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IEA sieht Russland am Öl-Peak, Fatih Birol wird neuer IEA-Direktor

Im jüngsten Ölmarktbericht nennt die Internationale Energieagentur den Ölpreisabsturz sowohl durch das erhöhte Angebot (USA, Irak) wie auch durch die Nachfrageseite getrieben: Die Welt werde mehr digital, was den Bedarf an Treibstoffen verringert. Großer Verlierer der Krise sei Russland, das durch einen einbrechenden Ölpreis, westliche Sanktionen und eine starke Rubel-Abwertung am meisten zu verlieren hat. Von 2014 bis 2020 werde die russische Tages-Ölförderung durch mangelnde Investitionen um 560.000 Barrel zurückgehen. Bei N-TV (via: dpa) klingt diese Meldung ein wenig wie ein "Sieg der Sanktionen". Dabei ist die russische Ölförderung heute wesentlich für die Ölversorgung Europas verantwortlich. Bei etwas über 10 Millionen Barrel derzeitiger Ölförderung pro Tag und einem Exportvolumen von 7 Millionen Barrel sind ein halbes Millionen Barrel zwar nur etwa 7% des Exportvolumens. Dennoch bedeutet dies, dass Russlands Käufer diese Menge an Treibstoffen bis 2020 einsparen oder aus anderen Weltregionen zukaufen müssen. Die IEA erwartet, dass der US-Fracking-Boom nicht am Ende ist, sondern nur eine Pause einlegt. Demnach könnte US-Light-Tight-Oil den Rückgang russischer Ölförderung ausgleichen und die globalen Exportrouten verändern. Dennoch bedeutet die Aussage der IEA, dass einer der Top-3-Ölförderer der Welt seinen Peak im Laufe der kommenden 5 Jahre überschreiten wird. Die IEA macht keine Aussage, mit welcher Geschwindigkeit die Ölförderung Russlands nach dem Jahr 2020 schrumpft.

Die IEA teilt dieser Tage außerdem mit, dass Fatih Birol ab September ihr neuer Direktor wird. Der bislang als Chefökonom der Agentur arbeitende Birol hat OPEC-Erfahrung und das Peak-Thema in dem von ihm verantworteten World Energy Outlook regelmäßig verarbeitet. Er wird oft mit dem Satz zitiert "Wir müssen das Öl verlassen, bevor es uns verläßt" und auf ihn gehen starke Bilder zurück wie das von den vier Saudi-Arabiens, die die Welt bis 2030 finden müsse, um den Rückgang der alten Ölfelder auszugleichen. Mit ihm rückt ein fachlich versierter Peak-Oil-Kenner, der Warner aber kein Doomer ist, an die Spitze der wichtigsten Energie-Organisation der Industrieländer (OECD).

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37 Kommentare to “IEA sieht Russland am Öl-Peak, Fatih Birol wird neuer IEA-Direktor”

  1. Hendrik Altmann sagt:

    Russland hatte aber schon vor dem Ölpreisabsturz, für 2016 seinen Peak in der Ölproduktion angekündigt.

    Der Peak in der US fracking Förderung ist auch nicht mehr weit, ab da an steigen die Förderkosten an, weil für den gleichen Output an Öl, viel mehr Förderanlagen ans Netz gehen müssen.

    Was mich skeptisch werden lässt ob fracking in den USA nur eine Pause einlegt.

  2. Tom schülke sagt:

    Das Fracking legt keine Pause ein. Was folgt ist der kater nach dem grossen gelage. Ich bezweifel das nach einem massiven frackingabsturz der doch gerade erst einsetzt, erneut investoren für junk kredite gefunden werden. Die ganze fracking euphorie schwamm doch auf der welle massiv überhöhter reservenmeldungen und der unterstützung walstreets. Investoren werden sicher vorsichtiger werden die ständige refinanzierung des red queen rennens weiter zu fördern.

    Da ist nichts was zurückkommen wird. Mal so mein heutiges kafeesatz . Keseergebnis..

    • Tom schülke sagt:

      Ähm. Handytastatur… meinte leeseergebnis.

