für mich nicht mal einen Verzicht dar stellt… sondern nur eine Vereinfachung und ein Zugewinn an Lebensqualität (u.a. weniger Abhängigkeiten durch weniger Ausgaben).

            In Deinem Wunsch bzw. dem Ergebnis deiner Schlüsse (Powerdown) stimme ich Dir aber zu. Auch Holmgreen hat sich ja mit seinem “Crash on Demand” in diese Richtung bewegt… wobei ich ein “geordnetes” Powerdown da auch vorziehe ;-) Es wird aber keiner freiwillig Verzichten wollen – irgendwer ist Schuld und wenn es die “Ökospinner” sind – die “uns” alles wegnehmen wollen und nur die “Spassverderber” sind.

          • Norbert Rost sagt:

            Glückwunsch zu der Veröffentlichung! Mögen es mehr werden.

          • @powerdown hier eine vorsichtige Formulierung der Idee für ein Wirtschaftspublikum: http://www.be24.at/blog/entry/689965 aber schient interessant zu sein sich in Dresden zu treffen.

        • Ert sagt:

          Dresden im September kann ich mir gut vorstellen.

  3. Roland Mösl sagt:

    Man kann mit solchen Prognosen 3 verschiedene Dinge tun:

    1.) Das gibt es nicht, das kann es nicht geben.

    Das ist so verantwortungslos wie ins Spielcasino gehen und alles auf schwarz weil rot niemals nicht kommen kann.

    2.) Man jubelt “Die Grenzen des Wachstums sind erreicht, die Prohpezeihungen treten ein”.

    Das ist der Standpunkt der Grünen, die haben sich von der Energiewende verabschiedet, nur mehr Lippenbekanntnis.

    3.) Das Problem kann und muss gelöst werden mit einem schnellen Umstieg auf erneuerbare Energie und elektrische Mobilität

    Ich bin der einzige EU Kandidat der massiv These 3 vertritt. Wer These 3 politisch fördern möchte und in Österreich lebt, den bitt ich bei den NEOS Vorwahlen mitzumachen. Bis 7. Februar kann jeder Österreicher die Aufstellung der NEOS Liste beeinflußen.

    Eine vollkommen verantwortungslose Politik.

  4. Ert sagt:

    Zum Schweiz-Artikel und Pendlerkosten.

    Das wird auch noch ein spannendes Thema. In vielen Tätigkeiten und Berufen wird “implizit” erwartet das man ein Kfz hat…

    Von einem bekannten von mit ist die Frau Lehrerin als “Springer” – muss also Unterricht in verschiedenen Schulen geben – wie Sie das organisiert ist Ihr Problem. Mit ÖPNV oder dem Rad ist es aber logistisch nicht machbar (verschiedene Schulen am Tag).

    Ein anderes Beispiel Ergotherapeutin mit Hausbesuchen: Der Arbeitgeber stellt kein Auto – und verlang letztendlich, das der knapp bezahlte Ergotherapeut eins mitbringt und dann nur die KM abrechnet.

    Hier werden ja die Kosten auf die Arbeitnehmer abgewälzt.. teilweise in Berufen mit “nicht üppigen Einkommen”. Ohne Auto – kein Job…. da bin ich gespannt wie diese Modelle weitergehen…

    • Stephan sagt:

      Beziehen sich Deine Beispiele auf die Situation in der Schweiz oder in Deutschland? In der Schweiz gibt es doch zum einen das berühmte Generalabo (quasi die Bahncard 100) für ca. 3.400 Franken mit der man ein Jahr lang durch die Schweiz fahren kann (ich glaube auch jeweils mit Bussen und Straßenbahnen). Und die Taktung, d.h. die Abstimmung zwischen den verschiedenen öffentlichen Verkehrsmitteln, ist dort hervorragend, d.h. man benötigt nur sehr wenig Zeit, um von einem Ort zum anderen zu kommen, viel weniger als z.B. in Deutschland im Vergleich zum eigenen Auto.

      Zur Situation der umweltfreundlichen Eisenbahn in Deutschland:

      Vom Elend der Großprojekte
      Franz Alts Rede in Stuttgart gegen „Stuttgart 21“ am 23. Februar 2013:

      Ein weiteres sinnvolles Großprojekt, Frau Merkel und Herr Gruber, wäre zum Beispiel die Renaissance der Flächenbahn in ganz Deutschland. Aber es geschieht das Gegenteil: in den letzten Jahrzehnten sind 25.000 Kilometer Schienen stillgelegt und zwölftausend Bahnhöfe abgerissen worden.
      http://www.sonnenseite.com/Politik,Vom+Elend+der+Grossprojekte,95,a24684,ap47.html

      Die Bahn wandelt sich vom Massenverkehrsmittel zum Manager-Beförderungsmittel. Verantwortlich für die Verkehrspolitik sind zum einen die Länder, aber auch der Bund (Bundesverkehrsministerium).

