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Ruhe vor dem Sturm?

Eigentlich gibt es seit mehreren Wochen nichts wirklich Neues an der Peak-Oil-Front: Der Ölpreis hat seit Anfang 2015 ein Tief erreicht (Brent: leicht oberhalb 50 US$, WTI /Nordamerika: leicht unterhalb 50 US$) und bewegt sich um diese Werte seitwärts. Ein erster Boden ist offenbar erreicht. Nun kann die Erbsenzählerei im Wochentakt beginnen und alles schaut in die USA, wo die teuerste Fördertechnik (Fracking) zum Einsatz kommt. Ganz nach den Preis-Gesetzen geht dort seit 3 Monaten die Anzahl der aktiven Bohr-Teams zurück, statistisch aufbereitet durch den sogenannten "Rig-Count". 1609 Rigs waren noch im Oktober dabei, neue Bohrungen zu setzen, in der letzten Woche waren es mit 866 nur noch knapp halb soviel.

An diese Entwicklung knüpft zeitverzögert der eigentliche Fracking-Vorgang an und daran zeitverzögert die "Ernte" von Öl und Gas und daran zeitverzögert die statistische Aufbereitung durch die Firmen und US-Behörden. Für das Fracking-Gebiet namens "Bakken-Shale" in Nord-Dakota hat Mason Inman einen ersten Rückgang aus den Statistiken für Januar 2015 herausgelesen: Bakken oil production is already declining. Verwunderlich ist das nicht, sondern letztlich gemäß ökonomischer Gesetze konsequent. Was für eine Beurteilung aber viel wichtiger wäre, ist zu wissen: Wie geht diese Entwicklung weiter? Wie schnell wird die Ölförderung wohl nachlassen? Welche Auswirkungen hat das auf den Ölmarkt und den Ölpreis? Geht dieser wieder nach oben? Wann? Wie schnell? Bis wohin? (mehr …)

Zum Tode des Total-Chef Christophe de Margerie

Die Spekulationen werden mal wieder ins Kraut schießen: Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass ein Privatjet einen Schneepflug in dichtem Nebel rammt und der einzige Passagier (neben der Crew) der Chef eines Ölkonzerns ist. So passierte es gestern auf dem Moskauer Flughafen Wnukowo, als der Chef des französischen Total-Konzerns Christophe de Margerie starb. Der Fahrer des Schneepflugs war alkoholisiert, blieb aber offenbar unverletzt.

De Margerie gehörte zu den wenigen Managern im Ölgeschäft, die offen über das Ölfördermaximum sprachen. Auch wenn er nach dem Fracking-Boom in den USA seine Meinung zu einem nahenden Peak Oil relativierte, thematisierte er jedoch regelmäßig die Grenzen des Ölfördervolumens. 2012 positionierte er sich für Total mit der Aussage, maximal 98 Millionen Barrel Tagesförderung seien förderbar. Ein lang anhaltendes Förderplateau würde folgen.

In Russland ist Total stark investiert. Die Investitionen waren wohl auch Gesprächsinhalt seines Besuchs in Moskau. Im Mai wurde ein Joint Venture mit Lukoil gegründet, das die Tight-Oil-Förderung im Bazhenov-Gebiet in Westsibirien zum Ziel hat. Seitdem die Firma ihr eigenes Ölfördermaximum im Jahr 2004 mit 2,75 Millionen Barrel Tagesproduktion erreichte, ist Total wie alle anderen privat organisierten Ölkonzerne von dem Dilemma steigender Förderkosten bei rückläufigen Fördermengen betroffen. Man trennte sich von alten Feldern und begann die Investitionen (eben auch in Russland) hochzufahren. Die Sanktionen gegen Russland bezeichnete er als Irrweg. Totals Umsatz-Peak war bislang im Jahr 2012, das Gewinn-Maximum im Jahr 2011. Wie andere Ölfirmen auch investierte auch Total unter De Margerie in erneuerbare Energiequellen.

Die Grafik zeigt die entsprechenden Fördermengen seit 2000. Damals förderten die fünf Firmen zusammen knapp über 10 Millionen Barrel pro Tag (Mb/d) . Bis 2004 stieg die Förderung auf etwa 10,5 Mb/d, fiel dann bis 2008 auf unter 10 Mb/d, hielt sich auf diesem Niveau bis 2010, stürzte dann 2011 auf knapp über 8 Mb/d ab und rutschte in den zwei folgenden Jahren auf unter 8 Mb/d. Die deutlichsten Verluste erlitt dabei BP zwischen 2010 und 2011.

Im Herbst 2012 warnte De Margerie vor den Umweltrisiken der Ölförderung in der Arktis. 2013 wurden Aussagen von ihm durch Pressevertreter stark verzerrt interpretiert, die seine Aussage es würde noch 100 Jahe Öl geben als eine Streichung jeglichen Fördermaximums interpretierten.

Zuletzt machte Christophe de Margerie auf sich aufmerksam, als er im Sommer anmerkte, dass der Ölhandel zwar in Dollar bepreist, aber durchaus auch in Euro abgerechnet werden könnte. Der Euro solle eine größere Rolle im Ölhandel spielen. Im Zusammenhang mit der Diskussion zwischen französischen Politikern, den Euro stärker in internationalen Handelsgeschäften einzusetzen sagte er:

Es gibt keinen Grund, Öl in Dollar zu bezahlen.