    • Norbert Rost sagt:

      Wir haben da zwei Seiten zu sehen: Die ökonomische, die durchaus so laufen kann, wie du sie beschreibst. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass auch “Investoren” a) vergesslich und b) gierig sind.

      Und dann ist da die technische Seite und da müssen wir im Vergleich zwischen Fracking und der Förderung aus “konventionellen Ölfeldern” feststellen, dass man sehr viel schneller Drilling-Rigs auffahren, Fracking-Teams hinsenden und LKWs zum Abtransport für eine Fracking-Bohrung bereitstellen kann als man die großen konventionellen Felder ausbeutet. Heißt: Fracking kann wie eine Art Kavallerie relativ schnell ausgerollt werden, auch wenn die Erträge der einzelnen Bohrung eher klein und der Förderabfall rasant ist.

      Aber wenn die Ölpreise mal wieder die 110 US$ überschießen wirst du sehen, dass es an Investoren nicht mangeln wird um “mal eben schnell wieder ein paar Fracks zu setzen” – selbst wenn der aktuelle Boom grade gebrochen wird.

      Ich nehme an, das haben die IEAler vor Augen, wenn sie von einer “Pause” sprechen.

      • Stefan Wietzke sagt:

        Merkwürdige Diskussion. Schließlich erwartet die amerikanische Energiebehörde den Peak beim Fracking für nächstes Jahr. Und das war ohne den Ölpreiseinbruch. Selbst wenn sich das noch mal ein paar Jahre nach hinten schieben lässt, ändert das nichts.

        Außerdem ist die ökonomische Situation entscheidend. Wie viel Öl technisch förderbar ist, ist völlig irrelevant, solange es nicht billig genug förderbar ist.

  3. Frank Bell sagt:

    Off topic, aber weil es so gruselig ist:

    Da wird wohl ganz unverhohlen Fracking propagiert, auch wenn es nicht gesagt wird.

    Deutschland leidet unter gefährlicher Öko-Hysterie

    http://www.welt.de/wirtschaft/article137324810/Deutschland-leidet-unter-gefaehrlicher-Oeko-Hysterie.html

    Und deutsch kann der Autor des Beitrages in der Welt auch nicht. Denn es heisst gewinkt und nicht gewunken.

  4. Kai Fischer sagt:

    Gigant in Norwegen entdeckt.

    2-3 Milliarden Barrel förderbares Öl in Europa !!
    Ab 2019 gehts los.
    Ab 40 US$ profitabel.

    http://www.wsj.com/articles/satoil-wants-40-of-north-sea-field-1423813287

    Ob man das aus Klimaschutzgründen fördern und verbrennen DARF ist natürlich eine andere Sache.

    Gruß

    • Spigola sagt:

      Wie immer lohnt sich der Blick auf die historischen, wirklich grossen Ölfelder im Vergleich: Ghawar: geschätzt 170 Mrd bl, davon 70-100 Mrd bl förderbar, Maximalförderung 5,1 Mio bl/tag, Cantarell: geschätzt 11 Mrd bl, Maximalförderung 2,1 Mio bl/tag (und liegt bekanntlich in der letzten Ausbeutungsphase)
      Das Johan Sverdrup-Feld wird auf insgesamt 1,8-2,9 Mrd bl geschätzt, seine erreichbare Maximalförderung auf 500 000 bl/tag. Zweifellos ein grosses Feld, aber das Wort “Gigant” ist sicher schwer übertrieben.
      Wie sehen eigentlich die aktuellen Weltverbrauchszahlen aus? So um die 90 Mio bl/tag?

    • Norbert Rost sagt:

      Entdeckt schon 2010. Offenbar ist man sich nun über einen Förder-Plan einig, was die Pressemeldungen hervorruft.