      • Ert sagt:

        @Stephan

        Die Beispiele sind aus D. Und die Bahn in der Fläche kann man in D immer mehr vergessen.

        Zwar gibt es in D auch die Bahncard 100 für ‘nur’ 4090€ – aber das schließt nur den ÖPNV in bestimmten Großstädten mit ein. Angesichts der meist nur maximal Stündlichen Taktungen, der oft eher schlechten Anschlussverbindungen in die Fläche – lohnt sich sowas nur für “Managerfahrten” oder Langsteckenpendler.

        Bei mir in der Fläche kostet ein verbilligtes Großraumabbo im ÖPNV ca. 1450€/Jahr. Das ist eine Fläche mit Durchmesser ca. 100km. Wer in der Mitte wohnt, für den ist das o.k., der Randbereich ist aber eher abgehängt und hat dazu noch Aufschläge wenn er den Tarifbereich des Abbos verlässt.

        In Berlin, München, Hamburg und im Ruhrpot mag das alles gut sein – aber viele greifen dann gleich zum Kfz.

        Wenn man sich dazu noch die Historie der letzten Bahnvorstände anschaut:
        – Grube (Daimler, MBB, DASA, BDI, Schremp vertrauter…)
        – Mehdorn (MBB, DASA, ehemaliger Schremp vertrauter)
        – Dürr (Dürr Gruppe, AEG ‘Sanierung’, aufgegangen in Daimler Gruppe)

        … also ich hoffe da wird das das Muster klar warum sich die Bahn wie aufstellt :-)

  5. Ert sagt:

    Ron bestätigt in seinem neuen Arikel über die OPEC Dezember-Daten: http://peakoilbarrel.com/update-opec-january-momr-december-production-data/ das es immer knapper wird.

    Zitat: “I am of the opinion that every OPEC country, including Saudi Arabia, is now producing flat out. Production varies from month to month because they keep on drilling new horizontal wells, pulling the cream right off the top of the reservoirs.”

    Ohne Investitionen in die “380 Welt verändernden Projekte”: http://www.peak-oil.com/2013/10/380-projekte-die-die-welt-veraendern/ sieht es nicht gut aus für den Status-Quo.. aber ggf. dennoch doch für die Welt ;-)

  6. eliso sagt:

    Hätten/Sollten die USA in naher Zukunft nicht Erdgas nach Europa exportieren ?

    • Ert sagt:

      @Elisio

      Wenn, dann eher nach China.

      Das problem das die Trackingindustrie in den USA hat ist eine lokale Überversorgung mit Gas. Ohne ausreichende Transportkapazitäten (Pipelines) druck das aber auch die Binnenpreise.

      Der Export wird als gebraucht um das Binnenangebot zu verknappen. – damit die Preise in den USA steigen. So arbeitet also faktisch jeder der in den USA für den Export ist – gegen die Interessen der Bevölkerung und der energieabhängigen Industrie.

      Erdgasexport geht dann aber nur über LNG – und das kostet noch mal ordentlich Energie. Wo die Piplines herkommen sollen? Ob sich das angesichts der Förderrückgänge in den Shales lohnt? Viele Fragen, wenig antworten… und es scheint das die Träume bereits alle am Platzen sind.

  7. Mario sagt:

    Ich stimme Ert zu. Die OPEC Daten sehen weltweit unterm Strich wirklich nicht rosig aus. Dazu kommt noch eine Portion Abschreibungen, Gewinneinbrüche (siehe Shell Artikel) und beachtliche Investitionsrückgänge. Und wenn dann auch noch in der Medienwelt Artikel kursieren wie “Das Fracking-Wunder bleibt aus” oder “Fracking lohnt nicht”, sollte das zu Denken geben.

    Manchmal ist es nicht unbedingt nötig, dass ein Parameter extrem aus der Reihe fällt; manchmal reicht es auch, wenn viele Parameter kleine Veränderungen hervorrufen. Gerade wenn diese alle in die gleiche Richtung tendieren. Dann ist die Wirkung gewaltiger bzw. das Ergebnis extremer.