China kauft Kasachstan

Nein, so weit ist es dann doch noch nicht, dass China das postsowjetische Land kauft, das fünfmal so groß wie Frankreich ist, in dem aber nur 17 Millionen Menschen leben. Aber: Chinas National Petroleum Corporation (CNPC) kauft einen Anteil von 8,33% am derzeit wichtigsten und zugleich teuersten Ölfeld der Welt: Kashagan. Der Anteil, den die US-Firma ConocoPhillips ursprünglich an die indische Oil und Natural Gas Corporation (ONGC) verkaufen wollte, wandert jetzt durch ein Vorkaufsrecht des kasachischen Staates an Indiens großen Nachbarn. Das dürfte Indien, die mit dem Deal einen Fuß in die kasachische Öltür bekommen wollten und dessen Ölbedarf rasant wächst, nicht gefallen.

Der Deal zeigt, wie strategisch China vorgeht, um seinen künftigen Bedarf an Öl zu decken. Nicht nur ein Verkaufspreis von 5 Milliarden US$ wird genannt, sondern auch 3 Milliarden Investitionszulagen für die zweite Phase der Kashagan-Erschließung sowie Kreditlinien in Höhe von 3 bis 5 Milliarden US$ von der China Development Bank und der Import-Export-Bank of China. Nicht explizit in den Presseberichten wird gesagt, ob der Deal tatsächlich auf US$ lautet oder ob die chinesische Währung oder Tauschgeschäfte darüber hinaus eine Rolle spielen (wie immer wieder zwischen Indien und Iran diskutiert).

In Kashagan sollen 35 Milliarden Barrel Öl lagern, von denen zwischen 9 und 13 Milliarden förderbar sein sollen. Außerdem werden bis zu eine Billion Kubikmeter Erdgas vermutet. In den vergangenen 13 Jahren hat ein Konsortium verschiedener Ölfirmen über 50 Milliarden US$ in die Erschließung investiert, das sind zwischen 3,8 und 5,6 US$ pro förderbarem Barrel. Dennoch gilt das Feld als finanzielle Enttäuschung, seine Erschließung als "teuer". 2011 hieß es noch, das Feld würde 2012 fördern. Heute soll nun die erste Probeförderung beginnen und die kommerzielle Ausbeutung in 3 bis 4 Wochen starten. 180.000 Barrel pro Tag kommen dann zusätzlich auf den Ölmarkt, Kasachstan selbst benötigt etwa 250.000 Barrel am Tag. Zum Vergleich: 40.000.000 Barrel Tagesförderkapazitäten müssen laut Internationaler Energieagentur bis 2035 ans Ölnetz gehen, um die durch rückläufige Förderraten der alten Felder und steigenden Ölbedarf der Schwellenländer entstehende Versorgungslücke auszugleichen. Die zweite Ausbaustufe soll zu einer Gesamtkapazität der Kashagan-Förderung von 370.000 Barrel ab 2015 führen. Um die Ölversorgungslücke bis 2035 zu schließen, müssten in den kommenden 20 Jahren also mehr als 100 Ölfelder von der Dimension Kashagans erschlossen werden. (Und die Kashagan-Erschließung hat 13 Jahre (!) gedauert!)

Zweifellos werden die Anteilseigner an Kashagan bevorzugt beliefert. Italiens ENI, die US-Firmen ExxonMobil und Shell, Frankreichs Total und der kasachische Konzern KazMunaiGas halten jeweils ganz demokratisch geteilte 16,81%. Chinas CNPC steigt jetzt mit 8,33% ein und Japans Inpex gehören 7,56%.

Pressereflektionen:

Anderes:

Kapazitätsmaximum: Total-Chef Christophe de Margerie um Neusprech bemüht

Informationen aus dritter Hand sind immer mit Vorsicht zu betrachten. Mit der Süddeutschen Zeitung hat der Chef des französischen Ölkonzerns Total, Christophe de Margerie, gesprochen und Teile seiner Worte liest man nun im FOCUS oder bei der pressetext-Agentur oder im Industriemagazin. Tenor: Peak Oil ist out, Öl reicht noch 100 Jahre, bitte weiterfeiern.

Was Margerie offensichtlich tut ist, sich vom Begriff "Peak Oil" zu distanzieren, den er Anfang 2011 noch als Bedrohung empfand. Statt "Peak Oil" solle man nun vom "Kapazitätsmaximum" sprechen. "Die Produktion sei nur wegen der Kosten, der Zeit, der Geopolitik und des Risikos limitiert" heißt es im Focus. "Nur"? (mehr …)

Total-Chef Christophe de Margerie warnt vor Ölförderung in der Arktis

"Dank" einer rasanten Erwärmung der Erdatmosphäre schmelzen die Eispanzer am Nord- und Südpol. Ein gutes Viertel weniger Eisvolumen führt die Arktis heute im Vergleich von vor 10 Jahren. Das Abschmelzen der Pole ruft Hoffnungen hervor, dort Rohstoffe zu fördern. Laut USGS könnten im bislang unzugänglichen Norden des Planeten ein Fünftel der noch unentdeckten nutzbaren Öl- und Gasreserven liegen. Ihre Ausbeutung könnte Peak Oil in die Zukunft verschieben und ein kleines bißchen Weiter-So erlauben.