      Bin gespannt, ob die Norweger das Feld zum technischen Tagesfördermaximum von 500.000 Barrel pro Tag ausfahren oder ob sie “zur Finanzierung des Wohlfahrtsstaats auf Jahrzehnte” lieber langsamer, dafür länger fördern…

      Zum Vergleich: Europas Eigenförderung lag zuletzt bei ca. 4 Mio Barrel am Tag bei einem Verbrauch von ca. 14 Mio Barrel täglich. Hält der Förderverlust seit Überschreiten des Peaks an, so werden 2019 weniger als 3 Millionen Barrel gefördert. Wenn Johan Sverdrup nach 2019 “voll ausgefahren” ist, könnte es allein ein Viertel der europäischen Ölförderung bereitstellen und ein Plateau um die 2 bis 2,5 Millionen Barrel für einige Jahre halten. Für den Ölverbrauch des alten Kontinents trägt es dann aber dennoch nur etwa 5% bei. (Alle Zahlen unter Fortschreibung aktueller Förder- und Verbrauchtrends: http://www.peak-oil.com/2014/10/europas-oelversorgung-zwischen-russland-und-china/ )

      Insofern: Kein Game Changer. Und natürlich wird man fördern, wen der heute Lebenden interessiert schon Klimaschutz, wenn man Autofahren kann?

      • Michael Egloff sagt:

        Hallo Spigola,
        im Sinne der Definition ist das Feld tatsächlich ein “Gigant”, denn Felder über 0,5 Gb werden ja als “Giants” klassifiziert, über 5 Gb als “Super-Giants”.
        Woran man sieht, wie viele Gigantenfelder die Menschheit benötigt, um den ständig steigenen Öldurst zu stillen. Ein Irrsinn!
        Wenn man also den Output dieses Feldes schnell steigern will auf 0,5 Mb/d, dann würde nach etwa 8 Jahren das maximale Förderplateau des Feldes bereits überschritten haben und nach etwa 15 Jahren würden nur noch relativ geringe Mengen gefördert werden.
        Wenn ich Entscheider in Norwegen wäre, würde ich das Feld noch mindestens 10 Jahre unausgebeutet lassen und es dann im Wesentlichen für den norwegischen Eigenbedarf ausbeuten.
        Eine natürlich völlig unmoderne Sichtweise. Alle fördern, als wollten sie mit voller Absicht dafür sorgen, dass das ölbasierte Energieparadies möglichst bald zu Ende geht.
        Von Klimaaspekten, wie sie Norbert zu recht erwähnt, völlig abgesehen.
        Dann müssten nämlich alle Neufunde in der Erde verbleiben.
        Eine noch viel unmodernere Sichtweise.
        Macht nichts. Wir haben ja den Wanderzirkus der Klimakonferenzen. Dort können wir uns immer wieder bestätigen, was wir schon alles gegen den Klimawandel tun.
        Wir leben eben im Zeitalter der virtuellen Realität.
        Und die ist etwa diametral entgegengesetzt der “normalen” Realität.

  5. Klaus-Peter Romberg sagt:

    was mich interessiert, bei diesen peak-oil diskussionen um blutöl, wann sind alternativen aus dieser sackgasse rentabel? was kostet ein barrel “power to liquid”aus erneuerbaren energien um die menschenrechtsverletzungen bedingt aus erdöl, zu verringern

    • Michael Egloff sagt:

      Hallo Klaus-Peter,
      für power to liquid habe ich keine Informationen.
      Lediglich für Power to Gas aus EE habe ich bisher Angaben gehört.
      Danach ist Gas aus PtG um 400 bis 500% teurer als russisches Exportgas, sprich unser Importgas.
      Überprüfen kann man solche Angaben natürlich nicht, aber die Größenordnung halte ich für plausibel.
      Für PtL werden die Verhältnise wohl auch nicht günstiger aussehen, vermute ich.
      Aber Vorsicht! Spekulation ohne unabhängige Information!

    • ab.er sagt:

      Hallo Klaus-Peter

      das Rentabel-Werden von Alternativen ändert wenig an der Tatsache, dass die Alternativen in der Regel (deutlich) teurer sind als die aktuell genutzten fossilen Brennstoffe.

      Damit geht das Wirtschaftswachstum den Bach runter. Die Folgen kannst Du Dir ausmalen.

    • Stefan Wietzke sagt:

      PtoL ist nichts anderes als eine spezielle Form einer Energieumwandlung. Nun ist es physikalisch immer möglich Energieformen praktisch belieig ineinander zu überführen. Aber jede Überführung verringert den Anteil nutzbarer Energie. Anders ausgedrückt, der Wirkungsgrad des Systems sinkt. Und ein Verfahren mit niedrigem Wirkungsgrad durch ein Verfahren mit einem noch niedrigeren Wirkungsgrad zu ersetzen kann das Problem nicht lösen.