    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/oelkonzern-shell-ueberrascht-mit-gewinneinbruch-12756273.html

  8. Marcus Kracht sagt:

    Ein Lesertreffen bei der DeGrowth-Tagung wäre in der Tat interessant. Ich würde gerne kommen.

    Mal etwas ganz anderes.
    John Michael Greer hat in seinem Aufsatz “Seven Sustainable Technologies” (http://www.resilience.org/stories/2014-01-15/seven-sustainable-technologies) noch einmal auf folgendes Faktum hingewiesen: auch die erneuerbaren Energien haben so ihre Grenzen. In http://www.theoildrum.com/node/8322 argumentiert Carlos de Castro, die Windenergie könne der Atmosphäre nur etwa 1 TW entziehen, etwa 6 Prozent des Weltenergiebedarfs. Und zwar aus rein physikalischen Gründen. So etwas geht leicht unter, weil alle denken, alles nur eine Frage, wie viele Windräder man hinstellt. Enge Grenzen sind ja auch dem Biosprit gesetzt. Bei der Photovoltaik bin ich mir noch nicht so sicher.

    • Ert sagt:

      Danke – super Artikel.

      Zu PV hat Gail letztens in einem Kommentar auf ein Buch hingewiesen in dem PV mit EROEI von 2,5 angegeben wird – in Spanien! : Spain’s Photovoltaic Revolution: The Energy Return on Investment, Pedro A. Prieto, 2013, Springer Press (SpringerBriefs in Energy).

      Zu Materialaufwänden von “Terrawatt-Technologien” generell: Future Global Energy Prosperity: The Terawatt Challenge Richard E. Smalley, MRS Bulletin, Volume 30, June 2005, http://cohesion.rice.edu/naturalsciences/smalley/emplibrary/120204%20mrs%20boston.pdf

      Gerade die Materialaufwände ernüchtern doch dann mal sehr schnell….

    • Ert sagt:

      @Markus

      die 16TW globaler (dauer) Energieverbrauch ist ‘alles’ – also die Energie die in allem was wir so ‘verheizen’.

      Die globale Stromproduktion ist aktuell ca. 23.000 TW/h im Jahr – ca. 2,5TW Dauerkapazität.

      1TW mit Wind wäre also – bezogen auf die heutige elektrische Erzeugungskapazität – schon eine sehr gute Hausnummer! Leider wird oft TW und TW/h sowie elektrisch und gesamtenergetisch zusammengewürfelt… da bin ich auch schon oft drauf reingefallen.

      • Marcus Kracht sagt:

        @ Ert:

        Ich meinte in der Tat 1 TW, also ca 10 000 TWh/Jahre. Und das ist eben nur die physikalische Obergrenze. Die deutsche Stromproduktion liegt immerhin bei 80 GW! Das Problem ist ja, dass man eben auch Heizen und Transportieren muss. Ist schon klar: nicht unbedingt mit Strom, nur womit dann? Wer zB Strom in Erdgas umwandelt, muss auch die Wandlungsverluste einrechnen. Und so weiter.

        MaW die 1 TW klingen nach viel, sind es aber nicht angesichsts der gegenwärtigen Situation.

        • Stephan sagt:

          @Marcus Kracht

          Selbstverfreilich kann man mit Strom heizen! ;-)
          Wenn man z.B. in eine Suchmaschine “Heizen mit Wind” eingibt, dann kommen eine Menge Treffer. Aber ich will es hier mal kurz zusammenfassen:
          1. Sollte man zunächst den Heizbedarf so weit wie es geht senken:
          – Durch isolieren (s. diese Do-it-Yourself-Heft für ca. 5,- Euro: “Heft 3: Doppelfenster, Trockenlegen, Isolieren…
          Ökosanierung und alternativ-Bauweisen. Mit Material- und Trickverzeichnis…”,96 Seiten, einfaelle-statt-abfaelle.de/index.php?userid=370007ab3940875d742b62765e1532fa&details=on&title=18#18 )
          – Durch optimale Einstellung der Heizkörper (Flur, Keller = niedrige Temperatur) und optimales Lüften (Stoßlüftung, keine Kipplüftung)
          – durch die Verwendung von Flächenheizkörpern mit einer Vorlauftemperatur von nur noch ca. 35°C (gegenüber ca. 60°C früher), was aber dann auch einen deutlich größeren Heizungskessel benötigt (evtl. nachträglicher Einbau eines Latentwärmespeichers)
          – Durch Optimierung der Heizungsanlage:
          Eine super Darstellung eines Umbaus der Heizungsanlage eines Hause (durch Fachfirma) mit ausführlichen Beschreibungen und Daten:

          Unser Optimierungsobjekt NT-Heizungsanlage
          Wir stellen für Nicht-Fachleute hier eigentlich etwas schwer Vorstellbares dar:
          Wir haben den Heizölverbrauch eines Hauses, das nach den Maßstäben von Energieabrechnern an der untersten Grenze des mittleren deutschen Energieverbrauches lag, noch weiter nach unten gedrückt: Ohne frieren, ohne Komfortverlust. Also dort angefangen, wo andere aufhörten…
          Der mittlere Flächenverbrauch in Deutschland liegt klimabereinigt bei 18,77 Litern/(m²*a). Wir lagen 1992 bei 11…12 Litern – das ist für den Aachener Heizspiegel ( web.archive.org/web/20070412043455/http://www.heizungsbetrieb.de/pdf/heizspiegel2002.pdf ) schon ‘zum Zurücklehnen’ optimal. Heute liegen wir bei 7,08 Litern. Mit Warmwasser. Allein mit Maßnahmen am Kessel und mit Einstellungen! Keine Isolierung, keine neuen Fenster!
          http://www.heizungsbetrieb.de/de/optimal2.html

        • Stephan sagt:

          II. Teil
          2. Könnte man statt mit einer optimierten Öl- oder Gasheizungsanlage auch elektrisch heizen:
          a) Mit einer elektrischen Fußbodenheizung (wird in Zukunft ziemlich teuer, vor allem bei hohem Verbrauch).
          b) Durch den Einbau einer sogenannten Heizpatrone (quasi ein Tauchsieder) in den Heizungskessel.
          c) Durch Heizen mit Hilfe einer elektrisch betriebenen Wärmepumpe (bei der Verwendung von Flächenheizkörpern mit niedriger Vorlauftemperatur kommt hier gleich noch der Vorteil dazu, dass die Jahresarbeitszahl (JAZ), quasi der EROEI einer Wärmepumpe, hier bis zu 5 betragen kann, d.h. nur 1kWh Strom für bis zu 5kWh Wärme), die entweder den Heizungskessel oder direkt die Fußbodenheizung heizt.

          Dazu ein Kommentar aus dem Forum Haustechnikdialog.de:
          “Verfasser: Veco aus VS, Zeit: 20.01.2007 16:06:27

          1) es ist unbestritten, daß hier im Forum schon viele das “Kunststück” – eine einfache Baumarkt-Klima(Anm.:-Anlage) umgebaut zum L-W-WP (Anm.: Luft-Wasser-Wärmepumpe – keine Ahnung was das genau sein soll, Wasser- oder Luft-Anzapfung je nachdem?) geschafft haben. Mann lässt einfach das Innenteil weg und baut hier ein WT (Anm.: Wärmetauscher) ein, das bei eBay für ca. 100 Euronen zu bekommen ist… ob als Heizungunterstützung oder WW-Bereitung… es ist wirklich kein “Hexenwerk”! Die “marktreife” Produkte kosten das 10-fache und sind kein bischen besser…

          3) Sie schreiben: “…Einen kleinen, billigen Kompressor werden Sie z.B. nicht gegen alle möglichen Störungen absichern…”. – kann ich überhaupt nicht akzeptieren. Es gibt nur wenige WP-Kompressorbauer welweit, und auch in Ihre Anlage läuft einer davon. Die sind auch bei einfachsten Baumarktgeräten – die gleichen!!! Nur das KM (Anm.: Kältemittel) entscheidet welche Verdichtung gefahren wird.
          Schutzmassnahmen? Dann nehmen wir bitte 3-4 billige Klienkompressoren – bei Ausfall wird einfach auf den nächsten umgeschaltet und das “kranke Teil” billig ausgetauscht – ohne Betriebsunterbrechung. Ich brauche Ihnen nicht erleutern welche weitere Vorteile bei solchen tandem/Paralell-Betrieb im bezug auf JAZ erzielbar ist…”
          http://www.haustechnikdialog.de/Forum/t/48573/Heizen-mit-Eis?page=3