Vor der Ausbeutung dieser Ressourcen hat nun der Chef des französischen Ölkonzerns Total Christophe de Margerie gewarnt. Die Risiken seien zu hoch, insbesondere was die Gefährdung der sensiblen Umweltbedingungen im Norden betrifft aber auch, was das Image jenes Konzerns betrifft, der es zu einer Ölkatastrophe kommen läßt. Dass die Tiefsee-Förderung hohen Risiken ausgesetzt ist, zeigte 2010 die Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko. Im Norden herrschen teils noch krassere Umweltbedingungen als im warmen mexikanischen Golf! Zwar wärmt sich die Atmosphäre auf, das bedeutet aber nicht, dass man im Norden Sommertemperaturen erwartet. Frost und Eis werden weiter da sein und vor allem: Dunkelheit. Nur weil die Atmosphäre sich erwärmt bedeutet dies keine Neigung der Erdachse: Die Sonne geht im Sommer nicht unter und im Winter gar nicht erst auf. Psychisch extrem belastende Bedingungen für dort arbeitende Menschen. Und auf das Risiko der Tiefseebohrungen - ala Deepwater Horizon - kommt in der Arktis Eis und Kälte noch hinzu.

De Margerie thematisierte Peak Oil im Dezember 2011 beim World Petroleum Congress in Doha (Katar). Nachdem er zuvor öffentlich davon sprach, Peak Oil stünde quasi vor der Tür, war die damalige Rede für Kjell Aleklett, Präsident der ASPO International, eine Enttäuschung. Technologie werde das Problem lösen, so argumentierte De Margerie branchentypisch. Was Peak Oil bedeutet weiß der Total-Chef aus eigener Anschauung: Der Förderpeak der Firma Total war 2004 mit 2,75 Millionen Barrel Tagesproduktion erreicht, die bis 2009 auf 2,5 Millionen und bis 2011 auf 2,35 Millionen Barrel absank. Derzeit bemüht sich Total offenbar um eine radikale Umstrukturierung: Der Konzern will sich laut Manager Magazin vor allem von Raffinerien und ausgereizten Öl- und Gasfeldern trennen und in den kommenden 2 Jahren Unternehmenswerte von 20 Milliarden Dollar verkaufen. Dieses Geld soll in die Ausweitung der Ölförderung gesteckt werden. Das 5-Jahres-Ziel: Die Fördermenge auf 3 Millionen Fass pro Tag zu steigern. Man könnte interpretieren: Total erwartet höhere Gewinne bei der Förderung von Öl als mit dessen Verarbeitung. Das sagt vermutlich einiges über den kommenden Ölpreis aber auch, dass De Margerie das Grundprinzip des Peak Oil in einer Unternehmensstrategie berücksichtigt: Ginge er von einer preisdrückenden Ölschwemme aus, wie sie sein italienischer Kollege Leonardo Maugerie vorhersagt, würde er dann den Konzern auf die Ölförderung konzentrieren? Auch mit Lecks bei der Öl- und Gasförderung kennt sich Total aus: Die Förderplattform Elgin in der Nordsee war von März bis Mai diesen Jahres havariert und das Leck abzustellen, war offensichtlich kein leichtes Unterfangen. Gut möglich, dass De Margerie diese Erfahrung im Hinterkopf hat, als er seine jüngste Warnung vor der Ölförderung in der Arktis aussprach.

Iran: Der angekündigte Krieg

Im Konflikt zwischen Israel, den USA und dem Iran verschärft sich die Situation. Das israelische Militär testete jüngst ein Warnsystem, indem Mobilfunknachrichten über mögliche Raketenangriffe an die israelische Bevölkerung verschickt wurden. Auch wurde die Bevölkerung aufgefordert, sich mit Gasmasken auszustatten und ein (anonymes, aber wohl dem Verteidigungsminister zuzuordnendes) Haaretz-Interview spricht sich für einen Präventivschlag noch vor den US-Wahlen am 6. November aus. Ministerpräsident Netanjahu hat den ehemaligen Chef des Inlandsgeheimdienstes Avi Dichter zum neuen Minister für Zivilverteidigung berufen. Proteste gegen einen möglichen Krieg sowie die Sorge, dass Israel von verschiedenen Seiten angegriffen werden könnte, mischen sich in die Berichterstattung. (mehr …)

Update: Peak Oil Barometer, Rückblick: “The Oil Crash” in Halle

Das Peak Oil-Barometer hat ein Update bekommen, die Tendenz bleibt wie in den vergangenen Monaten: Libyen liefert keine nennenswerten Mengen an Öl mehr und obwohl die Versorgungslage gut ist, ist mittelfristig mit steigenden Preisen und starken Preisschwankungen zu rechnen: Zum Barometer

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