      Deswegen ist Öl ja der genialste Energieträger. Man kann es (fast) direkt verwenden. Einmal durch eine Destilierkolonne schieben und schon sind die Fraktionen praktisch überall einsetzbar. Dazu ist es extrem leicht zu handhaben. Was dazu führt, das auch nur sehr wenig vom Energiegehalt des Öls dafür benötigt wird, um es an jeden Gebrauchsort zu bringen.

      Machen wir mal eine kurze überschlägige Wirkungsgradberechnung für PtoL.
      Umwandlungskette:
      Sonnenlicht->Strom->Stromtransport->Sprit
      Dazu berücksichtigen wir dann noch den EROI der einzelnen Anlagenkomponenten.

      Das ergibt:

      15% x 90% x 90% x 70% x 95% = 8% Wirkungsgrad

      Und die hier angenommen Größen sind deutlich oberhalb dessen was in der realen Welt zu finden ist.

      Das ist auch der Grund, warum alle regenerativen Quellen viel aufwändiger und damit teuerer sind als fossile Energieträger. Die Natur hat uns nämlich schon die Energiekonzentrierung und Speicherung abgenommen. Und egal was ich mache, die muss ich bei regenerativen Energiequellen immer zusätzlich machen.

      Wir sind schon seit über 100 Jahren technisch in der Lage Energie in der jeweils notwendigen Form bereitzustellen. Aber die Thermodynamik kann ich einfach nicht überlisten.

      Es gilt auch hier der alte Spruch: Am Ende zählt nur was hinten raus kommt.

      • Klaus-Peter Romberg sagt:

        Danke für die Infos. Bedeutet aber auch, es wird noch sehr lange für die gespeicherte Sonnenenergie in unserem Planeten gestorben.

  6. Tom Schülke sagt:

    Hallo Foristen.

    (etwas off Toppic)

    Weil hier so viel versammeltes Wissen vorbeischaut. Ich weis ich hab schon mal danach gefragt, kann den link aber nich mehr finden.. Ich suche nach einer Studie die sich mit der Frage beschäftigt, ob und wenn ja wie stark, innovationen eine Art Peak erleben. Also zb. Eine Statistik über die anzahl der Patente, in den letzen 100 Jahren, so das man die absolute Menge der “Innovationen” beurteilen kann, aber auch die Entwicklung sozusagen pro Kopf. Es geht um die typische Argumentation, lediglich unser Genialer Erfindergeist sei die letzte “Ressource”. Ein deutlicher Peak der Innovationen Pro Kopf wie ich es irgendwann bei einem Richard Heinberg Vortrag gesehen habe, wäre ein starkes Indiz.

    Eine Idee ?

  7. Michael Egloff sagt:

    Ein Artikel über das Thema Ernährung:

    http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/lebensmittel-produktion-forscher-warnen-vor-hungersnoeten-a-1018633.html

    Und hier der entscheidende Abschnitt:

    “Das Problem – darin sind sich die Experten einig – ist, dass die Zeit für derartig tiefgreifende Veränderungen äußerst knapp ist. “Wir müssen einen gigantischen Wandel auf dem gesamten Planeten hinbekommen”, sagt Ehrlich. “Wenn wir dafür tausend Jahre Zeit hätten, wäre ich entspannt. Aber wir haben zehn, vielleicht 20 Jahre.”

    Genau so ist es. Wir haben ein Mengen- und ein Kostenproblem.
    Und ein Ungerechtigkeits- und Verteilunsproblem.
    Und ein Verschwendungsproblem.
    Und das Problem

    • Michael Egloff sagt:

      …oh, zu früh abgeschickt.
      Und wir haben ein Erkenntnisproblem infolge Fehlfokussierung.
      Und wenn die Menschheit selbst dieses Erkenntnisproblem nicht hätte, so hätte sie doch trotzdem wahrscheinlich ein Problem mit der eigenen Trägheit, die das erforderliche schnelle Handeln innerhalb der nächsten 10 bis 20 Jahre verhindern würde.