          Wie kann man elektrisch heizen?
          – Durch die Verwendung von Nachstrom mit Nachtstromtarif (NT), was aber auch ziemlich teuer werden wird.
          – Durch eine eigene WKA im Garten (mind. ca. 1-2kW Leistung, sinnvoll vermutlich nur nördlich des Ruhrgebiets), die auch selbst gebaut werden kann (s. einfaelle-statt-abfaelle.de/index.php?userid=370007ab3940875d742b62765e1532fa&details=on&title=5#5 ). Probleme gibt es wahrscheinlich mit der dafür erforderlichen Genehmigung (höher als 10 Meter wäre gut).
          – Durch den vertraglich gesicherten Bezug von (überschüssigem) Windstrom, was aber wegen der Netznutzungsentgelte nur sinnvoll ist in der Nähe (100-200km Entfernung?) eines Windparks. Vor ein paar Tagen kam im Radio die Meldung, dass es inzwischen sechs oder sieben (bundesweit oder jeweils regional) verschiedene Anbieter von Nachtstrom gibt. Damit müsste es eigentlich möglich sein große Mengen des überschüssigen Windstroms sinnvoll mit Hilfe einer Wärmepumpe (oder auch nur mit einer Heizpatrone) in Heizungsanlagen zu speichern.

  9. Stephan sagt:

    Was ist eigentlich der Zustand des größten Ölfeldes der Welt, Ghawar, das in Saudi-Arabien liegt?

    Matthew Simmons hatte einen sehr ausführlichen Artikel über seine Analyse der saudi-arabischen Ölfelder geschrieben, nach Auswertung von tausenden von Dokumenten:

    Published on 29 Jul 2004 by Global Public Media. Archived on 29 Jul 2004.
    Simmons: The Implications of Saudi Arabian Oil Declining (transcript – part 1)

    Since Ghawar basically accounts for 60 to 65% of their production with apparently 5 million b/d in 2003, and its peak production was about 5 ½ million b/d when Saudi Arabia briefly produced 10 million b/d of oil in 1980, if Ghawar finally loses reservoir pressure, is that a big deal?

    They (Anm.: Saudi Aramco) have maintained from 1951 through 2003 constant reservoir pressure. Guess how they do that? They basically are injecting 7 million b/d of seawater into the north end of Ghawar.

    They are very pleased at that bottom line that the water cut at the best part of Ghawar is only 36%. There are a lot of articles written about water cut that say that when you get to 40% you’re almost to 80%,
    (Simmons: Die Folgen des Rückgangs der saudi-arabischen Ölförderung (Transskript – Teil 1)
    ..
    Da Ghawar im Grund einen Anteil von 60 bis 65 Prozent ihrer Ölförderung, mit anscheinend 5 Mio. b/d im Jahr 2003, umfasst, und sein maximaler Ausstoß 5,5 Mio. b/d betrug, als Saudi-Arabien für kurze Zeit 10 Mio. b/d im Jahr 1980 förderte, ist die Frage, wenn in Ghawar endgültig der Förderdruck zurückgeht, ob das eine große Sache ist?

    Sie haben in den Jahren von 1951 bis 2003 einen konstanten Förderdruck aufrecht gehalten. Raten Sie mal womit? Sie pumpen täglich 7 Mio. Barrel Meerwasser in das nördliche Ende von Ghawar.

    In der letzten Zeile (Anm.: auf einer Folie mit Informationen von Saudi Aramco) zeigen sie sich sehr erfreut, dass der water cut (Anm.: Anteil an Meerwasser am geförderten Öl-Wasser-Gemisch) bei nur 36% liegt. Es gibt eine Menge Artikel über den Wasseranteil, in denen zu lesen ist, dass wenn man bei 40% ist, man praktisch schon bei 80% liegt,)
    http://www.energybulletin.net/1264.html (heute resilience.org).

    Heute, neuneinhalb Jahre später, hätte man doch wahrscheinlich eigentlich längst etwas über einen sehr großen Wasseranteil in der saudi-arabischen Ölförderung lesen müssen. Wird dort vielleicht auch mit Fracking gerade noch das Letzte aus dem Boden herausgeholt?

    • Ert sagt:

      @Stephan

      Ron geht auf eine Nachfrage zu Ghawar im Kommentarbereich zu seinem aktuellen Blogbeitrag ein: http://peakoilbarrel.com/update-opec-january-momr-december-production-data/

      Da hat er auch Bilder was das injizierte Wasser genau macht… alles nicht so schön. In 2013 wollten Sie dann auch mit der CO2 Injektion anfangen…

      Letztendlich hat aber keiner genaue Daten – auch die IEA nicht. Die Saudis halten anscheinend alles soweit geheim und lassen sich da nicht in die Karten schauen. Und ich denke Ron & Co. sind sehr gut informiert.