      Als ersten Punkt hatte ich schreiben wollen: wir haben vor Allem ein Zeitknappheitsproblem.
      So, wie das in dem Zitat völlig richtig beschrieben wird.

      • Eigentlich ist es sehr erfreulich, dass immer wieder derartige Artikel im Massenmedium SPON erscheinen. Aber nach 70 Jahren Wohlfahrt kann sich die Masse offenbar ueberhaupt nicht mehr vorstellen, dass wir in existenzielle Probleme laufen. Wer darauf aufmerksam macht, wird sogar der “gefaehrlichen Oeko-Hysterie” bezichtigt. :-(

        • Tom Schülke sagt:

          Ja allerdings..

          Als Jeremy Legget in England meine ich, der Regierung mit der Peak oil alliance das Problem erläuterte, bekam er zur Antwort,

          Nicht Peak Oil sei ein Risiko, sondern es sei ein Risiko die Debatte mit der Peak oil alliance weiterzuführen..

          Ich nehm an man hatte angst es würde die Märkte verunsichern…

          ja ja.. die Märkte.. scheu wie ein junges Reh… husch verschwinden sie ins nächste Land..

          Es ist wirklich manches mal skuril.

  8. Kai Fischer sagt:

    Moin Leute,

    irgendwer fragte danach:

    Benzin aus Luft und Ökostrom, made in Dresden. Kostet ca. 1,30€ der Liter. Artikel vom November 2014, also neu.

    http://computer-oiger.de/2014/11/11/dresdner-brauen-benzin-aus-oekostrom-und-luft/31364

    Gruß

    Kai

    • Ert sagt:

      1,30€ Pro Liter (Nettokosten) ist schon ganz schön happig.

      Und dabei ist es ja nur so “günstig” weil das ganze noch von der fossilen Dividende profitiert – also alle Materialien die zur Herstellung dienen nur durch die günstigen fossilen Brennstoffe und Öle so billig herstellbar sind.

  9. Tom Schülke sagt:

    Noch ein off Toppic.

    Stellt euch vor Ihr würdet die Chance erhalten ein großes Architekturbüro mit einem Vortrag zu den Risiken dieses Jahrhunderts zu beglücken und Ihr würdet Dinge wie Peak Oil, Peak Soil usw ansprechen können.

    Wenn Ihr am Ende eine neue Städtebaukultur verkünden wolltet, die den ökologischen Fußabdruck berücksichtigt, Energiesparmaßnahmen, Stärkung des elektrifizierten Nahverkehrs, die Rückkehr zu mehr Regionalität (bioregionale Stadt..). Steigerung insb. der Resilienz…

    Und Ihr würdet eine Empfehlung aussprechen, welche Fachleute , Institute, Spezialisten Ihr in Deutschland oder auch International an einen Tisch bringen wolltet um dieses zu konkretisieren…

    Wen würdet Ihr empfehlen? (Außer uns selbst natürlich ;-)

    • Bruno Müller sagt:

      Lieber Tom,

      eine Antwort? Puhhh .., mal schauen.

      Du weißt, ich bin Architekt und weiß daher, wie Architekten ticken.
      Der Vorteil ist, sie haben ein gigantisches Wissen, ohne Wissenschaftler zu sein.
      Sie sind also keine Spezialisten, denn sie müssen interdisziplinär denken und arbeiten können.
      Das sind an sich gute Vorraussetzungen, um interdisziplinäre Themen wie Peak Oil, Peak Soil, Peak Everything verstehen zu können.

      Die Landesarchitektenkammern bieten Weiterbildungen an. So auch hier, die Baden-Württembergische. Nach den Weiterbildungsseminaren kann über einen Feedback-Fragebogen das Seminar beurteilt werden und es gibt die Möglichkeit Wunschthemen zu benennen.
      Mein Wunschthema: “Wie bauen wir nach Peak Oil?” wurde bisher nicht aufgegriffen. Leider habe ich auch nie nachgefasst.
      Themen wie “Nachhaltiges Bauen”, “Nachhaltige Städteplanung”, Städte der Zukunft” usw. gibt es als Themen zuhauf. Ist ja auch nicht schlecht. Eine gigantische Steigerung, wenn ich so 15 Jahre zurückdenke.