  10. Florian Hoppe sagt:

    http://www.theguardian.com/environment/earth-insight/2014/jan/17/peak-oil-oilandgascompanies

    Eine vom U.S. Militär gesponserte Konferenz warnt davor, daß die weitere Abhängigkeit von fossiler Energie zu einer neuen Finanzkrise führen könnte bzw. gefährliche Klimaveränderungen.

  11. Ert sagt:

    BP hat gerade den neuen Energy Outlook 2035 veröffentlicht: http://www.bp.com/en/global/corporate/about-bp/energy-economics/energy-outlook.html

    Und hier die PPT dazu: http://www.bp.com/content/dam/bp/ppt/Energy_economics/Energy_Outlook_2035_presentation.pptx

    Aus der Presseerklärung: “Oil is expected to be the slowest growing of the major fuels to 2035, with demand growing at an average of just 0.8% a year. Nonetheless, this will still result in demand for oil and other liquid fuels being nearly 19 million barrels a day higher in 2035 than 2012. All the net demand growth is expected to come from outside the OECD – demand growth from China, India and the Middle East will together account for almost all of net demand growth.

    Growth in the supply of oil and other liquids (including biofuels) to 2035 is expected to come mainly from the Americas and Middle East. More than half of the growth will come from non-OPEC sources, with rising production from US tight oil, Canadian oil sands, Brazilian deepwater and biofuels more than offsetting mature declines elsewhere. Increasing production from new tight oil resources is expected to result in the US overtaking Saudi Arabia to become the world’s largest producer of liquids in 2014. US oil imports are expected to fall nearly 75% between 2012 and 2035.”

    Also die haben echt zu viel ‘Hopeium’ getrunken.. oder was anderes – auf jeden Fall will ich das Zeug auch haben!

  12. Jur sagt:

    Ein bisschen OT, aber vielleicht interessiert es hier jemanden.

    In den Niederlanden wird seit einiger Zeit protestiert gegen die Erdgasgewinnung im Norden des Landes (Provinz Groningen). Sogar die Polizei musste bereits einschreiten. Die zunehmende Zahl der immer schwereren Erdbeben in diesem Gebiet als Folge der Erdgasgewinnung beunruhigt die Bevölkerung.

    Gestern hat der niederländische Wirtschaftsminister angekündigt, dass die Erdgasförderung in Groningen deswegen ab sofort reduziert wird. Statt ca 54 Milliarden m3 in 2013, sollen 2014 und 2015 42,5 Milliarden m3 und 2016 40 Millarden m3 Erdgas aus de Erdgasfeldern in Loppersum und Umgebung gefördert werden.

    Inwiefern der sparsamere Umgang mit den abnehmenden eigenen Resourcen auch eine Rolle bei dieser Entscheidung der niederländischen Regierung spielt, kann ich nicht sagen.

  13. Ert sagt:

    @Florian und der Rest

    Florian hatte weiter Oben auf einen Guardian-Artikel verwiesen – US Militärs hatten ende 2013 eine Konferenz bez. Energie, Finanzsystem und Klima (u.a. auch Hughs, Leggitt, etc.).

    Hier gibt es eine sehr gute Zusammenfassung: http://www.jeremyleggett.net/wp-content/uploads/2014/01/131210-TESD-Part-One-edited-transcript.pdf

    Für alle die an Öl, Fracking, Shales, Exportland, Klima, etc. interessiert sind ist es eine extrem dichte Faktensammlung.

    • Florian Hoppe sagt:

      Danke. Dieses Transkript fasst praktisch alles zusammen, was in der aktuellen Diskussion wichtig ist.

      @Irak: Ein Jahr alter Artikel, aber wenn die Chinesen hier wirklich LOU betreiben, kann sich der Westen deren Öl schon abschminken.

      @Methan-Hydrate: Überrascht mich auch nicht. Aber schön, daß es hier endlich konkrete Zahlen gibt.

      • Ert sagt:

        @Florian

        Ich schreibe nun schon seit ca. 1 Monat nebenbei an einer “Zusammenfassung” des aktuellen Status-Quo und ergänze das durch alles was ich finde… auch Lösungsansätze.

        Aktuell geht mir aber Guy McPherson nicht aus dem Kopf. Er berichtet über Studenten die Ihn angesichts all dieser Fakten Fragen: “So, what should I do?”, worauf er mit einer Frage antwortet: “What do you love?” .

        • Florian Hoppe sagt:

          @Lösungsansätze: Hab ich glaube ich schon mal erwähnt, aber setze mal den “Futur Zwei” Zukunftsalamanach 2013 von Harald Welzer und Stephan Rammler auf deine “To Buy” Liste. Da findest du ein paar sehr interessante Szenarien.

        • Tom Schülke sagt:

          Ja… Allerdings.. ich denke die unter Uns die diesen Blog regelmäßig besuchen , sind ohnehin letztlich zu dem klaren Ergebnis gekommen, das der Peak direkt vor uns liegt und wir eigentlich schon mitten in der Entwicklung drinn stecken.

          So spannend die Entwicklung auch ist, ist das genau die Frage. ” What should i Do”. Das ist die Frage die ich mir persönlich auch ständig stelle, und bei der ich sehe, das die Möglichkeiten sehr stark von der aktuellen privaten Situation abhängig sind. Wenn man keinen eigenen Garten hat, oder Kinder in der Schule, kein Haus erbt, oder ein niedriges gehalt, sind die optionen natürlich eingeschränkt. Und natürlich zieht auch nicht bei jedem die Familie mit am selben Strang. Viele werden sicher erleben das die Freunde oder Verwandten lieber die Ohren anlegen, laut pfeifen oder sich an die Stirn tippen. Um so wichtiger also das es hier ein Forum und eine Platform gibt.

          “So , What should i Do ? ”

          Eigentlich sollten wir mal eine große Sammelschublade auf machen. Von— was kann ich selber tun, über was können Organisationen tun bis zu wie kann man eine neue Wirtschaft organisieren.

          Tom

  14. […] kommt jetzt die mediale Gegenbewegung. Eine realistische und faktenreiche Einschätzung auf peak-oil.com von Norbert […]

  15. M.U. sagt:

    Wäre einem Lesertreffen gegenüber ebenfalls nicht abgeneigt. Würde mich freuen Sie ein weiteres mal Life zu sehen :)

  16. Mario sagt:

    What should I do?

    Letztendlich geht es darum sich selbst und die am nächsten liegenden Familienangehörige und Freunde auf das Kommende vorzubereiten (wie auch immer das Kommende aussehen mag; auf jeden Fall wird es weniger als mehr sein- in vielen Lebensbereichen). Predigen und den mahnenden Finger zu heben bringt nichts. Man muss das Ganze subtiler angehen.
    Ich verfolge den Ansatz wie es einmal der Volkswissenschaftler Niko Paech in der Doku „Weniger ist mehr“ formulierte: „Man muss üben weniger Auto zu fahren, man muss üben ein Jackett auch 10 Jahre zu tragen, man muss üben…“

    Ich versuche bzw. übe im Alltag Dinge und Produkte länger zu benutzen (Auto, Kleidung, Handy), Neuanschaffungen nach Möglichkeit hinauszuzögern (Möbel), Neuanschaffungen gebraucht zu erwerben und aussortierte Sachen zu verkaufen oder zu verschenken. Es gibt immer Leute die noch weniger besitzen. Was für uns nicht mehr gut erscheint, ist für andere noch voll in Ordnung.

    Das Ganze fängt beim Erwerb von Kinderspielzeug und Klamotten an. Diese werden fast komplett gebraucht erworben oder in vielen Fällen von Freunden geliehen, da diese Dinge besonders schnelllebig sind. Der Wickeltisch wird auch mal selbst gebaut, Stoffwindeln benutzt anstatt Pampers (natürlich sind auch Ausnahmen drin). Bücherei oder gebraucht, statt Buchhandlung und neu. Alles natürlich nur das was möglich ist.
    Beim Kauf auf Produkte achten, die möglichst ohne Mineralöleinsatz hergestellt werden. Weichspüler ist auch nicht unbedingt nötig; Im Waschmittel stecken schon genug Duftstoffe.
    An Weihnachten gibt es Wunschlisten in der Familie (man muss sich dann keinen Blödsinn ausdenken). Bei mir stehen mehr und mehr (nicht nur, aber hauptsächlich) nützliche Sachen für den Haushalt oder den täglichen Gebrauch drin und weniger DVDs, CDs oder Bücher. Es gibt viele kleine Möglichkeiten heute sofort anzufangen etwas zu tun…

    Und wenn man von der eigenen Lebensweise überzeugt ist und das anderen Leuten vorlebt und sachlich begründet, warum man dies und das tut, ist die Einsicht bzw. Änderung der eigenen Sicht relativ groß. Ich denke so erreicht man deutlich mehr, als wenn man als Missionar herumläuft.
    Man muss vorleben, dass es mit weniger geht, ohne sich in der Lebensqualität einschränken zu müssen. Das schafft Resilienz.