      Trotz der “geistigen Offenheit” von Architekten, wird sich die mentale Verschlossenheit nicht anders verhalten, wie beim Rest der Bevölkerung. Denn Peak Oil und die Zeit danach stellt unser Tun und unsere Lebensplanung infrage. Instinktiv wird der Gedanke daran abgelehnt. Die psychologische Barriere ist einfach sehr hoch – auch bei Architekten.

      Dennoch sind “Nachhaltiges Bauen” und “Nachhaltige Städteplanung” kein Fehler und kann mit dem Blick auf Peak Oil und seine Auswirkungen noch optimaler darauf abgestimmt werden. Planungen sollten einem “Peak-Oil-Stresstest” unterzogen werden.
      Allein beim Aufstellen eines Testkataloges (in einer Arbeitsgruppe irgendwann später) wird in der Diskussion begreiflich, was Peak Oil tatsächlich bedeutet. Annäherung durch Nachdenken bei der berufseingebundenen praktischen Umsetzung.

      Daher würde ich es vorerst lassen, das schwierigste Moment in den Vortrag zu packen, nämlich die Illusion auf die Realität gedanklich zu lenken, dass “Nachhaltigkeit” unser derzeitiges Tun nicht tragen kann, sondern lediglich den Transformationsprozess hier und da ein wenig erleichtert – durch die beinhaltete Resilienz.

      Letzter Punkt: Expertenteam? Selber werden und in die Architektenwelt tragen.
      Ein Impulseber könnte der “umstrittene” Architekt und Städteplaner Leon Krier sein.
      Er hat zumindest Peak Oil und Ressourcenverknappung wirklich begriffen.
      https://www.youtube.com/watch?v=iCRqcFvdn8o

      • Michael Egloff sagt:

        Das gegenwärtige Problem ist ja, dass die derzeitige Ölpreisentwicklung (trotz aller kleiner Rebounds) nicht gerade dazu einlädt, sich mit dem Thema Peak Oil auseinanderzusetzen.
        Manchem mögen wir als weltfremde Spinner rüberkommen angesichts der aus dem Ölpreisverfall entstandenen Schlagzeilen wie “Ölschwemme”, “Game-Changing auf dem Ölmarkt” usw.

        Es ist ja völlig unbestritten, dass wir Warner einige Annahmen dem Realitätscheck unterziehen mussten, was zeitliche Abläufe angeht. Das sollten wir auch Skeptikern unserer Ansichten gegenüber offen eingestehen.

        Aber was nutzte es, wenn (mal extrem “optimistisch” betrachtet) sich Peak Oil noch weitere 20 Jahre rausschieben ließe?
        Würden wir in der breiten Mehrheit die geschenkte Zeit aktiv nutzen, um uns nun endlich auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten?
        Die gegenwärtigen Fakten sprechen nicht dafür:
        -immer mehr Light Trucks” unter den immer mehr neu zugelassenen Autos weltweit,
        -immer mehr Konfrontation im geopolitischen Bereich, was immer mehr Ressourcen bindet,
        -immer weiter vorangetriebene Urbanisierung weltweit, die in zukünfigen Zeiten einer wieder agrarischer werdenden Zivilisation in dieser zunehmenden Extremform keine Zukunft haben wird,
        -von weiteren Aufzählungen wie Klimawandel, Ernährung Wasserversorgung usw. will ich jetzt absehen. Ist ja hier zig-fach thematisiert worden, zu recht.
        Wir würden also auch 2 weitere Jahrzehnte nicht nutzen, selbst 5 weitere Jahrzehnte nicht, wenn wir sie denn hätten.
        2 weitere Jahrzehnte würden nur bedeuten, dass die Fallhöhe eben noch einmal deutlich erhöht wird und dass die sich meist zeitversetzt auswirkenden Schadwirkungen des Öl-Anthropozäns weiter aufakkumulieren.