    • Tom Schülke sagt:

      Ja in dem Sinne versuche ich mich natürlich auch zu entwickeln… eine Ungeschickt geschnittene 70 m² Wohnung mit nur 2 Zimmern aber bei 4 personenen ist Knapp. Dennoch habe ich einen Weg gefunden die Wohnung Räumlich weiter Zu unterteilen um jedem ein zimmer zu ermöglichen.. Wenn Möbel, dann nur noch so hochwertig, das der Tischler seine Freude hat. Gut gepflegt hält der Entwurf 100 – 200 Jahre… Der alte Kamin bleibt bestehen..

      Aber genügt das ? Viel mehr als ein wenig in die Ufernähe des reißenden flußes zu steuern kann man nicht. Natürlich hätte ich gerne einen Garten um Anbau zu betreiben. Wie aber bei wohl 80-90% der Bevölkerung ist das nicht drinn. Und immerhin die Lebensversicherungen gekündigt, da das Papiergeld in 30 Jahren nix wert sein wird.

      Zudem zunehmend sinnvolle dinge anschaffen wie zb. gutes Werkzeug.

      Das ist aber letztlich immer noch zu wenig.

      • Mario sagt:

        @Tom Schülke: Aber besser man tut etwas als sich zurückzulehnen und zu warten, dass etwas passiert. Man schafft zumindest für sich und seine Familie einen Vorteil (in mentaler und praktischer Hinsicht).
        Man kann sich schwierigen Situationen leichter anpassen als wenn man unwissend die Keule abbekommt. Darauf läuft es am Ende hinaus.
        Werkzeug und hochwertige Möbel sind eine gute Möglichkeit.

    • Ert sagt:

      @Mario & Tom

      genau so sehe ich es auch.

      Niko Paech versucht zumindest das Thema anzusprechen und die Folgen des eigenen Tuns zu verdeutlichen – und er macht es klasse.

      Als Ökonom hat er aber auch keinen Ausweg, der für alle passt (also inkl. dem System der wirtschaftlichen Vorfinanzierung über Kredit) – aber jeder kann damit anfangen.

      Wenn alle es tun würden, dann würde das Staatssystem – das immer mehr Abgaben braucht (und diese erzwingen kann) kollabieren bzw. müsste sich dramatisch umstrukturieren. J.H. Tainter hat ja in “Collapse of Complex Societies” von der archäologischen Seite genau das beschrieben was auch Paech sagt. Meine Kurzversion: Gesellschaften werden mit den Ihn zu Verfügung stehenden Ressourcen größer, schaffen Komplexität und wenn die Ressourcen dann schlechter werden – versuchten Sie mit ‘Technofixes’ (also zusätzlicher Komplexität), Abgaben, Regeln, Vorschriften die Probleme zu kitten… bis dann jeder Fix ‘Netto’ nur noch nachteilig ist.

      Wichtig ist aber – das wenn man diese Vereinfachung praktiziert – man selber resilenter wird. Das bereitet einen finanziell und insbesondere auch psychisch auf andere Zeiten vor und wirft schon heute viel unnötigen Ballast ab.

      Wer es gut praktiziert – der kann dann auch jetzt schon seine selbstständige oder abhängige Arbeit reduzieren. Dies einfach, weil er das zusätzliche Einkommen nicht mehr braucht. Zwar ist der Eichhörnchentrieb noch da – aber hier muss man versuchen den in andere Bahnen zu lenken ;-)

  17. frank sagt:

    Gratuliere 53 Reflektionen. Das ist eine enorme Resonanz. Dies scheint eine treffliche Community. Die Algorithmen mit ihrem zwangläufigen unentweichbaren Abläufen können ohne einen Bruch nicht verändert werden. So erscheint mir die Reichweite der Erkenntnis aus diesem Blog begrenzt,- obwohl sich die Hinweise verdichten, dass ein Wendepunkt vor der Türe steht. Aus meiner täglichen Praxis muss ich leider feststellen, dass wir Lemming artig getrieben starr den Kurs halten. Die Kapitäne unserer Wirtschaft sind scheinbar abgeschottet jeglicher aufkeimender Realität. Leider ;-))krabbeln die systemischen Verwerfungen gerade in den Mittelstand. Man spürt gerade wie der Wind auffrischt. Genug der Prosa. Ein Treffen im September fände ich gut.

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