        Geschenkte Zeit schläfert eher ein, als das sie sinnvolle Aktivitäten freisetzt.
        Wenn wir das vermitteln könnten, mit dem demütigen Eingeständnis partieller eigener Fehlannahmen, dann könnten wir wenigstens einige Menschen für die Vorbereitung auf die Ära des auslaufenden Paradieses, geprägt von billiger und immer reichlich verfügbarer Energie, gewinnen.
        Mehr zu erwarten wäre nicht realistisch.

      • Stefan Wietzke sagt:

        Es gibt da ja verschiedene Problembereiche. So sind deutsche Städte nur sehr gering verdichtet. Das kam letztens bei einer Reportage über “Wohnungsnot” zum tragen. Mir war gar nicht bekannt, dass z.B. die Siedlungsdichte von Frankfurt fast um den Faktor 10 kleiner ist als die von Paris.

        Noch immer träumt der Deutsche von seiner privaten Burg mit umgebenden “Land”, als dem Ideal.

        Da alleine führt natürlich zu einer gigantischen Verschwendung von Material, Energie und Fläche. Es gilt also das Konzept Stadt ganz neu zu denken.

        Dazu muss auch am Baurecht gearbeitet werden. Man könnte z.B. die Vorschrift für die Bereitstellung von Parkplätzen streichen. Wo man nicht parken kann, da ist ein Auto plötzlich nur noch störend. Hohe Besiedlungsdichten machen auch einen öffentlichen Nahverkehr hoch rentabel. Und dann braucht man plötzlich nur noch ganz selten ein Auto!

        Es geht also darum einen sich selbst verstärkenden Prozess anzustossen. Heute ist es auch möglich Arbeit und Wohnen wieder dicht zusammen zu bringen. Auch hier sind Konzepte gefragt.

        Wenn man das dann mit einer Kiezkultur verbindet, wie sie hier im Ruhrgebiet besonders ausgeprägt ist, kann man wunderbar soziale Beziehungen mit Ballungsraum verbinden.
        Dann lockert man die bebauten Gebiete mit Parks und Schrebergärten (hier ebenfalls sehr beliebt) auf.

        Die Diskussion muss also vor allem über die Stadtstrukturen gehen. Und das ist das Thema von Stadtplanern und Architekten.

        Aber auch hier sind dicke Bretter zu bohren. So gab es hier in BO eine jahrelange Dsikussion um den Ausbau einer Strassenbahnlinie, die ein ganzes Viertel erschließt und einige Einzelstrecken verknüpft (ein hoch sinnvolles Projekt). Aber viele Anwohner haben das bekämpft, weil dann ja einige Parkflächen verschwinden! Es hat Jahre gedauert das durchzusetzen.

        • Michael Egloff sagt:

          Hallo Stefan,
          zunächst mal völlig d´accord.
          Städte mit hoher Verdichtung benötigen weniger Verkehr – vorausgesetzt es gibt keinen zu ausgedehnten Speckgürtel aus Handels- und Gewerbestrukturen, die dann doch wieder selbst bei verdichtetem Städtebau massig Verkehrsbedarf erzeugen.
          Es gibt aber auch eine Kehrseite: wenn irgendwann der urbane Arbeitsmarkt ins Stottern kommt und wieder mehr Menschen in der Landwirtschaft benötigt werden, gibt es keinen Raum für nennenswerte landwirtschaftliche Tätigkeit im Bereich der Stadt.
          So verrückt es klingt: ein mögliches Muster für eine zukunftsfähige Stadt könnte gerade das desolate Detroit darstellen, wo durch Abriss vieler Häuser im Stadtgebiet Platz für Landwirtschaft geschaffen wurde, geschuldet dem massenweisen Wegzug ehemaliger Stadtbewohner.

          Natürlich wird kein Städteplaner und keine Stadtverwaltung bereit oder auch nur wirtschaftlich in der Lage sein, vorauseilend solche Entwicklungen einzuleiten.
          Wir alle, also auch alle territorialen und organisatorischen Bestandteile der Gesellschaft, leben eben im Jetzt mit seinen aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen.
          Handfesten Umgestaltungen in Vorbereitung auf die Mitte dieses Jahrhunderts sind also enge Grenzen gesetzt.
          Selbst, wenn das Wissen über wahrscheinliche zukünftige Entwicklungen in der Breite vorhanden wäre, würde sich daran nicht prinzipiell etwas ändern.

          • Stefan Wietzke sagt:

            Da schwebt mir ja gerade sowas vor, wie das hier im Ruhrgebiet ist. Du verdichtest die Bebauung, aber nicht in Form riesiger Konglomerate, sondern überschaubarer Einheiten und mischst die mit Grünflächen jeweils rings herum (“Schrebergartenkultur”). Dann konzentrierst du die Besiedlung auf Ballungssräume, die man nun mit wenigen aber hoch Leistungsfähigen Verbindungen koppelt. Aufwand steckt in den kleinen Straßen, nicht in der Autobahn (so als Beispiel, Schienenverkehr wäre hier natürlich sinnvoller). Das restliche Land wird eher geräumt. Auf landwirtschaftlichen Flächen bleibt eine hohe Mechanisierung für Massenbedarf (z.B. Getreide). Braucht auch nicht viel Energie, wenn ich weitgehend ohne Dünger und Spritzmittel auskomme. Die moderne Poduktion erlaubt zusätzlich den engen Bezug zwischen Wohnen und Arbeiten. Und zwischen Ballungsräumen zu wechseln ist ja weiterhin möglich.
            Detroit ist in sofern ein gutes Beispiel, da es dort eben darum geht die Stadt nicht zu verlassen, sondern im hier skizzierten Modell umzubauen. Die europäischen Städte haben hier einen Vorteil, da ihre Strukturen in der Zeit von der Industralisierung entstanden sind, sich durch die strikte Trennung von Wohn und Arbeitsbereichen aber eher in die falsche Richtung entwickelt haben.

            Wie das Video unten zur Stadtplanung geht es also darum unser “vergessenes” Wissen wieder zu gewinnen und in die Moderne zu übersetzen.

            • Tom Schülke sagt:

              Tja. Wenn alles gut geht und die Saat aufblüht, werde ich meine Firma zu initiativ Planungen überreden die genau solche Planungen vorschlagen werden. Ob und Wann mir das Gelingt..

              Schritt für Schritt. :-)

      • Stefan Wietzke sagt:

        Was für ein wunderbarer Vortrag. Was so alles möglich ist, wenn man das Hirn einsetzt und systemisch denkt.

        Solche Beiträge sollte man vielen Menschen zeigen, denn es zeigt ganz deutlich: Weniger führt nicht in die Steinzeit, sondern kann mehr Lebensqualität bedeuten. Und das ist hier nicht esoterisch sondern ganz und gar diesseitig begründet.
        Aber er beschreibt ja auch sehr schön, dass man schon ganz schön dicke Bretter bohren muss um Leute aus ihren alten Verhaltensweisen raus zu kriegen.

        Und man erkennt auch, warum solche Ideen in der Politik so wenig gehör finden. Mit KEINER Dämmung, KEINER TGA, KEINER Fremdenergie usw. kann man eben auch KEIN Geld verdienen. Aber ein gutes Leben ;-).

        Hier kam ja schon mal der Vorschlag, solche Berichte und Links vielleicht einmal auf einer speziellen Seite hier im Blog zu bündeln. Denn ohne die erneute Verlinkung hier wäre mir dieser Vortrag auch durchgegangen.

  10. Bernd sagt:

    Hallo Michael, schau dir mal die Betrachtungen von der Hills Group an:
    http://www.thehillsgroup.org/index.html
    Dort wird ein Preisverfall für Rohöl thermodynamisch begründet. Der Artikel stammt von 2013, man könnte argumentieren, die Leute haben den Preisverfall richtig vorhergesagt.
    Seit gestern versuche ich den Artikel selbst zu verstehen, bei manchen Argumenten von denen habe ich immer noch Probleme. Wenn die Leute recht haben, wird der Preis weiter fallen.

    • Norbert Rost sagt:

      Ja, zu diesem Thema würden mich auch ein paar “Übersetzungen” für Nichtphysiker interessieren. Ich hab Mitte Januar von einem Mitleser dieses Blogs auch ein Papier von Kümmel/Lindenberger zum Thema Thermodynamik vs. Klassische Ökonomie gekriegt, steige aber spätestens bei den Formeln aus… (sende das Papier auf Anfrage gern zu)

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